Große Beispielrechnung - Ab wann sich eine Karriere als Beamter lohnt - und wann nicht
Dennis Buchmann, Niederlassungsleiter der Quirin Privatbank in Hamburg, hat für das „Handelsblatt“ zwei fiktive Lebensläufe durchgerechnet: Zwei Juristinnen mit Prädikatsexamen starten mit 27 Jahren ins Berufsleben.
Beide Frauen schlagen einen ähnlichen Lebenslauf ab. Sie heiraten, bekommen zwei Kinder, arbeiten zwischenzeitlich in Teilzeit, und gehen mit 67 in den Ruhestand. Doch die eine wird Beamtin, die andere steigt in die freie Wirtschaft ein.
Das Ergebnis zeigt: Der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoverdienst entscheidet maßgeblich, welcher Karriereweg finanziell die Nase vorn hat.
Frau wird Beamtin: Einkommen summiert sich auf 3,1 Millionen Euro
Die Beamtin startet im Bundesfinanzministerium mit einem Jahresbrutto von rund 60.555 Euro in Besoldungsstufe A13. Mit 39 Jahren wird sie Teamleiterin (A14), mit 52 Abteilungsleiterin (A15) – ihr Gehalt klettert auf knapp 89.000 Euro brutto jährlich.
Bis zum Ruhestand summiert sich ihr Einkommen auf rund 3,1 Millionen Euro brutto.
Wichtig für die Berechnung: Beamte zahlen weniger Sozialabgaben und haben viele andere Vorteile. Netto bleiben ihr deshalb von diesen 3,1 Millionen etwa 2,06 Millionen Euro.
Frau arbeitet in der Privatwirtschaft: Fast vier Millionen Euro an Einkommen
Die Arbeitnehmerin startet mit einem Bruttogehalt von 54.000 Euro. Aber sie ist ehrgeizig, wechselt den Arbeitgeber und steigt auf. Nach einem Wechsel zu einem größeren Mittelständler verdient sie mit 29 Jahren bereits 73.000 Euro. Ihre Karriere bringt ihr mit 52 Jahren den Posten als Personalchefin ein – mit 124.000 Euro brutto jährlich.
Bis zur Rente kommen bei ihr in Summe 3,9 Millionen Euro Bruttoeinkommen zusammen, wovon netto etwa 2,3 Millionen Euro übrig bleiben. Damit verdient sie in ihrem Berufsleben netto 237.900 Euro mehr als ihrer Kollegin, die Beamtin geworden ist.
Es lässt sich also festhalten: Während des aktiven Berufslebens sind die Unterschiede zwischen den beiden Karrierewegen überschaubar, die private Berufslaufbahn hat leicht die Nase vorn. .
Aber...
In der Altersvorsorge schlägt Pension die Rente
Im Ruhestand ändert sich die Situation der beiden Frauen noch einmal grundlegend - und die Vorzeichen wechseln.
Beamte profitieren von einer üppigen Pension. Nach 40 Dienstjahren erhalten sie in der Regel 71,75 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens der letzten beiden Arbeitsjahre. Gesetzliche Rentner erhalten dagegen nur einen Teil ihres Lebensdurchschnittsverdienstes. Der ist deutlich kleiner als die Pension. Im vorliegenden Beispielfall bedeutet das: eine jährliche Netto-Pension von 45.900 Euro für die Beamtin – und damit 23.500 Euro mehr als die gesetzliche Rente der Angestellten. Beide Frauen haben im Beispiel nicht zusätzlich privat vorgesorgt.
Mit der Pension gleicht die Beamtin nun bis zum 85. Lebensjahr ihren Rückstand aus und überholt die Angestellte schließlich deutlich: Ihr verfügbares Lebenseinkommen beläuft sich auf 2,9 Millionen Euro netto – rund 185.293 Euro mehr als bei der Juristin, die in der Privatwirtschaft gearbeitet hat. „Beamte müssen erst den Ruhestand erreichen, um ihre Privilegien voll ausschöpfen zu können“, kommentiert Dennis Buchmann, Niederlassungsleiter bei der Quirin Privatbank das Ergebnis.
Wann lohnt sich die Karriere im Staatsdienst?
Eine Beamtenkarriere zahlt sich also vor allem im Alter aus. Dank niedriger Sozialabgaben und einer großzügigen Pension überholt die Beamtin die Angestellte ab Mitte 70 beim verfügbaren Lebenseinkommen.
Wer jedoch schnell viel verdienen möchte, ist in der freien Wirtschaft besser aufgehoben – vor allem, wenn der Karriereweg steil verläuft.
FOCUS online rät: Bevor Sie sich für eine Karriere im Staatsdienst entscheiden, sollten Sie genau abwägen, welche Prioritäten Ihnen wichtiger sind – finanzielle Sicherheit und planbare Pensionen oder die Möglichkeit, in der Privatwirtschaft Gehaltsgrenzen zu überschreiten.
Denn anders als im Staatsdienst sind Gehälter in der Privatwirtschaft nach oben nicht gedeckelt. Wer Karriere macht, kann hier deutlich mehr verdienen. Je steiler die Karriere verläuft, desto wahrscheinlicher ist es, in der Privatwirtschaft finanziell die Nase vorn zu haben. Allerdings sollten Gutverdiener sich dann parallel auch eine zusätzliche private Altersvorsorge aufbauen, um die Versorgungslücke in der Rente zu schließen.
In der freien Wirtschaft seien die Gehälter nach oben hin offen, sagt Quirin-Experte Buchmann. Ein Vorteil, den das Beamtentum so nicht bieten könne.