Die Macht ist verteilt: Posten in der neuen Koalition bieten Überraschungen

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CDU, CSU und SPD haben sich auf das Ressort-Paket in der neuen Koalition geeinigt. Über das mögliche Merz-Kabinett spekuliert Christian Deutschländer.

Berlin – Einmal noch wabert ein Hauch von Merkel durch den Saal, Friedrich Merz (CDU) hat das vielleicht gar nicht so gemeint. „Dass wir es schaffen können“, hebt er an, „aus dieser schwierigen Lage zu kommen.“ Es klingt wie das alte Wir-schaffen-das, dabei will Merz eigentlich genau den Bruch mit den früheren Regierungen demonstrieren: Vieles anders, alles besser machen als bisher. „Handlungsfähig und handlungsstark“ wolle man sein, sagt Merz.

Da steht sie also, die neue Regierung. Vor einer neutral-grauen Wand in einem neutral-graublauen Bundestagsgebäude stellen die Parteichefs Merz, Markus Söder (CSU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (SPD) ihren Koalitionsvertrag vor. 45 Tage nach der Bundestagswahl steht das Bündnis, das ist schnell. Teilnehmer schildern, man sei sich schon an Tag 44 fast vollständig einig geworden, habe dann eine Nacht darüber geschlafen. Vor allem musste die heikle Frage nach Ämtern geklärt werden.

45 Tage nach der Bundestagswahl steht das Bündnis. © Kay Nietfeld/dpa Montage: Redaktion

Koalitionsverhandler einigen sich: Ministerien unter CDU, CSU und SPD verteilt

Es geht da um die Statik in dieser Koalition. Das Ressort-Paket ist auf den ersten Blick austariert. Die CDU stellt mit Merz den Kanzler und dazu den Kanzleramtsminister, einen unspektakulären, aber wichtigen Posten, für den der Merz-Vertraute Thorsten Frei gehandelt wird. Die CDU bekommt die Ressorts für Wirtschaft/Energie, Außen, Bildung/Familie, Gesundheit, Verkehr und ein neues Ministerium für „Digitalisierung und Staatsmodernisierung“. Die SPD greift sich das für alles zuständige und mit Vetorecht gesegnete Großressort Finanzen (vermutlich für Klingbeil als Vizekanzler), Verteidigung (da soll Boris Pistorius bleiben), Justiz, Arbeit/Soziales, Umwelt, Entwicklung und Bau.

Die CSU sichert sich das Innenministerium. Alexander Dobrindt gilt als logischer und einziger Anwärter, hat sich aber noch nicht entschieden. Wie gefordert, erhalten die Christsozialen das Agrar-Ressort, aufgewertet durch die Abteilungen für Heimat. Besetzung: unklar.

Neu zugeschnitten wird ein milliardenschweres Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Bildung, wo der Bund eh wenig zu melden hat, wird ausgegliedert. Parteivize Dorothee Bär könne das Haus leiten, heißt es. „Wir stehen für Ordnung, Heimat und Hightech“, frohlocken Christsoziale. Fußnote: Erstmals entsendet die CSU einen Staatsminister ins Auswärtige Amt, das ist zwar nur ein Staatssekretär, aber klingt gut.

Ministerposten noch nicht endgültig vergeben: SPD und CDU suche nach prominenten Ostdeutschen

Alle Ministernamen werden noch festgelegt, bei der SPD auch erst nach dem Mitgliedervotum, bei der Union wohl erst nach der Kanzlerwahl, die für 7. Mai geplant ist. Erste Listen kursieren, belastbar sind sie nicht – auf manchen sind noch nicht mal die potenziellen Minister richtig geschrieben. SPD-Chefin Esken ließ für sich auf mehrfache Nachfrage offen, ob sie einen Posten will. Eine der größeren Sorgen bei CDU und SPD ist, prominente Ostdeutsche zu finden. Wechselt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nach Berlin, als eine Art Modernisierungsminister?

Eine der größeren Sorgen bei CDU und SPD ist, prominente Ostdeutsche zu finden.

Zu irritierten Rückfragen führt, dass es ein Ministerium mehr gibt – statt weniger. Die kleinen Häuser für Bau und Entwicklung bleiben, obwohl ihr Nutzen umstritten ist. Merz und Söder betonen, darunter werde massiv gespart. Die Regierung will die Hälfte der „Beauftragten“ (das sind Sonderpöstchen für Abgeordnete) halbieren. Acht Prozent der Beamtenstellen sollen im Bund mittelfristig wegfallen.

Einigkeit nach Koalitionsverhandlungen: Chef-Verhandler betonen wachsendes Vertrauen

Was Merz, Söder, Klingbeil und Esken auch zu vermitteln versuchen: Es sei Vertrauen gewachsen. „Wir haben im Wahlkampf hart gestritten“, sagt Klingbeil, „aber wir wissen, was unser Land dringender denn je braucht – eine starke Regierung.“ Er spricht von „kollegialer Zusammenarbeit“, das wirkt weniger euphorisch, aber auch ehrlicher als die Ampel-Selfies 2021.

Söder, der von allen im Quartett am längsten spricht, betont, dass er sich (anders als Merz) mit Klingbeil weiterhin sieze. Als Chef der Partei, die den Agrarminister stelle, dürfe er sagen: „Liebe vergeht, Hektar besteht.“

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