Wenn die Blase drückt: Loisachstadt schafft „nette“ stille Örtchen

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In vielen Innenstädten gibt‘s zu wenig öffentliche Toiletten. In Wolfratshausen soll der Mangel ab 2025 behoben werden. © picture alliance / dpa

In Wolfratshausen gibt‘s künftig „Nette Toiletten“: Teilnehmende Geschäfte und Gastronomie bekommen von der Kommune einen Zuschuss.

Wolfratshausen – Dem Vernehmen nach brachte eine Bürgerin den Stein ins Rollen: Im kommenden Jahr läuft in der Loisachstadt die Aktion „Nette Toilette“ an. Die Idee geboren wurde 2002 in der Stadt Aalen. Dort stellen inzwischen 20 Gewerbetreibende und Gastronomen ihre WCs kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug bekommen sie einen Zuschuss für den Betrieb und die Reinigung von der Kommune. Gut 380 Städte in Deutschland und der Schweiz übernahmen bis dato das Konzept der Baden-Württemberger.

Gravierend ist der Missstand am S-Bahnhof

Die Ist-Situation in Wolfratshausen ist ähnlich wie in vielen anderen Innenstädten. Es gibt es zu wenige öffentliche Sanitäranlagen. „Die Anschaffung neuer Toiletten braucht Zeit und bedeutet hohe Investitionen sowie beträchtliche Pflege- und Wartungskosten“, erläuterte Stadtmanager Dr. Stefan Werner in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses des Stadtrats. Fakt sei: „Aufgrund der angespannten Finanzlage vieler Kommunen kann keine schnelle und flächendeckende Lösung erreicht werden.“ Doch für Passanten, die ihre Blase zu einem stillen Örtchen drängt, sei es häufig unangenehm, in Gaststätten oder Geschäften um die Benutzung der Toiletten zu bitten.

Gravierend ist der Missstand am S-Bahnhof. Dort sind die öffentlichen WCs seit fast einem Jahr verschlossen. Immer wieder bittet Bürgermeister Klaus Heilinglechner bei der Deutschen Bahn um ein Gespräch – doch der weitverzweigte Konzern stellt sich taub. Wie berichtet wäre die Stadt laut Rathauschef sogar bereit, den Betrieb und die Reinigung der Sanitäranlagen im Bahnhofsgebäude zu übernehmen. „Doch dafür brauche ich die Zustimmung der Bahn“, so Heilinglechner in der Stadtratssitzung im September. „Wir können da nicht einfach die Schlösser auswechseln.“

Die Toiletteninhaber bekommen den einen oder anderen neuen Gast – und die Bevölkerung erhält ein flächendeckendes Netz an frei zugänglichen Toiletten, die sauber, gepflegt und oft bis in die Nacht geöffnet sind.

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Die „Nette Toilette“ ist in den Augen von Stadtmanager Dr. Werner „eine gute Lösung für alle Beteiligten“. In der Altstadt stehen derzeit zwei öffentliche WCs zur Verfügung: am Hatzplatz und im Rathaus. Beide sind jedoch nur relativ eingeschränkt geöffnet. Mit Hilfe von Gastronomie und Einzelhandel soll der Mangel behoben werden. Das Prinzip ist simpel: Wer jedermann die Gratis-Nutzung seiner Toiletten erlaubt, wird von der Stadt finanziell unterstützt, konkret gibt‘s 50 Euro monatlich. So lautet der einstimmige Beschluss des Hauptausschusses.

Der Stadtmanager erwartet eine  Win-win-Situation: „Die Toiletteninhaber bekommen den einen oder anderen neuen Gast“ – und die Bevölkerung „erhält ein flächendeckendes Netz an frei zugänglichen Toiletten, die sauber, gepflegt und oft bis in die Nacht geöffnet sind“. Laut Werner wird sich auch die städtische Tourist-Info am Untermarkt 10 an der Aktion „Nette Toilette“ beteiligen.

Acht Geschäftsleute haben Teilnahme schon zugesagt

Auf das Angebot hinweisen sollen Aufkleber an den Schaufenstern der Geschäfte und Lokale. Zudem werden die Standorte in einem Flyer zusammengefasst, digital werden sie in der bundesweiten App und auf der Webseite „Nette Toilette“ sowie auf der Stadtkarte „mein-wolfratshausen.de“ zu finden sein.

In der Innenstadt haben laut Stadtmanager bereits acht Gastronomen und Ladeninhaber ihre Bereitschaft erklärt, sich an der Aktion zu beteiligen. Einer von ihnen ist Maurizio Faganello, Betreiber der gleichnamigen Eisdiele am Obermarkt. „Ich finde es positiv, wenn wir gemeinsam etwas für Wolfratshausen tun“, sagt der 53-Jährige. „Natürlich“ stelle er seine WCs „schon immer“ zur Verfügung, „wenn jemand fragt“. Einen Euro verlangt Faganello von Nicht-Kunden – und setzt auf Freiwilligkeit: „Wir laufen dem Geld nicht hinterher.“

Grundsätzlich steht der Gelatieri, dessen Familienbetrieb seit mehr als 30 Jahren in der Loisachstadt verwurzelt ist, auf dem Standpunkt: Die Stadt sollte „bedenken“, ob sie künftig weiterhin Gastronomiebetriebe genehmigen wolle, die über keine Toiletten verfügen. cce

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