Die AfD muss nicht besonders klug sein – wenn ihre Gegner dumm genug sind

Man muss die AfD nicht wählen, um ihr zu helfen. Es reicht völlig, sie mit aller Kraft zu bekämpfen – auf möglichst absurde Weise. Linke Aktivisten und hysterische Gegendemonstranten liefern der Partei, was sie selbst dann nicht mehr leisten muss: Aufmerksamkeit, Empörung, ein Dauer-Abo auf die Opferrolle. Glückwunsch. 

Linke als Brandbeschleuniger 

Woche für Woche gibt es neue Beweise für die Beratungsresistenz jener, die sich für „die Guten“ halten. Neuestes Beispiel: Die Lärm-Attacke auf Alice Weidels ARD-Sommerinterview. Zu verdanken dem „Zentrum für politische Schönheit“. Das Ergebnis? 

Niemand redete über Weidels inhaltlich dürftige Statements, ich fasse zusammen: „Migration, Migration, Migration“. Selbst beim Thema steigende Krankenkassenbeiträge hieß es – Überraschung – Migration. Stattdessen wurde von manchen plötzlich unterstellt, dass die Aktion mit der ARD abgekartet war. Hä? 

Ich frage mich wirklich, wie groß der Anteil von linken Aktivisten am Erfolg der AfD sein mag. Ich vermute: überraschend hoch. Sie sind überaus begabt darin, so zu tun, als seien sie die lange ersehnte Feuerwehr, die den rechten Brand löscht. Die dann vor lauter Aktionismus aber statt Wasser noch eine Ladung Benzin ins Feuer kippt. 

Die AfD lebt vom Feindbild

Alternative Bewegungen haben bekanntlich eines zueigen: Sie können nicht existieren ohne das andere, ohne das Feindbild. Sie leben von der Abgrenzung. Wie wundervoll muss es also für die AfD bloß sein, wenn ihr wieder einmal verstrahlte Aktivisten mit Sprechchören und Trillerpfeifen neue Munition liefern. 

Die AfD und Alice Weidel müssen einem gar nicht mal geheuer sein, eines weiß man nach diesem armseligen Spektakel trotzdem: diese Aktivisten sind schrecklich. 

Ich bin also froh über jeden Linken, der es sich lieber bequem auf der Coach einrichtet, sich der Züchtung seiner drei Pflänzchen Cannabis widmet, als gegen die AfD in den Kampf zu ziehen. Mit ihrem Nichtstun haben sie in Sachen AfD-Bekämpfung vielleicht mehr getan als manch engagierte Oma gegen rechts. 

Vermutlich sind linke Aktivisten gar nicht differenzierter im Denken 

In manchen Momenten – beim Weidel-Sommerinterview war es wieder soweit – bin ich nah dran zu glauben, dass einige linke Aktivisten die AfD vielleicht gar nicht klein kriegen wollen. Weil ihnen der Kampf gegen „rechts“ augenscheinlich sehr viel Erfüllung liefert. Sie lieben ihren Heldenstatus. 

Jedes Mal, wenn ich eine derartige Anti-AfD-Aktion sehe, von Farbbeutelattacken, Schmierereien, zerstochenen Reifen oder eingeschlagenen Scheiben lese (vor einigen Monaten trafen solche Aktionen ja auch die CDU), denke ich mir außerdem: Vermutlich haben sie wirklich keine besseren Argumente. 

Wahrscheinlich sind sie nicht einmal differenzierter im Denken als eine Alice Weidel. So wie Weidel gegen alles mit Migration wettert, schießen diese Leute eben gegen alles, was sie für „rechts“ halten. 

Was Medien zum Erfolg der AfD beigetragen haben 

Wenn wir schon dabei sind, zu fragen, welchen Anteil Linke am Erfolg der AfD haben – da schließt sich notgedrungen gleich eine nächste, unangenehme Frage an: Welchen Anteil haben Medien am Aufstieg der AfD? 

Ich hörte dazu einen Beitrag im „Deutschlandfunk“, wo die befragte „Spiegel“-Redakteurin erklärte, dass dieser Anteil durchaus relevant sein dürfte. Man hätte zu viel über Migration geredet, zu viel Alice Weidel im Programm gehabt, und man habe Weidel zu wenig kritisch befragt, sagt sie. Aha. 

Sie schlägt vor: Man müsse viel mehr „kontextualisieren“, direkt live korrigieren, nicht nur in einem nachträglichen Faktencheck. Außerdem müsse man sich fragen, ob klassische Formate noch funktionierten, ob die AfD überhaupt noch in normalen Talk-Runden dabei sein sollte. Man sollte, sagt sie, viel eher überlegen, Formate zeitversetzt zu senden, Einordnungen und Faktenchecks über eine Bauchbinde unten im Bild einzublenden. 

Damit ja niemand auf falsche Gedanken kommt

Was soll ich sagen, es ist so langsam wirklich zum Haare raufen. Linke sollten der Welt am besten gar nicht mehr erklären, wie man Rechte klein kriegt. Dafür sind sie in meinen Augen weltanschaulich einfach nicht qualifiziert. 

Denn noch mehr mediale Bevormundung, mehr von der gleichen „Ihr sollt die doof finden“- und „Schaut mal, wie böse die sind“-Strategie macht die Sache erst recht schlimm. Es macht die andere Seite nur noch wütender. 

Es ist ein Irrglaube, die Meinungen der Zuschauer oder Leser so in die richtigen Bahnen lenken zu können. Das alles würde nämlich nur funktionieren, wenn die Menschen, die man mit seinen Botschaften erreichen will, den „etablierten“ Medien vertrauen würden. Tun sie aber oft nicht mehr. 

Deshalb hilft in meinen Augen nur mehr Gleichbehandlung, Fairness, mehr Unaufgeregtheit. Ja kein ausgefallener Gegen-Rechts-Protest. So wenig Ablenkung von politischen Inhalten wie möglich. Letztendlich lautet die goldene Regel in dieser Angelegenheit ohnehin: Die AfD muss nicht besonders klug sein – wenn ihre Gegner nur dumm genug sind. 

Über die Kolumnistin 

Julia Ruhs ist Journalistin, vor allem beim Bayerischen Rundfunk. Sie ist Teil jener Generation, die vor Klimaaktivisten, Gender-Bewegten und Zeitgeist-Anhängern scheinbar nur so strotzt. Sie will denjenigen eine Stimme geben, die sich darin nicht wiederfinden und sich oft allein fühlen mit ihrer Meinung. Wenn alle das gleiche zu denken scheinen, verspürt sie Unwohlsein.