Mützenich kritisiert Scholz‘ Raketen-Pläne: „Dürfen Risiken nicht ausblenden“

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Die USA wollen in Deutschland Waffensysteme stationieren, die weit bis nach Russland reichen. SPD-Fraktionschef Mützenich sorgt sich vor einer Eskalation.

Berlin – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Bedenken bezüglich der geplanten Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland. „Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine verbessern, aber wir dürfen die Risiken dieser Stationierung nicht ausblenden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Raketen haben eine sehr kurze Vorwarnzeit und eröffnen neue technologische Fähigkeiten. Die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation ist beträchtlich.“

Waffensysteme: Kritik an geplanter Stationierung neuer US-Waffen in Deutschland

Die Nato verfüge auch ohne die neuen Systeme über „eine umfassende, abgestufte Abschreckungsfähigkeit“, argumentierte der Fraktionschef der Kanzlerpartei. „Mir erschließt sich auch nicht, warum allein Deutschland derartige Systeme stationieren soll. Unter Lastenteilung habe ich bisher etwas anderes verstanden.“ Er würde sich wünschen, „dass die Bundesregierung ihre Entscheidung einbettet in Angebote zur Rüstungskontrolle“. Helmut Schmidt habe das in der Nachrüstungsdebatte auch so gehalten.

Von 2026 an sollen US-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit mehr als 2.000 Kilometern Reichweite in Deutschland stationiert werden.
Von 2026 an sollen US-Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit mehr als 2.000 Kilometern Reichweite in Deutschland stationiert werden. © picture alliance/dpa/U.S. Navy via DVIDS | Petty Off 2. Cl Zachary Grooman

Am Rande des Nato-Gipfels hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung kürzlich bekannt gegeben, dass die USA von 2026 an in Deutschland wieder Waffensysteme stationieren wollen, die weit bis nach Russland reichen. Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies später Befürchtungen zurück, die geplante Stationierung könnte zu einer Eskalation mit Russland führen. Die Waffen dienten der Abschreckung und sollten Angriffe aus einem „sicheren Hinterland“ von vornherein verhindern. „Worum es uns immer geht, ist ja, einen Krieg zu verhindern.“ 

Rolf Mützenich
Rolf Mützenich ist jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten. (Archivbild) © Kay Nietfeld/dpa

Mützenich plädiert auch für Abzug der US-Atomsprengköpfe aus Deutschland

Mützenich bekräftigte, dass er perspektivisch weiterhin einen Abzug der verbliebenen US-Atomsprengköpfe aus Deutschland anstrebt. „Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass gerade diese Form der atomaren Abschreckung sicherheitspolitisch keinen Sinn macht“, sagte er den Funke-Zeitungen. Die Vorstellung, dass Sprengköpfe mit Flugzeugen zu einem gegnerischen Ziel gebracht werden, scheine ihm etwas aus der Zeit gefallen. „Mir ist klar, dass der Abzug der amerikanischen Atomsprengköpfe in der Nato gegenwärtig nicht mehrheitsfähig ist“, räumte Mützenich ein, der jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten ist. „Aber wir sollten das Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Die sogenannte nukleare Teilhabe der Nato sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen der Partnerstaaten abgeworfen werden. Die Bundeswehr hält dafür Kampfflugzeuge vor. In Büchel in der Eifel sollen – offiziell nie bestätigt – etwa 20 thermonukleare B61-Gravitationsbomben der US-Streitkräfte lagern. (jal/dpa)

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