Briefe verschickt - Woche der Wahrheit! Wer die Gewinner der Grundsteuer sind - und wer die Verlierer
Die Woche der Wahrheit bricht an. Bis spätestens Ende Januar soll die Mehrheit der Immobilieneigentümer in Deutschland ihren Grundsteuerbescheid erhalten. In den meisten der 25 größten Städte läuft der Versand bereits auf Hochtouren. Lediglich Münster, Duisburg, Hamburg und Bonn benötigen voraussichtlich noch bis spätestens Ende März, um alle Bescheide zu verschicken.
Ein Blick auf konkrete Beispiele zeigt: Zu den großen Verlierern der Grundsteuerreform zählen vor allem Eigentümer von Einfamilienhäusern mit Garage. Das geht aus einer stichprobenartigen Anfrage von FOCUS online bei Steuerberatern aus verschiedenen Regionen Deutschlands hervor. Betroffene müssen sich in der Regel auf Mehrkosten von 20 bis 30 Prozent einstellen.
Dennoch fällt die finanzielle Belastung für viele Eigentümer weniger drastisch aus als ursprünglich befürchtet – insbesondere nach dem Versand der neuen Bemessungswertbescheide.
Der Hauptgrund dafür: Viele Kommunen und Gemeinden haben sich weitgehend an ihr Versprechen gehalten, die Grundsteuerreform aufkommensneutral umzusetzen. Dieses Prinzip war von Anfang an ein zentraler Leitgedanke der Reform. Denn klar ist: Die Städte und Gemeinden in Deutschland dürfen die Grundsteuer nicht als Instrument zur Erhöhung ihrer Einnahmen nutzen.
Wer zählt zu den Gewinnern der Reform?
Ein Blick auf einzelne Städte zeigt, dass die Auswirkungen der Grundsteuerreform stark variieren.
So erwartet die Stadt Karlsruhe, dass rund die Hälfte aller steuerpflichtigen Wohnimmobilien – fast 45.000 Objekte – künftig weniger Grundsteuer zahlen müssen. Betrachtet man die Gesamtzahl aller Immobilien in der Stadt, sind es knapp 50 Prozent, also etwa 53.000 Objekte, die von einer Entlastung profitieren.
Auch in Reutlingen rechnet die Stadtverwaltung damit, dass 52 Prozent der Immobilienbesitzer entweder gleich viel oder sogar weniger Grundsteuer zahlen werden. In Weingarten ist die Situation für viele Eigentümer noch günstiger – hier betrifft dies sogar 60 Prozent der Objekte.
Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es jedoch deutliche Verlierer der Reform.
Wer zählt zu den Verlierern der Reform?
Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es jedoch deutliche Verlierer der Reform. Besonders hart trifft es Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern mit meistens anschließender Garage, die mit erheblichen Mehrkosten rechnen müssen. Das geht aus den Steuerbescheiden aus Baden-Württemberg hervor.
Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern müssen in den bislang vom Steuerzahlerbund untersuchten Kommunen einen deutlich größeren Anteil am Grundsteueraufkommen tragen. Die aktuellen Analysen zeigen, dass diese Immobilienkategorie erheblich stärker belastet wird als zuvor.
Besonders deutlich wird das in Freiburg, wo der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am gesamten Grundsteueraufkommen von bislang 15 auf fast 25 Prozent gestiegen ist. In Summe müssen also Eigentümer höhere Steuern bezahlen. In Karlsruhe erhöhte sich der Anteil von rund 16 auf knapp 29 Prozent, während in Reutlingen der Beitrag von 32 auf nahezu 40 Prozent angewachsen ist.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in den Städten Wuppertal und Bochum, wie die Tageszeitung „Welt“ in ihrer Online-Ausgabe berichtet. Laut der Pressestelle der Stadt Bochum trifft es vor allem Eigentümer von „Einfamilienhäusern mit älteren Wohngebäuden und großen Grundstücken, die künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen“. Im Gegensatz dazu würden Geschäftsgrundstücke mit größeren Lagerhallen profitieren, denn sie dürften mit einer geringeren Steuerbelastung rechnen.
