Jannik Sinner und sein Doping-Schatten: Verhandlung rückt näher
Bei Tennis-Superstar Jannik Sinner wurde zweimal eine Doping-Substanz nachgewiesen. Trotzdem holte er danach noch Titel und Turniersiege.
Frankfurt/Main – Doping-Sinner oder nicht, das ist hier die Frage. Am 31. März 2024 jubelte Jannik Sinner nach dem Sieg über Grigor Dimitrow im Finale der Miami Masters. Doch hätte Sinner beim Turnier in den USA überhaupt antreten dürfen? In den Wochen zuvor wurde er zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet. Bald wird der Fall vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt.
Jannik Sinner zweimal positiv auf Doping-Mittel getestet
Doch erst einmal von vorn: Am 10. März 2024 wurde Sinner bei der BNP Paribas Open in Indian Wells positiv auf das Steroid Clostebol getestet. Allerdings wurde nicht einmal ein milliardstel Gramm festgestellt. Selbiges Ergebnis lieferte eine am 18. März, also acht Tage später, genommene Probe am Rande eines Trainings.
Tatsächlich wurde Sinner für die jeweiligen positiven Tests kurz gesperrt. Einmal für den 4. und 5. April und ein weiteres mal vom 17. bis zum 20. April, so die Aussage der International Tennis Integrity Agency (ITIA). Allerdings entschied die Agentur nach den jeweils erfolgten Einsprüchen darauf, die Strafe wieder fallen zu lassen. Grund für den Freispruch sei laut ITIA-Pressemitteilung, dass Sinner „keine Schuld oder bewusste Fahrlässigkeit für zwei Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen“ zuzuschreiben wäre.
Mitteilung von Tennis-Organisation wiederholte Sinner-Behauptungen
Eine Erklärung, warum die Doping-Sperre gegen Jannik Sinner nicht aufrechterhalten wurde, lieferte ITIA in ihrer am 20. August 2024 veröffentlichten Mitteilung gleich mit. Dabei schließt sie sich der Argumentation der Sinner-Seite an, die von einer Übertragung durch einen Dritten sprach.
So hätte Jannnik Sinners Physiotherapeut nach einem Schnitt am Finger zwischen dem 5. und 13. März ein clostebolhaltiges, in Italien frei verfügbares, Spray auf der eigenen Wunde angewendet. In dieser Zeit habe der Physiotherapeut trotz des Schnitts am Finger den Tennis-Star mehrfach ohne Handschuhe behandelt, wodurch es zur Clostebol-Übertragung über die Haut gekommen sei. Laut den wissenschaftlichen Sachverständigen der ITIA sei „die Erklärung des Spielers glaubwürdig“.
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WADA legte Einspruch ein und fordert hohe Strafe für vermeintlichen Doping-Sünder Sinner
Nicht zufrieden mit der Erklärung gab sich die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Die legte erfolgreich Einspruch ein und zieht damit vor den internationalen Sportgerichtshof CAS. Der wird am 16. und 17. April 2025 in Lausanne unter Ausschluss der Öffentlichkeit entscheiden, ob Sinner nicht doch noch gesperrt wird.
Sollte der 23-jährige Italiener für schuldig gesprochen werden, droht eine empfindliche Strafe, denn die WADA fordert eine Sperre von „einem bis zwei Jahren“. Damit wären dann wohl auch sieben Turniersiege, die Sinner seit dem positiven Test erringen konnte, rückwirkend dahin – inklusive des jüngsten Titels bei der Australian Open, wo er Alexander Zverev in die Schranken wies.
Fragen zur Doping-Kontrolle im Tennis – Kritiker würde Sinner-Verurteilung begrüßen
Falls Sinner vor dem CAS schuldig gesprochen wird, würde das wohl auch nachhaltig weiteres schlechtes Licht auf die International Tennis Integrity Agency werfen. In den meisten anderen Sportarten sind zunächst die nationalen Dopingagenturen für einen sauberen Sport verantwortlich, beim Tennis gibt es dafür eine weltweit agierende, eigene Agentur.
Kritik muss sich auch Vereinigung der männlichen Profi-Tennisspieler ATP gefallen lassen, die den Fall mehrere Monate geheim hielt. Im exklusiven FR-Interview sprach Doping-Experte Fritz Sörgel über das inakzeptable Verhalten der ATP und warum er im internationalen Sportgerichtshof CAS den „Totengräber des anständigen Sports“ sieht. Eine Verurteilung Sinners würde Sörgel begrüßen. (sch)