Lars Feld im Interview - „In der Union wissen viele, wie schmutzig der Wahlkampf 2021 von der SPD geführt wurde“

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FOCUS online/Wochit „In der Union wissen viele, wie schmutzig der Wahlkampf 2021 von der SPD geführt wurde“
Donnerstag, 28.11.2024, 06:52

Im Interview mit FOCUS online erklärt der bekannte Ökonom Lars Feld, wo sich die Wirtschaftsprogramme von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen unterscheiden, welche Koalitionen wahrscheinlich sind und weshalb es sogar ein Viererbündnis geben kann.

Am 23. Februar 2025 stehen Bundestagswahlen an. Im ersten Teil des Interviews hat sich Lars Feld unter anderem dazu geäußert, warum er noch Hoffnung für Deutschland hat und warum die Schuldenbremse wichtig ist. Aber welche Koalitionen sind realistisch und welche Politik ist zu erwarten? Darum geht es im zweiten Teil des Gesprächs.

Herr Feld, wie ähnlich sind sich die Wirtschaftsprogramme von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen?

Lars Feld: Die Unterschiede zwischen den vier Parteien in der Mitte sind schon da. Gehen wir von folgendem Szenario aus: Die Union wird stärkste Fraktion, stellt den Kanzler und koaliert dann mit der SPD. Dann wird es kaum Reformen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik geben; zum Beispiel sagt auch Merz, dass es mit ihm keine Erhöhung des gesetzlichen Rentenzugangsalters geben wird. Bei Rente, Gesundheit, Arbeitsmarktfragen gibt es hier zu geringe Unterschiede. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass Merz einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro nicht zustimmen wird und dass beim Bürgergeld mehr Druck von der Union kommt, sodass die SPD Zugeständnisse machen muss. 

Was passiert, wenn die SPD hinter die Grünen fällt?

Feld: Bei einer schwarz-grünen Koalition wird es wirtschaftspolitisch eher um den Klimaschutz gehen. Auch da ist die CDU kompromissbereit, nehmen Sie das, was Peter Altmaier damals als Industriepolitik vorgeschlagen hat. Beim Klimaschutz kann man mit den Grünen zusammenkommen, bei der Regulierung nicht so sehr, da wird die CDU mehr Druck machen. Und wo die Union die größten Probleme mit den Grünen hat, ist in der Migrationspolitik. Das ist der Knackpunkt.

Zur Person

Lars Feld, geboren 1966,  ist einer der bekanntesten Volkswirte Deutschlands. Von 2011 bis 2021 gehörte der Ökonom dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an, umgangssprachlich „Wirtschaftsweise“ genannt. Zwischen 2020 und 2021 saß Feld dem Gremium vor. Von 2022 bis zum Ausscheiden von Christian Lindner (FDP) hat er den Finanzminister beraten. Außerdem ist Feld Professors für Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und leitet dort das Walter Eucken Institut für ordnungsökonomische Grundlagenforschung.

Bleibt Schwarz-Gelb.

Feld: Das ist eher unwahrscheinlich, aber Wahrscheinlichkeiten sind immer zwischen 0 und 1, nie negativ. Inhaltlich ist der liberale Flügel der CDU mit der FDP ziemlich einig. Deshalb hat Merz ja auch gesagt, die FDP habe bei ihm abgeschrieben, was natürlich nicht stimmt. Das 18-Seiten-Papier ist im Bundesfinanzministerium in kleinstem Kreis, auch vom Minister selbst, erarbeitet worden, und greift auf vieles zurück, das in diesem Kreis seit Beginn der Legislaturperiode diskutiert worden ist.

Glauben Sie, dass es mehr als eine Zweierkoalition wird?

Feld: Das ist nicht ausgeschlossen und hängt sehr davon ab, was die SPD macht. Viele in der Union wissen noch, wie schmutzig der Wahlkampf 2021 von der SPD unter Lars Klingbeil geführt wurde. Und wenn es wieder so schmutzig wird mit einem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz, dann kann es sein, dass man damit so viel Porzellan zerschlägt, dass die CDU bereit ist, in der Migrationspolitik über ihren Schatten zu springen und mit den Grünen zu koalieren.

Aber das wäre dann wieder ein Zweierbündnis.

Feld: Ja, wenn die Grünen stark genug sind. Aber ich bin zuversichtlich, dass es die FDP über die 5-Prozent-Hürde schafft und dann vielleicht doch wieder gebraucht wird. Auf jeden Fall ist es immer mindestens eine Dreierkonstellation, wenn CDU und CSU in einer Regierung sind. Und wie schwierig die CSU auf Bundesebene für die CDU sein kann, kann man in der Biografie von Wolfgang Schäuble nachlesen. Also eine Dreierkonstellation wird es immer geben – die Frage ist eher, ob es ein Viererbündnis wird.

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vt/