CSU und Söder nach Kickl-Hammer alarmiert: „Österreich ist ein Warnsignal“
Die politische Krise in Österreich überschattet die CSU-Neujahrstagung im bayerischen Kloster Seeon. Wird die Brandmauer auch in Deutschland bröckeln?
Seeon – Die anstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ-Chef Herbert Kickl und der ÖVP in Österreich schlagen Wellen bis ins 350 Kilometer entfernte bayerische Kloster Seeon. Dort begann heute die dreitägige Neujahrstagung der CSU-Landesgruppe. „Die Entwicklung ist natürlich nicht gut“, sagte CSU-Chef Markus Söder. Nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos hatte Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kickl damit beauftragt, eine neue Regierung für Österreich zu bilden.
Nach Telefonaten mit dem österreichischen Kanzler Karl Nehammer und anderen Kollegen in den österreichischen Bundesländern hat Söder erneut einen Schuldigen gefunden: „Viele sehen, dass Schwarz-Grün diese Entwicklung verstärkt hat“, und Söder fügt an: „Österreich hat gezeigt, wohin Schwarz-Grün fährt: nur zum extremen Erstarken von anderen Kräften, dort der FPÖ.“
Kickl-Hammer in Österreich: CSU-Chef Söder arbeitet sich erneut an den Grünen ab
Söder könnte auch die unrühmliche Rolle der konservativen CSU-Schwesterpartei ÖVP kritisieren. Diese hatte eine Regierungsbildung mit der rechtspopulistischen ÖVP immer wieder kategorisch ausgesprochen. Aber jetzt folgt die Kehrtwende, nachdem in Wien die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten und den liberalen Neos gescheitert sind. Nun ist die ÖVP offenbar bereit, alle Brandmauern einzureißen und als Juniorpartner dem Rechtspopulisten Kickl zur Macht zu verhelfen.
Diesen Fakt spricht Söder nicht an. „Es ist zunächst mal eine Entscheidung von Österreich selbst“, sagte er. Dafür arbeitet sich Bayerns Ministerpräsident viel lieber an seinem Lieblingsgegner ab: den Grünen. Vizekanzler und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck hat auf zahlreiche CSU-Vorwürfe reagiert und diese als „dumme Sprüche“ bezeichnet.
Drohende Kickl-Regierung: Söder blickt sorgenvoll nach Österreich
Söder befindet sich seit Monaten im Wahlkampfmodus. Selbst gegenüber Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) lässt Söder die Muskeln spielen. Mit AfD-Aussagen sorgte er bei SPD und Grünen für Entsetzen.
„In Wahrheit hält man in der CSU die Kehrtwende der ÖVP für einen schweren Fehler“, vermutet der Spiegel. Schnelle Neuwahlen wären wohl das geringere Übel gewesen. Wegen schlechter Umfragewerte seien diese für die ÖVP ein hohes Risiko. Aber: noch höher sei das Risiko einer Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten.
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Die europäischen CSU-Schwesterparteien haben schlechte Erfahrungen mit den Rechtsaußenparteien gemacht. Diese überholten vielerorts die bürgerlichen Parteien – oder absorbierten sie sogar. Die Zukunft der ÖVP könnte düster aussehen. Der linke Flügel könnte die Partei verlassen, weil eine Zusammenarbeit mit Kickl inakzeptabel ist. Der rechte Parteiflügel könnte sich ganz in Richtung FPÖ verabschieden. Dann wäre die stark geschwächte ÖVP nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Wie ÖVP in Österreich: CSU will deutschen Rechtspopulisten nicht zur Macht verhelfen
Daher zeigt sich die CSU alarmiert, schreibt der Spiegel. Dieses Schicksal wolle die bayerische Partei unbedingt vermeiden. Viele CDU- und CSU-Politiker sind sich einig: Sollte eine Union-Regierung die Probleme Deutschlands nicht lösen, stehe das Tor für die AfD weit offen.
Das sieht wohl auch CSU-Bundestagsabgeordneter Alexander Dobrindt so: „Wir sehen gerade in Österreich, unserem Nachbarland, was passiert, wenn ein Politikwechsel nicht möglich ist“, sagte der Landesgruppenchef in Seeon. Damit meint Dobrindt vermutlich vor allem eine schärfere Migrationspolitik. „Österreich ist ein Warnsignal.“
Auch Söder sagte, er habe „keine Lust, niemals, dass wir am Ende Steigbügelhalter werden für irgendwelche Populisten“. Er halte die FPÖ in Österreich für schlimm genug. Aber: Deutsche Rechtspopulisten „sind immer noch mal schlimmer. Die schlimmsten von allen“, sagte Söder. (Jan-Frederik Wendt)