Steuerfreie Arbeit für Rentner? FDP prophezeit „Lohndumping“ und „Anreiz zur Frührente“
Die FDP lehnt die CDU-Idee einer steuerfreien Arbeit für Rentner klar ab. Damit würde das Gegenteil von dem erreicht, was gesellschaftlich gewollt ist.
Berlin – Der Vorschlag aus CDU-Kreisen, steuerfreie Löhne für weiterhin arbeitende Rentner anzubieten, stößt bei der FDP auf Widerstand. Vor Kurzem hat die Senioren-Union (SU) die Forderung zur komplett steuerfreien Aktivrente ins Spiel gebracht und sorgt damit weiter für Aufsehen. SU-Chef Fred-Holger Ludwig sagte: „Jeder, der in Rente geht, hat sich nach all den Jahrzehnten des Einzahlens in die Kassen seinen Ruhestand redlich verdient.“ Und weiter: „Arbeiten im Alter muss sich besonders lohnen. Wer nach Eintritt in die Rente weiterarbeiten will, sollte soviel arbeiten können, wie er will – aber steuerfrei.“
Anja Schulz, Bundestagsabgeordnete, Mitglied im FDP-Bundesvorstand und zuständig für Rentenpolitik, hält die Idee der kompletten Steuerfreiheit für weder hilfreich noch vernünftig: „Sie bietet zu viel Raum für ungewollte Nebeneffekte wie beispielsweise die Möglichkeit zum Lohndumping, da Rentner aufgrund der Steuerfreiheit geringere Lohnforderungen stellen könnten.“ Schulz befürchtet, dass so besonders junge Fachkräfte für den Arbeitgeber im Vergleich deutlich teurer wären. Die Folge: Unternehmen stellen weniger junge Menschen ein.
FDP befürchtet, dass steuerfreie Arbeit Anreiz zur Frührente verstärkt
„Außerdem würde eine Steuerfreiheit den Anreiz zur Frührente verstärken, da das Arbeiten als Rentner lohnender ist. Das ist jedoch genau das Gegenteil von dem, was wir als Gesellschaft wollen“, sagt Schulz weiter und verweist auf den Generationenvertrag im gesetzlichen Rentensystem.
Die SU knüpft ihre Forderung nach kompletter Steuerfreiheit für Rentner an das Konzept der „Aktivrente“ aus dem neuen CDU-Grundsatzprogramm. Dabei sollen weiterhin arbeitende Rentner ihr Gehalt bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei bekommen. Ludwig und seine SU mit über 50.000 Mitgliedern gehen einen Schritt weiter, wollen mit der kompletten Steuerfreiheit quasi eine „Aktivrente Plus“.
Arbeiten im Alter mit hohen bürokratischen Hürden?
An bisherigen Regeln zum Weiterarbeiten kritisiert der Vorsitzende der Senioren-Union hohe bürokratische Hürden. Er sagte, viele Rentner würden durch die Bürokratie wie die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung abgeschreckt. „Wer auch im Alter arbeiten will, soll dies dürfen – ohne Schikane durch die Ämter“, forderte Ludwig. Das gelte auch für Handwerker. Natürlich könne ein Dachdecker im fortgeschrittenen Alter nicht mehr aufs Dach. Helfen könne er aber trotzdem mit seiner Arbeitskraft, etwa im Büro oder bei der Einteilung der Dachdecker.
FDP will „Flexi-Rente“ attraktiver gestalten
FDP-Politikerin Schulz dagegen sagt, die Steuerfreiheit biete für den Fachkräftemangel im Handwerk oder etwa der Pflege kaum Abhilfe. Beides seien „Berufsbilder, in denen oft aus gesundheitlichen Gründen nicht über das Regelrenteneintrittsalter hinaus gearbeitet wird. Eine steuerliche Besserstellung wird hier keine Wirkung zeigen.“
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Bei aller Kritik an den SU-Plänen verfolgt auch die FDP das Ziel, Rentner auf dem Arbeitsmarkt zu halten. „Deshalb hat die Bundesregierung im Jahr 2023 die Hinzuverdienstgrenze für vorgezogene Altersrenten abgeschafft, damit Leistung nicht finanziell abgestraft wird“, sagt Schulz. Außerdem wollen die Freien Demokraten die sogenannte „Flexi-Rente“ – also das Weiterarbeiten, ohne bereits Rente zu beziehen – weiter fördern. „So entstehen mit jedem weiteren Jahr in Arbeit sechs Prozent höhere Rentenansprüche. Diese bleiben den Rentnern auch dann erhalten, wenn sie nicht mehr arbeiten und sind damit deutlich nachhaltiger“, sagt Schulz.
Linken-Chefin Wissler spricht von Arbeiten „bis zum Tod“
In Debatten um die Rentenpolitik geht es oft auch um das Thema Altersarmut. Laut Statistischem Bundesamt waren im ersten Quartal 2023 680.000 Rentner in Deutschland auf die sogenannte Grundsicherung angewiesen. Auch die Zahl der nach dem regulären Renteneintrittsalter weiterhin arbeitenden Menschen steigt. Das geht laut Redaktions Netzwerk Deutschland (RND) aus Antworten des Bundesarbeitsministeriums hervor. So waren im September über 1,1 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland älter als 67 Jahre, über 50.000 mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres.
Auch Linken-Vorsitzende Janine Wissler hat den CDU-Vorstoß der Steuerfreiheit bereits kritisiert. „Aktivrente läuft ja darauf hinaus, dass arme Rentner praktisch bis zum Tod arbeiten sollen, statt dass man ihnen eine ausreichende Rente zahlt“, sagte Wissler vor Kurzem gegenüber IPPEN.MEDIA. Ihr zufolge geht der Vorschlag am Ziel vorbei. Denn es gehe nicht um die Rentner, die weiterarbeiten, weil sie ihren Job gerne machen, sondern um diejenigen, die es müssten, weil ihre Rente nicht für den Lebensabend reiche. „Dafür brauchen wir keine Aktivrente, dafür brauchen wir eine solidarische Mindestrente über der Armutsgrenze.“