Russlands neue Artillerie: Putins modernstes Schmuckstück taucht an Ukraine-Front auf

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Zum ersten Mal taucht die neueste Artillerie-Haubitze Russlands im Ukraine-Krieg auf. Ihr Einsatzort gibt Aufschlüsse über die Taktik des Moskau-Regimes.

Charkiw – Sie fügte Russland im Ukraine-Krieg empfindliche Verluste zu. Die Rede ist von der hochgradig mobilen, selbstfahrenden Haubitze Caesar aus Frankreich. Unweit der Grenze zur Ukraine wurde nun erstmals in den Gefechten überhaupt das russische Pendant entdeckt.

Waffen im Ukraine-Krieg: Russland verlegt erstmals 2S43 Malwa an die Front

So wird die 2S43 Malwa unter ukrainischen und russischen Militär-Bloggern als Gegenstück zur französischen Caesar bezeichnet, von der Paris Kiew im ersten Kriegsjahr 18 Stück geliefert hatte. Wie Anfang 2024 bekannt wurde, wollen die Franzosen den Ukrainern im Verlauf dieses Jahres weitere 78 Exemplare der präzisen Haubitze auf Basis eines Lastwagens bereitstellen.

Wie viele Einheiten aus dieser Stückzahl Anfang Juni ausgeliefert waren, war aus militärisch taktischen Gründen indes nicht bekannt. Moskau hatte die 2S43 Malwa dagegen bislang aus den Kämpfen in und um das heimtückisch überfallene Nachbarland herausgehalten. Auf der Online-Plattform X wird unter Bloggern jetzt jedoch eifrig ein Video geteilt, das ihren angeblichen Einsatzort in der russischen Grenzregion Belgorod verortet.

Ukraine-Front bei Charkiw: Russland fährt neue Haubitze 2S43 Malwa auf

An jener Frontlinie an den beiden Staatsgrenzen hatten russische Infanterie-Truppen in den vergangenen Wochen vergeblich versucht, in Richtung der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw (rund 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner) vorzustoßen. Offenbar soll die 2S43 Malwa als Artillerie-Unterstützung für diese teils bereits aufgeriebenen Einheiten des Kreml-Autokraten Wladimir Putin dienen.

Die umkämpfte ukrainische Kleinstadt Woltschansk (wo vormals 19.000 Menschen gelebt haben) liegt im äußersten Norden des geschundenen Landes in der Oblast Charkiw nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Ob die 2S43 Malwa jenes Gebiet beschossen hat, und von wann genau die Aufnahmen stammen, lässt sich nicht unabhängig verifizieren und überprüfen.

2S43 Malwa
Waffentyp: leicht gepanzerte Haubitzen-Selbstfahrlafette
Besatzung: 5 Artillerie-Soldaten
Gewicht: 32 Tonnen (ohne Munition)
Länge/Breite: 13 m / 2,75 m
Hauptbewaffnung: 1 × 152-mm-Haubitze 2A64

Stellt sich eine Frage: Warum hat die russische Armee die 2S43 Malwa nicht früher oder woanders im Ukraine-Krieg eingesetzt? Spekulation. Überliefert ist: Die Haubitzen-Selbstfahrlafette auf Rädern hat keine Sekundärbewaffnung. Weder ein Maschinengewehr auf dem Fahrerhaus noch ein integriertes Hardkill-System, das wie eine Schrotflinte Schrapnelle gegen heranrauschende Kamikaze-Drohnen verschießen könnte. Sehr wahrscheinlich ist, dass der Einsatz der Haubitze etwa im weitläufigen Gelände des Donbass schlicht zu riskant ist.

Wladimir Putins neue Waffe: Bislang kaum im Ukraine-Krieg gesichtet

Denn: Die üblicherweise verwendete Sprenggranate 3OF45 hat eine kolportierte Schussdistanz von nicht einmal 25 Kilometern. Heißt: Die selbstfahrende Haubitze muss nahe an die Front gebracht werden, um feindliche Stellungen überhaupt bekämpfen zu können. Damit kommt die Besatzung mit ihrem Gefährt freilich in Distanz der gefürchteten FPV-Kamikaze-Drohnen, ein erhebliches Wagnis, zumal die 2S43 Malwa nur leicht gepanzert ist und zum Beispiel mit einem direkten Treffer ins Fahrerhaus nicht mehr fahrtüchtig wäre.

Zum Vergleich: Die 155-mm-Kanonenhaubitze der Caesar kann ihre Sprenggranaten im Nato-Standard-Kaliber teils 40 Kilometer weit und die präzisionsgelenkte Artilleriegranate Vulcano 155 sogar über 50 Kilometer weit abfeuern. Die begrenzte Reichweite limitiert folglich die 2S43 Malwa Putins. Wie treffsicher die Granaten mit Treibladung sind, ist zudem nicht bekannt. Mit dem Geschütz sollen geübte Soldaten zumindest sieben bis acht Schuss pro Minute abgeben können, womit sich ein Ziel auf einem größeren Radius mit explosiver Munition eindecken lässt. In der Theorie.

Ein Artillerie-Verband der ukrainischen Armee mit drei selbstfahrenden Caesar-Haubitzen. (Archivfoto)
Ein Artillerie-Verband der ukrainischen Armee mit drei selbstfahrenden Caesar-Haubitzen. (Archivfoto) © IMAGO / Cover-Images

Waffen von Wladimir Putin: Anzahl der russischen 2S43 Malwa ist nicht bekannt

Unklar ist ebenfalls, wie viele der Haubitzen bisher an die russischen Streitkräfte überhaupt übergeben worden sind. Das Verteidigungsministerium aus Moskau hatte erst Mitte August 2023 einen Vertrag über die Bestellung einer nicht konkretisierten Anzahl mit dem russischen Rüstungshersteller Rostec abgeschlossen. Die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass vermeldete dann am 26. Oktober, dass das erste Los an die Armee des Kremls ausgeliefert worden sei. Um wie viele Exemplare der Waffe es sich dabei handelte, ging nicht aus dem Bericht hervor.

Dass nun eine 2S43 Malwa in der Grenzregion Belgorod im Einsatz war, könnte daran liegen, dass Moskau bislang annahm, die Ukrainer würden nicht mit westlichen Langstreckenwaffen auf russischen Boden zurückschießen. Wie das jüngste Beispiel einer zerstörten Raketen-Batterie Putins, ebenfalls in Belgorod, zeigt, dürfte sich diese Annahme jedoch erledigt haben. (pm)

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