Das gilt, wenn Sie noch keine Grundsteuer erhalten haben
Grundstücksbesitzer sollten „vorerst keine Grundsteuer zahlen“, wenn sie bislang keinen Bescheid zur neu berechneten Grundsteuer erhalten haben, rät Kai Warnecke, Präsident des Verbands Haus & Grund. Die alte Grundsteuer sei verfassungswidrig und müsse seit „dem 1. Januar 2025 nicht mehr überwiesen werden“.
FOCUS online sagt: Es ist ratsam, der Gemeinde oder Kommune immer vorab schriftlich mitzuteilen, dass Sie die alte Grundsteuer vorerst aussetzen.
In einem Punkt hat Verbandschef Warnecke recht: Das Bundesverfassungsgericht erklärte im April 2018 die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig und setzte eine Übergangsfrist von fünf Jahren fest. Bis zum 31. Dezember 2024 durften Gemeinden und Kommunen die Grundsteuer noch nach den alten Regelungen erheben. Seit dem 1. Januar 2025 ist dies jedoch nicht mehr zulässig.
Das Urteil des Gerichts besagt: „Für Kalenderjahre nach Ablauf der Fortgeltungsfristen dürfen auch auf bestandskräftige Bescheide, die auf den als verfassungswidrig festgestellten Bestimmungen des Bewertungsgesetzes beruhen, keine Belastungen mehr gestützt werden.“
Allerdings warten Rechtsexperten von einer Grauzone. Eine generelle Aussetzung der Zahlungen sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn diese zuvor sorgfältig mit einem Rechtsexperten abgestimmt wurde. „Wer dennoch etwas unternehmen will, dem rate ich dringend dazu, seinen individuellen Fall zuvor unbedingt von einem spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen“, sagt etwa Rechtsanwalt Solmecke.
Dauerauftrag löschen - und auf Brief warten
Die Zahlung der Grundsteuer sollte erst erfolgen, sobald ein Bescheid mit den genauen Zahlungsinformationen vorliegt. Wenn Sie die Grundsteuer per selbst eingerichtetem Dauerauftrag überweisen, gilt: Sie können diesen löschen lassen, falls die neue Grundsteuer für Ihr Grundstück noch nicht feststeht.
Die Kommune schickt in der Regel eine Zahlungserinnerung mit Zahlungsziel zu. Erst dann sollten Sie die Zahlung der Grundsteuer entweder per SEPA-Lastschriftverfahren, Dauerauftrag oder Überweisung ausführen.
Grundsteuer ist da: Brauche ich ein neues SEPA-Lastschriftmandat?
Mit dem neuen Grundsteuerbescheid erhalten Eigentümer auch ein zusätzliches Dokument, mit dem sie ein SEPA-Lastschriftmandat erteilen können. Damit bieten viele Kommunen den Betroffenen eine bequeme Möglichkeit, die fällige Grundsteuer künftig automatisch von ihrem Konto abbuchen zu lassen. Das soll sicherstellen, dass die Zahlungen fristgerecht erfolgen und Mahngebühren vermieden werden.
Viele Haushalte stellen sich die Frage, ob sie ein neues SEPA-Lastschriftmandat erteilen müssen, obwohl sie bereits eines für die alte Grundsteuer hinterlegt haben. FOCUS online rät: Überprüfen Sie Ihre letzte Überweisung der bisherigen Grundsteuer. Hat sich die Gläubiger-Identifikationsnummer geändert, ist es ratsam, das Lastschriftmandat neu einzureichen.
Sollte auf dem Dokumt eine neue Identifikationsnummer zu finden sein, können Sie das alte Mandat bequem über Ihr Online-Banking kündigen, um doppelte Abbuchungen oder Missverständnisse zu vermeiden.
Bleibt die Gläubiger-Identifikationsnummer jedoch gleich, ist in der Regel keine erneute Erteilung erforderlich – in diesem Fall wird die neue Grundsteuer automatisch mit dem bestehenden Mandat eingezogen.