"Statt ritualisierter Rufe nach Strafverschärfungen, die jetzt nach den Silvesterkrawallen wieder zu hören sind , braucht es endlich einen politischen Kurswechsel", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, der "Augsburger Allgemeinen". "Wer die Sicherheit im Land wirklich verbessern will, muss Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichte schleunigst besser ausstatten", forderte er.
Der Innenministerin und der ehemaligen Ampel-Koalition warf er vor, auf der einen Seite stets mehr Sicherheit zu versprechen , andererseits die eigenen Wahlzusagen nicht einzuhalten. "Die Ampel-Koalition hat drei Jahre lang nichts getan, obwohl sie zuvor einen milliardenschweren Pakt mit den Ländern für einen durchsetzungsfähigen Rechtsstaat angekündigt hatte", beklagte Rebehn.
Mehr Fälle aber weniger Staatsanwälte
Ihm zufolge haben die Staatsanwaltschaften pro Jahr 5,5 Millionen neue Fälle zu bewältigen. Weil 2.000 Staatsanwälte fehlten , kämen immer weniger Verfahren vor Gericht. Er forderte von der nächsten Bundesregierung eine Sicherheitswende. Der Bund müsse den Ländern mehr Geld zur Stärkung der Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Verfügung stellen.
Die damalige Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte mit den Ländern Anfang 2019 einen Pakt für den Rechtsstaat geschlossen. Er sah unter anderem die Einstellung von mehreren Tausend Polizisten vor. Den Ausbau von 2.000 Richter- und Staatsanwaltschaftsstellen bezuschusste der Bund mit 220 Millionen Euro, obwohl Justiz und Polizei zuvörderst Länderaufgabe sind.
Ampel-Koalition stellte Zuschüsse nur für Digitalisierung in Aussicht
In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich das Ampel-Bündnis auf die Verstetigung des Paktes verständigt. Er sollte sogar um Mittel für die Digitalisierung des Gerichtswesens erweitert werden, um das dort noch immer herrschende Papierzeitalter zu beenden.
Nach langem Streit stellte Ex-Justizminister Marco Buschmann (FDP) den Ländern ein kleines Paket in das Schaufenster, das bis 2026 die Unterstützung der Länder mit insgesamt 200 Millionen vorsah. Zusätzliche Posten für Richter und Staatsanwälte enthielt es nicht, sondern allein Zuschüsse für die Digitalisierung.