Corona-Streit zwischen Virologe Drosten und Kollege eskaliert: „Ihr Verhalten ist hinterhältig“
Ein Kollege macht Christian Drosten auf X schwere Vorwürfe zum Umgang mit der Corona-Pandemie. Doch der lässt das nicht auf sich sitzen.
München – Auch mehr als vier Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie 2020 wird über den damaligen Umgang mit der Virusinfektion diskutiert. Experten und Virologen sind sich bis heute uneins über bestimmte Maßnahmen, die von der Regierung umgesetzt wurden. Strittig sind unter anderem die mehrmonatigen Schul- und Kita-Schließungen, die Einführung einer flächendeckenden Maskenpflicht sowie die Regelungen zu Corona-Impfungen.
Schlagabtausch zwischen Virologen: Kollege kritisiert Christian Drosten scharf
In diesem Kontext ist nun ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen den Virologen Jonas Schmidt-Chanasit und Christian Drosten entbrannt. Schmidt-Chanasit, Leiter des Lehrstuhls für Arbovirologie an der Universität Hamburg, äußerte auf der Plattform X (ehemals Twitter) Kritik an Drosten. Dieser ist Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, war zwischen Dezember 2021 und April 2023 Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung und hatte sich während der Pandemie stets für einen vorsichtigen Umgang mit dem Coronavirus starkgemacht.
Der Streit begann mit einem X-Beitrag von Schmidt-Chanasit am 2. Dezember, in dem er eine Stellungnahme des FDP-Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki zitierte: „Wir meinten, es besser als andere zu wissen, lagen aber dramatisch falsch. Die Frage ist: Warum wurden diejenigen Stimmen, die richtig lagen, nicht gehört?“ Schmidt-Chanasit versah seinen Post mit „#Drosten“ und verwies auf seinen Kollegen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Streit zwischen Virologen zum Umgang mit der Corona-Pandemie entfacht.
Aufarbeitung von Corona-Maßnahmen sorgt für Konflikte im Netz: „Heute gelten meine Vorschläge als richtig“
Drosten reagierte prompt und stellte die Frage: „Lieber Herr Schmidt-Chanasit, wenn Sie schon meinen, mich hier namentlich markieren zu müssen, erlauben Sie doch bitte die Frage: wo konkret glauben Sie, richtig gelegen zu haben? Und wo meinen Sie, nicht gehört worden zu sein?“
Schmidt-Chanasit antwortete darauf: „Während Du z. B. 2020 in einem Preprint vor der Öffnung der Schulen gewarnt hast und später für Impfungen bei gesunden Kindern unter zwölf Jahren gegen die STIKO-Empfehlung (Ständige Impfkommission, Anm. der Red.) plädiert hast, habe ich von Anfang an für offene Schulen, besseren Schutz der Vulnerablen und gegen gesellschaftliche Spaltung plädiert. Dafür habe ich massive Kritik einstecken müssen. Heute gelten meine Vorschläge als richtig – leider zu spät.“
Streit zwischen Virologen eskaliert: „Sie konstruieren einen Vorwurf, der keinerlei Grundlage hat“
Auf die Forderung Drostens nach einem Beleg für diese Anschuldigungen teilte Schmidt-Chanasit einen Ausschnitt aus einem „Tagesthemen“-Beitrag vom Dezember 2021. In diesem begrüßte Drosten die Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Impfung von Kindern mit Vorerkrankungen im Alter zwischen fünf und elf Jahren.
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Drosten reagierte mit einem ausführlichen Beitrag: „Es tut mir leid, aber es geht so nicht mehr“, begann er und stellte klar: „Es bestand damals eine Impfempfehlung für grunderkrankte Kinder, und genau diese bekräftige ich in dem hier von Ihnen bemühten Interview-Ausschnitt.“

Darüber hinaus warf Drosten Schmidt-Chanasit vor: „Sie konstruieren hier am Schreibtisch mit drei Jahren Zeitabstand einen Vorwurf, der keinerlei Grundlage hat.“ Weiter erklärte er: „Ihr Verhalten ist hinterhältig, nicht nur den Kolleginnen, sondern insbesondere auch der Öffentlichkeit gegenüber. Bleiben Sie einfach fair und nehmen Sie die Kollegialität, die Sie hier unangenehmerweise immer wieder inszenieren, doch einfach einmal ernst. Und unterlassen Sie es bitte in Zukunft, meine Aussagen zu simplifizieren und zu verfälschen.“
Drosten blickt im Buch „Alles überstanden?“, das im Juni 2024 erschien, im Gespräch mit Georg Mascolo, dem früheren Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, ausführlich zurück auf die Jahre der Pandemie. (jus)