Weil Demokratie kein Geschenk ist

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Bei einer Kundgebung Am Sonntag soll es auch in Indersdorf eine Demo für Demokratie geben © Ruder

Am Indersdorfer Rathausplatz wird am Sonntag demonstriert – Im Interview sprechen drei Beteiligte, worum es dabei geht

Indersdorf – Ein großes Bündnis versammelt sich am kommenden Sonntag auf dem Indersdorfer Rathausplatz, um geschlossen ein Zeichen für Demokratie und gegen Hass und Hetze zu setzen. Initiator Hubert Schulz erklärt, warum es dringend Zeit ist, auf die Straße zu gehen. Zwei der Redner, Heimatforscherin Anna Andlauer und Jugendarbeiter Maximilian Biebel, erläutern, warum es für sie eine Herzensangelegenheit ist, für die Demokratie einzutreten.

Mann mit grauen haaren und Bart
Hubertus Schulz © privat

Herr Schulz, welche Entwicklungen und Ereignisse haben Sie so sehr beunruhigt, dass Sie entschieden haben: Es ist jetzt Zeit, auf die Straße zu gehen.

Hubertus Schulz: Gerade in letzter Zeit gab es Berichte, dass bei Parteiveranstaltungen Aussagen fielen wie: Der Parteienstaat soll abgeschafft werden. Oder, dass bei einer Veranstaltung der AfD über Remigration gesprochen wurde. Das alles beunruhigt mich sehr. Und wenn wir auf unsere Vergangenheit blicken, will ich mich ganz entschieden solchen Entwicklungen entgegenstellen. Und zwar nicht nur als Unterstützer einer Demo, sondern da will ich aktiv dabei sein!

Auf Ihrem Plakat steht: „Zusammen für Demokratie“. Der Zusatz „Gegen Rechtsextremismus“, wie bei der Demo in Dachau, fehlt. Gibt es dafür einen Grund?

Hubertus Schulz: Ich lehne jede Form von Extremismus, Hass, Hetze und Gewalt ab – egal, ob von rechts oder von links. Allerdings bereitet mir der Rechtsextremismus derzeit größeres Unbehagen. Ich differenziere das aber klar im Vergleich zu demokratischen Parteien links und rechts der Mitte. Konservative Parteien, mit denen wir in den Gremien im Landkreis gut zusammenarbeiten, sind ein wichtiger Partner unserer gemeinsamen Aktionen.

Wer ist bei der Kundgebung willkommen?

Hubertus Schulz: Grundsätzlich ist jeder willkommen. Allerdings sollten sich Anhänger der AfD kritisch mit den Inhalten dieser Partei auseinandersetzen und sich fragen: Inwiefern sind manche Aussagen mit unserer Demokratie und unserem Grundgesetz vereinbar – in dem klar verankert ist, dass die Würde und Rechte eines jeden Menschen geschützt sind – nicht nur die eines Deutschen.

Frau Andlauer, warum ist es Ihnen eine Herzensangelegenheit, auf der Demo zu sprechen?

Anna Andlauer: Ich finde, es macht etwas mit einer Gesellschaft, ob man sich erinnert.

Denken Sie, wer sich erinnert, handelt anders?

Anna Andlauer: : Das hoffe ich zumindest. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir uns daran erinnern, was im Landkreis und gerade in Indersdorf während der NS-Zeit passiert ist. Zum Beispiel an alle Babys und Kleinkinder, die in der Kinderbaracke gestorben sind.

Warum ist es gerade jetzt so wichtig, zu erinnern?

Anna Andlauer: Es ist erschreckend zu sehen, dass Hass und Hetze wieder zunehmen und sich der Mob mit Gewalt austobt. Wenn Veranstaltungen politischer Parteien erstickt werden. Das darf nicht passieren. Das betrifft nicht nur die Grünen, das betrifft alle. Man muss versuchen, alle, die Demokratie wollen, zusammenzubringen.

Herr Biebel, wie sieht die Stimmung unter den Jugendlichen aus?

Maximilian Biebel: Unterschiedlich. Aber diejenigen, die sich damit beschäftigen und mitbekommen, dass die Rechten immer lauter werden, die erschreckt und beunruhigt diese Entwicklung. Deswegen machen viele bereits bei Demonstrationen mit.

Was ist das wichtigste Statement, das Sie in Ihrer Rede loswerden wollen?

Maximilian Biebel: Wenn man möchte, dass sich junge Menschen für die Demokratie stark machen und sich für sie einsetzen, muss man ihnen früher Möglichkeiten geben, sich zu beteiligen. Das gelingt, indem man sie zum Beispiel mit 16 wählen lässt. Zudem muss man ihnen endlich das Gefühl geben, dass man sie wirklich ernst nimmt.

Wenn Sie einige Jahrzehnte zurückblicken, hätten Sie es je für möglich gehalten, dass man noch mal für Demokratie auf die Straße gehen muss?

Hubertus schulz: Demokratie ist kein Geschenk. Das war mir schon immer bewusst. Jeder Einzelne muss etwas dafür tun. Aber ich hätte mir nie vorstellen können, solch beängstigende Ereignisse zu beobachten. Es war für mich unvorstellbar, in der ehemaligen Sowjetunion solche Rückentwicklungen zu erleben. Wenn wir nach Russland blicken, zeigt es, wie fatal es ist, wenn wir keine Demokratie hätten. Wahlen, die keine sind, werden als solche deklariert, und Menschen, die anderer Meinung sind, werden gefährdet, eingesperrt und finden den Tod. Das erschreckt mich und macht mich betroffen.

Was wünschen Sie sich?

Hubertus Schulz: Dass wir uns wieder mehr zuhören. Dass wir in die Politik mehr Sachlichkeit zurückbringen und, dass wir so gemeinsam durch die Krise kommen. Deshalb habe ich auch ganz bewusst das Wort ,zusammen’ für das Motto gewählt. Denn dass so viele uns unterstützen bringt uns allen Zuversicht.

Interview: Christiane Breitenberger

Frau mit roter Jacke
Anna Andlauer © privat
junger Mann mit Hoodie
Maximilian Biebel © privat

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