Mercedes wegen E-Autos „zu optimistisch“ – CEO spricht auch über Stellenabbau
Mercedes-Benz steckt wie andere traditionelle Autohersteller inmitten einer Transformation. Die Tür für Verbrenner-Modelle wird jedoch nicht endgültig geschlossen.
Stuttgart/München – Mercedes-Benz hat in der Vergangenheit mehrmals bekundet, ab 2030 nur mehr Elektroautos ausliefern zu wollen, im Zuge der Elektrifizierung der Autobranche.
Von dieser geplanten E-Auto-Offensive ist der Konzern mittlerweile offenbar ein Stück weit abgerückt. „Vielleicht gab es in der ganzen Branche ein bisschen zu viel Optimismus, jetzt herrscht mehr Realismus“, erklärt Mercedes-CEO Ola Källenius in einem Interview mit Zeit Online.
Mercedes hält Tür für Verbrenner-Zukunft offen – „bin sehr froh darüber”
Daher hält sich das Stuttgarter Traditionsunternehmen eine Hintertür offen, was die Entwicklung von Modellen mit Verbrennungsmotor betrifft. „(...) Ich bin sehr froh darüber, dass wir flexibel sind: Wir können auf dem gleichen Band hocheffiziente Verbrennerautos bauen, aber auch Plug-in-Hybride – und Elektrofahrzeuge“, führt der 54-Jährige aus.
Ausländische Märkte wie Nordamerika und Asien sind für Mercedes-Benz die wichtigsten Absatzgebiete – und im Vergleich zu den EU-Staaten ist hier noch nicht abzusehen, wie viele Jahre der Verkauf von Benzin-, Diesel- und Hybridfahrzeugen noch Gewinne abwirft.
Zudem werde die Umstellung von Verbrenner- auf Elektroautos laut Källenius nur dort vollzogen, wo es die Marktbedingungen zulassen: „Den Zeitpunkt für den letzten Verbrenner kennen wir schlichtweg nicht“, unterstreicht der CEO (seit 2019 im Amt). Bestimmte Faktoren würden der Hochlauf der E-Mobilität beeinflussen, dazu gehöre neben dem Wegfall der staatlichen Förderung auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Mercedes-Chef revidiert E-Auto-Strategie – Verbrenner auch nach 2030 im Angebot
Der Vorstandsvorsitzende gibt zu, dass Verbrenner länger im Portfolio des Autobauers bleiben werden, als man es bislang vermutet hatte. „Tatsächlich fragen Kunden: Kann ich auch nach 2030 einen Verbrenner von Mercedes bekommen?“, erklärt Källenius. Und diesen möchte er „Ja, selbstverständlich“ entgegnen.
Selbst das geplante Verbrenner-Aus in der EU hält der Mercedes-Boss nicht für beschlossen: „Der Plan der EU ist ja, im Jahr 2026 erst mal eine Bestandsaufnahme zu machen und dann zu sehen, was machbar ist und was nicht.“ Zudem erläutert Källenius die Herausforderungen, mit denen Mercedes bei der Entwicklung von Elektroautos konfrontiert ist:

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Laut dem CEO müsse das Unternehmen in der jetzigen Transformationen in bestimmten Bereichen besser werden: “Etwa bei den Kosten für den elektrischen Antriebsstrang, also bei Motor und Batterie.” Der Premiumhersteller habe vergleichsweise hohe Kosten, weswegen “Rohstoffpreise und Produktionskosten für Batterien” sinken sollen.
Mercedes: “Over the air”-Updates als lukrative Einnahmequelle
Weil Mercedes-Benz “recht große Autos baut”, werden auch größere Akkus benötigt, die wiederum “proportional mehr je Kilowattstunde” kosten. Dabei spricht der Deutsch-Schwede auch über die Preisstrategie der Luxusmarke: “Wenn wir die höheren Kosten nicht eins zu eins an den Kunden weiterreichen können, weil der das nicht will oder weil Wettbewerber billiger sind, müssen wir neue Erlösquellen erschließen.”
Laut dem 54-Jährigen spiele bei Mercedes-Benz deshalb das Digitalangebot eine große Rolle. Källenius hegt zum Beispiel in “Over the air”-Updates große Hoffnungen, wo Mercedes-Kunden zum Beispiel “automatisiertes Fahren und Entertainment-Pakete” kaufen können.
Mercedes: Personalkosten sollen sinken - Stellenabbau geplant
Während dieses Geschäftsmodell die Umsatzzahlen in die Höhe treibt, müssen jedoch die Fixkosten schrumpfen. Källenius führt bei Zeit Online aus, dass das auch die Personalkosten betrifft. Der Mercedes-Chef pocht zwar auf die geltende Beschäftigungssicherung bis Ende 2029, sagt jedoch: “Wir werden in den kommenden Jahren nicht jede Stelle nachbesetzen” - und bezieht sich auf die demografische Entwicklung. Eine große Herausforderung seien dem Mercedes-Chef zufolge auch der Protektionismus in der Geopolitik sowie der Mix aus gestiegenen Energiekosten und geplanter Dekarbonisierung.
Auch bei den Wolfsburgern hat im Jahr 2023 ein Umdenken in Sachen Verbrenner-Aus stattgefunden, berichtete Auto, Motor & Sport. Bei Volkswagen gilt ebenfalls - trotz der Turbulenzen in der jüngeren Zeit - eine Beschäftigungssicherung für unbefristet angestellte Arbeitnehmer. Nach Verhandlungen zwischen VW und der IG Metall wurde klargestellt, dass diese 2029 ausläuft. (PF)