Angriffe von Putin-Anhängern in Deutschland: So groß ist die Gefahr

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Putin-Anhänger stellen eine wachsende Bedrohung in Deutschland dar, heißt es in Sicherheitskreisen. Dabei geht es um mehr als nur Cyberattacken.

Berlin – Der Feind ist unter uns. Die Gefahr von Attacken durch Putin-Anhänger innerhalb von Deutschland wird größer, heißt es aus Sicherheitskreisen. Vor wenigen Tagen erst hatte SPD-Innenexpertin Serap Güler im Interview mit IPPEN.MEDIA vor „massiven Desinformationskampagnen“ gewarnt, die unter anderem von hier lebenden Russland-Anhängern forciert würden. Jetzt hat auch das Geheimdienstgremium des Bundestages die Regierung aufgefordert, das Land besser gegen russische Einflussoperationen zu wappnen.

Von Russland gesteuert: Attacken sollen Gesellschaft verunsichern

Gemeint sind neben potenziellen physischen Attacken vor allem konzertierte Aktionen, die die Gesellschaft spalten und verunsichern sollen. „Die gezielte Nutzung von Desinformationskampagnen ist schon seit längerem Teil der russischen Strategie, welche darauf zielt, soziale Spannungen in Europa und Deutschland zu erkennen und auszuweiten“, erklärt Extremismus-Experte Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Eine Möglichkeit: zu bestimmten Themen massenhaft Falschinformationen streuen, bis die Bevölkerung kaum mehr beurteilen kann, was real ist und was nicht.

„Ein besonders tragisches Beispiel dieser Taktik ist der Abschuss der MH17-Linienmaschine über der Ostukraine 2014“, so Schindler. „Auch eine Dekade danach und nach zahlreichen intensiven internationalen Untersuchungen, welche den Sachverhalt extrem detailliert aufzeigen konnten, verbreitet die russische Seite weiterhin eine Vielzahl falscher Erklärungen.“ Ein anderes Beispiel: Der Fall Lisa von 2016. Damals war über Teile der russischsprachigen Community in Deutschland eine Falschmeldung über eine angebliche Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens durch einen „Südländer“ verbreitet worden. In Russland hatte das für ein gewaltiges Medienecho gesorgt. Später hatten sich die Vorwürfe als Fake News herausgestellt. 

Mehr als ein Cyberangriff: Angriffe aus Pro-Putin-Community

„Das war ja mehr als ein Cyberangriff. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es derartige Angriffe bald häufiger aus einer Pro-Putin-Community heraus geben wird“, glaubt SPD-Innenexpertin Serap Güler. „Und das müssen auch die Sicherheitsbehörden mehr im Fokus haben.“

Serap Güler
Serap Güler (CDU) ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete. © Peter Sieben

Hybride Kriegsführung heißt ein solches Vorgehen im Jargon. Seit der letzten Invasion der russischen Armee in die Ukraine 2022 beobachten Sicherheitsexperten eine Zunahme der Aktivitäten innerhalb Deutschlands. Dazu bauen russische Agenten offenbar auch ein regelrechtes Helfernetzwerk auf. „Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker und ihre Bemühungen, sich zu organisieren, werden aktiv von russischer Seite gefördert“, erklärt Schindler. Darunter könnten in begrenztem Maße auch russischstämmige Menschen sein, die hier leben. Dabei komme es nicht einmal auf ideologische Übereinstimmung an: „Wer hier Unruhe und Unsicherheit in Deutschland befördern kann, wird als Partner angenommen.“

Kooperationen zwischen Putin-Fans, Rechtsextremisten und Islamisten

Das führt bisweilen zu denkwürdigen Verbrüderungen. So gibt es seit dem Spätsommer 2023 die Partei „Aufbruch Frieden-Souveränität-Gerechtigkeit“. Unter den Mitgliedern: zahlreiche Putin-Unterstützer, Rechtsextreme, Querdenker und erzkonservative Muslime. „Es ist gut möglich, dass es hier zu temporären Kooperationen zwischen Rechtsextremisten und extremistischen Islamisten kommen kann“, so Schindler.

Auch die Länder sehen das Gefahrenpotenzial. Aus ermittlungstaktischen Gründen könne man zwar nicht auf Details oder einzelne Gruppen eingehen, die im Fokus der Sicherheitsbehörden stünden, heißt es etwas aus dem NRW-Innenministerium. Aber: „Die russischen Destabilisierungsversuche gegen Deutschland sind vielfältig. Es ist auch künftig von einer anhaltend hohen Bedrohungslage auszugehen“, so eine Sprecherin gegenüber IPPEN.MEDIA.

Hemmschwelle für „staatsterroristische Aktivitäten“ gesunken

Die Hemmschwelle für „staatsterroristische Aktivitäten“ sei gesunken, weil „die Eskalationsgrenzen durch den Krieg bereits verschoben sind“. Auch Einzelpersonen könnten sich angestachelt fühlen, in Deutschland zum Beispiel Sabotage-Anschläge gegen die kritische Infrastruktur zu begehen. Propaganda in den sozialen Medien etwa könnten „hier lebende Menschen manipulieren und im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine oder die Eskalation zwischen Russland und der westlichen Staatengemeinschaft radikalisieren“, heißt es aus dem Innenministerium.

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