„Lasst ihn rein“: Demonstration gegen Hausverbot für Betriebsrats-Vorsitzenden bei Stöger in Königsdorf

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Aktion in Königsdorf: Mit einer „Fackel der Solidarität“ protestierten knapp 70 Demonstranten gegen das Hausverbot, das dem Betriebsratsvorsitzenden auferlegt wurde. © Sandra Gerbich

Anfang August hatte die im Königsdorfer Gewerbegebiet ansässige Firma Stöger Automation im Streit um Kurzarbeit und Schichtpläne gegen den Vorsitzenden des Betriebsrates ein Hausverbot erteilt. Nun versammelten sich knapp 70 Mitarbeiter, Gewerkschafter und Sympathisanten vor dem Betriebsgelände zu einer Kundgebung. Sie forderten neben einer fairen Kommunikation die Rücknahme der Sanktionen.

Königsdorf – Dass das von Hanns Eisler komponierte Solidaritätslied „Vorwärts und nicht vergessen“ mit dem Text von Bertold Brecht und Ernst Busch gespielt wurde, ist lange her. Zuletzt in der DDR – Kampflied der Arbeiterbewegung, rauf und runter. Für eine Demonstration in Königsdorf lieferte es nun die Basisstimmung. Fast 70 Demonstranten zogen vor das Firmengelände des Schraubautomatenherstellers Stöger Automation.

Königsdorf: Unterstützer protestieren gegen Hausverbot für Betriebsrats-Vorsitzenden bei Stöger

„Das Hausverbot gegen den Betriebsratsvorsitzenden war ein Schritt über die rote Linie“, wetterte Karl Musiol vor den rund 70 Demonstranten. Der Bevollmächtigte der IG Metall Weilheim hatte stellvertretend für die Industrie-Gewerkschaft sowie den Kreisverband des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zu einer Kundgebung vor dem Betriebsgelände aufgerufen. Gekommen waren neben Vertretern von Gewerkschaften, der Linksjugend Oberland, Betriebsräten anderer regionaler Unternehmen der ehemalige Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD) sowie Karl Bär von den Grünen und der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn (SPD).

„Herr Stöger, nehmen Sie das Hausverbot zurück“, forderte Musiol in Richtung Geschäftsführung. Hinter einigen geöffneten Fenstern des Betriebsgebäudes waren schemenhaft Personen zu erkennen. Ein weiteres Dutzend Männer verfolgte die Kundgebung vom Firmengelände aus. Sie wurden immer wieder aufgefordert, „sich auf die richtige Seite des Zauns“ zu stellen. Zwei Kameras filmten den Ablauf vom Werksgelände aus mit.

Der IG-Metaller warnte davor, einen Präzedenzfall zu schaffen, „an dem sich weitere Betriebe ein Beispiel nehmen könnten“, so Musiol. Vor dem Firmengelände meldete sich auch der Geschäftsstellenleiter der IG Metall in Weilheim, Helmut Dinter, zu Wort. Er vermisse den Pfarrer von Königsdorf sowie den Rathauschef. Schließlich kassiere die Gemeinde Gewerbesteuer und solle auch in der Krise ihr Gesicht zeigen, forderte er.

Rund 70 Demonstranten in Königsdorf fordern Aufhebung des Hausverbots für Betriebsrats-Vorsitzenden

„Die Angelegenheit ist keine Privatsache zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der Geschäftsführung“, stellte der Betriebsseelsorger Erwin Helmer klar. Das Recht, einen Betriebsrat zu wählen, sei im Fall Stöger „mit Füßen getreten“ worden, prangerte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn an. „Das mag bei Trump oder Orban möglich sein, aber nicht hier in Deutschland.“

Immer wieder griffen Redner das Betriebsverfassungsgesetz als demokratische Basis auf. Quirin Brunner von der Jugendvertretung der IG Metall schließlich ließ sogar ein Exemplar des Gesetzes über den Zaun einem Mitarbeiter übergeben. „Ein Angriff auf einen von euch ist ein Angriff auf jeden von euch“, gab er den Männern auf der anderen Seite mit.

„Lasst ihn rein“, skandierte die Menge zu dem Partisanenlied „Bella Ciao“, nachdem Musiol die „Fackel der Solidarität“ entzündete. Anfang September soll der Fall des Hausverbots verhandelt werden. „Ihr verliert vor Gericht“, sind sich alle Unterstützer des Betriebsratschefs einig.

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