Falschgeld: Woher kamen die Blüten?

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Um „einfache Fälschungen“ habe es sich der Polizei zufolge bei den Banknoten gehandelt (Symbolbild). © A3216 Peter Kneffel

Insgesamt vier gefälschte 200-Euro-Scheine hatte ein 42-jähriger Franke besessen und zwei sogar nachweislich in Umlauf gebracht. Doch wusste der Angeklagte überhaupt, dass es sich dabei um Falschgeld gehandelt hatte? Und vor allem: Woher hatte er die Blüten?

Weilheim - „Der Vorwurf ist falsch. Ich kann sagen, dass ich damit nichts zu tun habe“, wehrte sich der Angeklagte gleich zu Beginn gegen die Anschuldigungen. Dass er im vergangenen Jahr bewusst mit gefälschten 200-Euro-Scheinen bezahlt und darüber hinaus noch zwei weitere Blüten wissentlich in seinem Geldbeutel aufbewahrt haben soll, das stritt der Mann aus Unterfranken vehement ab.

Als Polier bei einem fränkischen Bauunternehmen war der 42-Jährige zum Zeitpunkt der Vorfälle für eine Baustelle in Weilheim zuständig. Wie auf Baustellen so üblich, hatte sich während der Arbeiten allerhand Schrott angesammelt. Üblicherweise werde der zum Ende der Baumaßnahme entsorgt, erklärte der 42-Jährige. Mit der Unternehmensführung sei jedoch vereinbart worden, dass die Mitarbeiter kleinere Mengen davon auch mit nach Hause nehmen oder verkaufen dürfen. Geschieht Letzteres, so wandert der Erlös in eine Gemeinschaftskasse, aus der beispielsweise Brotzeiten oder Bier finanziert werden.

Hier begann es, spannend zu werden. Denn mit dem Geld aus besagter „Bierkasse“ hatte der Mann in einem Weilheimer Getränke- sowie einem Supermarkt eingekauft und die Waren nachweislich mit dem Falschgeld bezahlt. Das belegen Videoaufzeichnungen aus den beiden Filialen.

Doch woher stammten die Blüten? Nach Ansicht des Angeklagten kann er sie nur von einem Schrotthändler aus dem Landkreis erhalten haben. Ihm hatte er ein knappes Dutzend alter Stahlträger verkauft, die zuvor in jener Firmenhalle verbaut waren, an der die besagten Bauarbeiten stattgefunden hatten. Zwischen 1200 und 1300 Euro habe er dafür bekommen, anschließend in die Gemeinschaftskasse gepackt und damit die folgenschweren Einkäufe getätigt. Anders kann sich der 42-Jährige das Auftauchen der unechten Banknoten nicht erklären.

Seine Kollegen versicherten anschließend, dass sie für ihren „zuverlässigen“ Kameraden im Grunde die Hand ins Feuer legen würden. „Ich will nicht übertreiben, aber er ist unser bester Polier“, betonte der 54-jährige Bauleiter. Obwohl der Angeklagte vor über 20 Jahren drogenabhängig gewesen und mehrfach straffällig geworden war, wurde er von allen, die ihn persönlich kennen, ausnahmslos gelobt. Selbst der Staatsanwalt stellte später fest, dass es sich bei dem Mann wohl um ein „gelungenes Beispiel von Reintegration“ handelt.

Als der 39-jährige Schrotthändler anschließend seine Seite der Geschichte erzählte, geriet die Erzählung des Angeklagten aber ein wenig ins Wanken. So viel, wie der Unterfranke behauptet hatte, dem Zeugen an Stahl verkauft zu haben, sei es nämlich gar nicht gewesen. „Etwa zehn Stahlträger mit jeweils 800 bis 1000 Kilogramm?“, wollte Richter Lars Baumann wissen. „Nein“, schüttelte der Zeuge den Kopf. Viel weniger. Höchstens drei Tonnen. Gezahlt habe er dem Angeklagten für den vermeintlichen Schrott nur rund 300 Euro. Ab einer Summe von 500 Euro habe er stets einen Ausweis verlangt. Damals aber nicht. Folglich müsse es weniger gewesen sein, schlussfolgerte er.

Rätsel um Stahlträger-Verkauf

Wenn er nur 300 Euro gezahlt hatte, woher waren dann die insgesamt 800 Euro Falschgeld gekommen? Die Beteiligten bissen sich an den unterschiedlichen Zeugenaussagen die Zähne aus. Richter Baumann und die beiden Schöffen hatten während einer kurzen Unterbrechung selbst nachgerechnet und waren ihrerseits auf fünf bis sechs Tonnen Stahl gekommen. Zumindest vermuteten sie, das Modell der Stahlträger erkannt und auch den damaligen Verkaufspreis richtig recherchiert zu haben. Der habe dem Richter-Gespann zufolge nämlich nicht, wie es der Schrotthändler behauptet hatte, bei 120, sondern bei etwa 340 Euro pro Tonne gelegen. Das wiederum käme auch der Geschichte des Angeklagten deutlich näher.

Einen ziemlich „grauen Charakter“ bescheinigte der Staatsanwalt dem ominösen Geschäft mit den Stahlträgern. „Da passt vieles nicht zusammen“, summierte er. Da der Angeklagte finanziell äußerst gut aufgestellt ist, sah der Staatsanwalt keinen wirklichen Grund, warum der 42-Jährige wissentlich mit Falschgeld hantieren sollte. „Im Zweifel für den Angeklagten“, lautete sein Appell.

Wenig überraschend sah der Verteidiger die Situation ganz genauso: Dass sein Mandant in voller Arbeitsmontur, auf der sogar sein Name aufgedruckt ist, unter den wachsamen Augen der Überwachungskameras mit Falschgeld gezahlt haben soll, hielt er für beinahe ausgeschlossen: „So dumm kann man nicht sein.“ „Das wäre ja fast so, als würde er sich auf die Stirn tätowieren lassen: Ich begehe eine Straftat.“

„Das wiss‘ ma alles nicht“, bedauerte auch Richter Lars Baumann. Ein stimmiges Bild, das den Angeklagten als Lügner überführen würde, habe sich zumindest im Rahmen der Beweisaufnahme nicht ergeben. Jemand, der wissentlich mit Falschgeld zahlt, bewahre die Blüten üblicherweise auch nicht in seinem Geldbeutel auf, vermutete der Richter. Der Unterfranke wurde schließlich freigesprochen.

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