Landratsamt mit widersprüchlichen Infos: „Totale Unsicherheit“ wegen Asyl-Thermohalle
Gut 300 Menschen waren zur Seeshaupter Gemeinderatssitzung am Dienstag in die Mehrzweckhalle gekommen – in der Hoffnung, Informationen zur geplanten Asylbewerberunterkunft zu bekommen. Doch sowohl Bürger als auch das Gremium wurden enttäuscht.
Fritz Egold (CSU) hatte im Vorfeld der Gemeinderatssitzung schon mit großem Interesse gerechnet. Schließlich klingelt laut dem Bürgermeister täglich mehrmals sein Telefon, seit bekannt wurde, dass das Landratsamt Weilheim-Schongau auf einer dem Freistaat gehörenden Wiese nahe der Jet-Tankstelle in Seeshaupt eine Asylbewerberunterkunft errichten will (wir berichteten). Dass am Ende die Bestuhlung mit 240 Plätzen in der wegen des erwartbaren Interesses in die Mehrzweckhalle verlegten Sitzung nicht reichen würde, überraschte selbst den Bürgermeister, der dergleichen „noch auf keiner Sitzung“ erlebt hat. Am Ende waren laut Gemeinde um die 300 Interessierte in der Halle.
Thermohalle für 100 Personen
Ganz klar: das Thema polarisiert, vor allem auch wegen der Kommunikation. Denn zunächst hieß es aus einem Gespräch zwischen Landratsamt und den Seeshaupter Bürgermeistern, dass auf der Wiese eine Thermohalle für bis zu 100 Menschen sowie Container für weitere 100 Menschen „plus x“ entstehen sollen. „Wir wissen nicht, woher diese Zahlen kommen“, sagte am Sitzungsabend nun plötzlich Bernhard Pössinger von der Kontaktstelle Asyl und Integration am Landratsamt. Man wolle „realistisch ab April“ eine Thermohalle für 100 Personen belegen, zusätzlich eine Küchenhalle errichten, damit die Geflüchteten sich selbst versorgen können. „Parallel“ komme eine „feste Bebauung für bis zu 50 Personen“. Sobald diese fertig sei, werde man die Thermohalle „wahrscheinlich“ wieder abbauen.
Bei der Halle handle es sich um eine Notunterkunft, in der die Frauen, Männer und Kinder in Kabinen untergebracht maximal acht Wochen bleiben sollen, „bis sie raus verlegt werden können“. Schule und Kita seien in diesem Fall der temporären Unterbringung nicht so entscheidend, da man versuche „Familien so schnell wie möglich aus der Halle rauszubringen.“ Das gesamte Bauvorhaben sei erforderlich, „weil wir im Moment wieder in der Situation sind, dass uns die Plätze ausgehen“, so Pössinger.
„Wir machen das nicht aus Gaudi“
Über die neuen Zahlen wunderte sich nicht nur Armin Mell (FDP). Der dritte Bürgermeister war beim ersten Gespräch zwischen Egold, Bauamtsleiterin Sophia Meyer und Helmut Hartl und Bernhard Pössinger vom Landratsamt dabei. „Da war von bis zu 250 Menschen die Rede, jetzt sind es 150. Die Zahlen gehen hin und her, das macht totale Unsicherheit.“ Das unterstrich auch Dorothee von Jungenfeld (CSU). Sie habe eine Mail von Landrätin Andrea Jochner-Weiß vorliegen, in der diese von Containern zusätzlich zur Thermohalle spreche. Nun sei die Rede von einer festen Bebauung. „Das verstehe ich überhaupt nicht.“ Christine Helfenbein (GrAS) forderte ein „Konzept“. Im Moment „wabere“ alles, das Landratsamt lege „nichts Konkretes“ vor.
Soziale Auswirkungen auf Seeshaupt thematisiert
Maximilian Amon (PFB) war der Meinung, dass die Zahlen keine so große Rolle spielen. „Auch 100 sind zu viele“, sagte er. Seeshaupt schaffe das nicht. Und er wundere sich „über den Zeitpunkt“, so kurz vor der Bundestagswahl. „Wir gehen von einem Regierungswechsel aus, der Zuzug soll dann reduziert werden. Wo kommt also der Druck her?“ Über den Zeitpunkt wunderte sich auch Bernd Habich (PFB). „Ich habe Angst, dass das denen in die Hände spielt, die ich verachte“, sagte er mit Blick auf die in Teilen rechtsextremistische AfD. Außerdem werde das Vorhaben den Ort entzweien.
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Die sozialen Auswirkungen auf Seeshaupt thematisierte auch Christian Tomulla (CSU) und blickte dabei besonders auf das nahe Kinderhaus, die Schule und die vielen Familien als direkte Anwohner. „Wie werden die Kinder geschützt? Wir wollen nicht eines Tages in der Zeitung stehen wie Aschaffenburg.“
Sowohl Pössinger, als auch Hartl antworteten auf solche Fragen nicht, erklärten nur immer wieder, dass das Landratsamt keine Wahl habe. Pössinger: „Wir haben jetzt die Not.“ Einige Asyl-Baulichkeiten im Landkreis dauerten „länger als erhofft“. Hartl betonte, dass man auch andere Gemeinden ins Blickfeld nehme. „Wir machen das nicht aus Gaudi, sondern müssen die Leute unterbringen.“ Es sei klar, dass durch die Notunterbringung über Jahre ein stetiger Wechsel von Geflüchteten stattfinden werde. Man sei sich als Landratsamt allerdings sicher, dass Seeshaupt diese Art der Unterkunft und die Anzahl neuer Asylbewerber stemmen könne. „Und die Landrätin geht damit konform.“