Spitzenpolitiker warnt - Ex-Außenminister Gabriel über Selenskyj-Demütigung: „Trump will Europa zerstören“
Der frühere Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sieht in den jüngsten Entwicklungen rund um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine bewusste Demütigung durch die USA. „Ich glaube, wir haben ein geplantes Schauspiel erlebt, bei dem der ukrainische Präsident Selenskyj gedemütigt wurde und sozusagen eingeleitet wurde, dass Amerika letztlich auf seinen Rücktritt aus ist“, sagte Gabriel im Interview mit RTL/ntv. Dies entspreche einer zentralen Bedingung Wladimir Putins für einen Waffenstillstand. „Ich nehme an, dass diese Pressekonferenz als Dauerschleife im russischen Fernsehen läuft. Wladimir Putin wird die Sektkorken knallen lassen“, so der frühere Außenminister.
Europa muss sich selbst organisieren
Gabriel kritisierte zudem die Haltung der US-Regierung gegenüber Europa und dessen sicherheitspolitischer Rolle. „Diese amerikanische Regierung hat nach über 80 Jahren die Entscheidung getroffen, keine europäische Macht mehr sein zu wollen und auch kein Partner mehr für Europa“, so der ehemalige SPD-Politiker und Vorsitzende der Atlantik-Brücke. Dies stelle Europa vor die Herausforderung, sich sicherheitspolitisch selbst zu organisieren. „Die Frage ist, ob die Europäer jetzt aufwachen und insbesondere, ob sich eine ‚coalition of the willing‘ zusammenfindet, die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik gemeinsam organisiert.“
„Trump will Europa schwächen oder zerstören“
Auch in der „Augsburger Allgemeinen“ warnte Gabriel eindringlich vor der Politik von Donald Trump. „Für Trump ist Europa kein strategischer Partner, sondern nur noch ein Klotz am Bein“, sagte der frühere SPD-Parteivorsitzende. „Ich bin sicher, dass er Europa schwächen oder sogar zerstören will, denn wir sind eben doch ziemlich groß.“
Deutschland, Frankreich, Polen, Großbritannien und die skandinavischen Staaten müssten in einer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik vorangehen. „Wir werden uns nur durch Stärke und Entschlossenheit Respekt bei Trump verschaffen“, betonte Gabriel. „Wirtschaftliche Stärke ist hier mindestens genauso wichtig wie militärische Stärke.“
„Frieden bedeutet für Trump, Putin die Ukraine zu überlassen“
Gabriel zeigte sich besorgt darüber, dass Trumps Strategie letztlich Wladimir Putin in die Hände spielt. „Frieden scheint für den US-Präsidenten zu bedeuten, Wladimir Putin die Ukraine zu überlassen. Und das Recht des Stärkeren an die Stelle der Stärke des Rechts zu setzen.“ Der Sozialdemokrat verwies auf den US-Publizisten Robert Kagan, der bereits vor Jahren gewarnt habe, dass sich die USA unter Trump zu einer „schurkischen Supermacht“ entwickeln könnten. „Nun erleben wir, was das bedeutet: eine amerikanische Regierung, die mit dem Schurkenstaat Russland gemeinsame Sache macht. Und das könnte erst der Anfang sein.“
Eine neue Ära der internationalen Beziehungen
Gabriel befürchtet, dass die USA sich immer weiter von ihren westlichen Verbündeten entfernen. „Die Vereinigten Staaten entwickeln sich ganz offensichtlich zu einem Land, das sich von den Ideen des Westens wie Freiheit, Demokratie, Menschenwürde und der Stärke des Rechts verabschiedet hat – und damit auch von der auf diesen gemeinsamen Werten gegründeten Allianz mit Europa.“
Für Europa sei das ein Weckruf. „Viele Europäer wünschen sich, dass endlich ein Deutschland auf die politische Bühne zurückkehrt, das bereit ist, mit anderen zusammen die Führung zu übernehmen“, so Gabriel.