Krimi-Serie „Brennero“ sorgt in Südtirol für Aufruhr – Senatorin bezeichnet Darstellung als „skandalös“

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Die RAI-Krimiserie „Brennero“ erhitzt die Gemüter in Südtirol. Trotz hoher Einschaltquoten gibt es scharfe Kritik an der Darstellung der autonomen Provinz.

Bozen – Die Senderreihe „Bozen-Krimi“ hat sich im deutschsprachigen Raum mittlerweile einen Namen gemacht. In bisher 20 Folgen geht „Commissario“ Sonja Schwarz Verbrechen in Südtirol auf die Spur. In der fiktiven Produktion aus Deutschland wird laut Kritiken nicht immer ein ganz realitätsgetreues Abbild der autonomen Provinz und beliebten Urlaubsregion gezeichnet.

Nun sorgt jedoch ausgerechnet eine italienische Produktion für Aufregung. Die Krimiserie „Brennero“, benannt nach dem gleichnamigen Gebirgspass, den deutsche Urlauberinnen und Urlauber auf dem Weg Richtung Süden in der Regel passieren, zeichne ein verzerrtes Bild des Sprachgebrauchs in Südtirol. Zu Wort meldete sich sogar eine Senatorin aus Rom.

Die neue Krimiserie „Brennero“ wird von der Südtiroler Senatorin Julia Unterberger scharf kritisiert. (Montage) © Ufficio Stampa Rai/NurPhoto/Imago

Italienische Krimi-Serie sorgt für Kritik in Südtirol – Senatorin bezeichnet Darstellung als „skandalös“

Die achtteilige Serie „Brennero“ die im öffentlich-rechtlichen Sender RAI 1 ausgestrahlt wird und in Italien auch per Stream verfügbar ist, ist ein großer Hit. Die Erstausstrahlung am Dienstag (17. September) verfolgten fast drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer, mit einer Einschaltquote von 17 Prozent ließ man alle anderen Produktion am selben Abend hinter sich.

Doch die Serie, die von der autonomen Provinz Bozen mitfinanziert wurde, vermittelt laut Kritikerinnen und Kritikern ein verzerrtes Bild des Sprachgebrauchs in Südtirol. Sie stellt das Land überwiegend als italienischsprachig dar, was im Widerspruch zu den tatsächlichen Sprachbestimmungen steht. Julia Unterberger (SVP), die für Südtirol als Senatorin im römischen Parlament sitzt, bezeichnete die Darstellung in der Serie deshalb als „skandalös“.

Krimiserie verbreite „verfälschtes Bild von Südtirol“ – Gesetz spricht eindeutige Sprache

„Es ist skandalös, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen ein dermaßen verfälschtes Bild von Südtirol verbreitet. Noch dazu in einer Produktion, die von der Provinz Bozen bezuschusst wurde“, hatte Unterberger in einer Pressemitteilung moniert, wie unter anderem das Onlineportal salto.bz berichtete. Auch in den sozialen Medien machte die Politikerin ihrem Ärger Luft.

Sie kritisierte, dass „Brennero“ den Eindruck erwecke, im öffentlichen Leben Südtirols dürfe nur Italienisch gesprochen werden. „Dies vor allem im Umgang mit den Polizeikräften und dem Justizapparat“, bemängelte Unterberger gegenüber der Österreichischen Presseagentur (APA). Dies stehe im eklatanten Widerspruch zu den tatsächlichen Sprachbestimmungen in Südtirol. Laut Artikel 1 DPR (Dekret des Präsidenten der Republik) vom 15. Juli 1988 Nr. 574 ist im Verhältnis der Bürger zu den öffentlichen Ämtern die deutsche Sprache der italienischen völlig gleichgestellt.

„Hier spricht man italienisch“ – Parlamentarierin kritisiert Darstellung in Rai-Krimiserie „Brennero“

„Millionen von Italienern und Italienerinnen, die unsere Geschichte nicht kennen, dürften seit Montagabend davon überzeugt sein, dass in Südtirol die Hauptsprache Italienisch und Deutsch nur im privaten Bereich geduldet ist. Eine Werbung für Südtirol sieht anders aus“, so Unterberger.

Ein in der Serie zu hörender Satz etwa laute „Siamo in Italia e qui si parla italiano“ – „wir sind in Italien und hier spricht man italienisch.“ Das sei jedoch falsch, wie Unterberger weiter ausführt. Öffentliche Bedienstete, Justizbeamte, Staatsanwälte und Richter seien verpflichtet, sich nach der Muttersprache der Bürger zu richten. Laut Artikel 8 des obigen Dekretes sind alle Gerichtsakte nichtig, die diese Sprachbestimmungen verletzten“, hält die Senatorin fest.

Auszug Art. 1., Dekret des Präsidenten der Republik (DPR Nr. 574) im Hinblick auf Gebrauch der deutschen Sprache

(1) [...] In der Region ist die deutsche Sprache der italienischen Sprache, die die amtliche Staatssprache ist, gleichgestellt:

(a) im Verkehr mit den Organen und Ämtern der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Körperschaften und Anstalten, die ihren Sitz in der Provinz Bozen haben oder regionale Zuständigkeit besitzen sowie mit den Konzessionsunternehmen, die in dieser Provinz öffentliche Dienste versehen,
(b) im Verkehr mit den Gerichtsämtern und den ordentlichen Gerichten, den Verwaltungsgerichten und den Steuergerichten, die ihren Sitz in der Provinz Bozen haben,
(c) im Verkehr mit dem Oberlandesgericht, dem Geschworenen-Oberlandesgericht, der Jugendsektion des Oberlandesgerichtes, der Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht, dem Jugendgericht, dem Aufsichtsgericht und dem Aufsichtsamt, dem Regionalkommissär für die Ablösung der Gemeinnutzungsrechte sowie mit jedem anderen Gerichtsamt und ordentlichen Gericht, Verwaltungsgericht, Steuergericht oder dem Rechnungshof, die ihren Sitz in der Provinz Trient haben, aber auch für die Provinz Bozen zuständig sind [...]

Quelle: LexBrowser Autonome Provinz Bozen/Südtirol

Neben der Sprachproblematik beklagt Unterberger auch die düstere Darstellung der Stadt Bozen, in der die Produktion hauptsächlich gedreht wurde. Zudem kritisierte sie die „äußerst zweifelhafte Verbindung zwischen einem Massenmörder und den Südtirol-Aktivisten der 1960er Jahre“. Für Aufregung sorgt in Südtirols Provinzhauptstadt derzeit auch der Preis für einen Cappuccino.

Produktion bringt laut Vermarktungsgesellschaft große Wertschöpfung für Südtirol

Unterbergers Parteikollege und Kulturlandesrat Philipp Achammer (SVP) stimmte in die Kritik ein. Obwohl die Serie Fiktion sei und künstlerische Freiheit genieße, sei es ärgerlich, wenn ein Bild von Südtirol gezeichnet werde, „das der Realität in keiner Weise entspricht“.

Nicht ganz einverstanden mit der Kritik zeigt man sich bei der Vermarktungsgesellschaft IDM Südtirol, die an der Mitfinanzierung der Fernsehserie finanziell beteiligt war. Einer Förderung von 500.000 Euro stehe eine Wertschöpfung für die Provinz von mehr als 1,5 Millionen Euro gegenüber. Laut Vera Leonardelli Business Development Manager bei IDM sei für die Produktion sogar ein historischer Berater hinzugezogen worden, wie sie der Tageszeitung Dolomiten erklärte. Allerdings sei die Produktion der Serie bereits abgeschlossen gewesen, als versucht wurde, auf kritische Stellen hinzuweisen. (jm)

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