Eskaliert Söder-Merz-Krach wegen Israel? CSU bastelt an „Exit-Strategie“ und macht Merkel-Vorwurf
Nach Ankündigung des Exportstopps von Rüstungsgütern an Israel rumort es in der Union weiter. Die CSU hofft mit ihrem Druck auf Merz auf eine Kehrtwende.
Berlin – Am Freitag erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Rüstungsexporte nach Israel vorerst einzuschränken. Zuvor hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu angekündigt, Gaza Stadt vollständig unter israelische Kontrolle bringen zu wollen. Nicht wenige sehen in der Entscheidung der Bundesregierung eine Zäsur der deutsch-israelischen Beziehungen, und auch in Merz’ eigenen Reihen brodelt es seitdem gewaltig.
Der Zuspruch aus der Union hielt sich in Grenzen, stattdessen gab es reichlich Gegenwind für den Kanzler. Der kam sowohl von CDU-Parteikollegen, mehr noch aber von der CSU, auch Horst Seehofer schaltete sich ein. CSU-Chef Markus Söder soll laut Berichten alles andere als begeistert von Merz‘ Entscheidung gewesen sein. Der Kanzler soll Söder demnach nicht vorab informeirt haben, Bayerns Ministerpräsident hält den Schritt zudem offenbar für grundlegend falsch. Auch Tage nach Merz’ Ankündigung flaut die Kritik an seiner Entscheidung nicht ab – im Gegenteil.
Merz verteidigt Rüstungsexportstopp an Israel – CSU erhöht Druck und sieht „Dissens“ zu Merz
Bundeskanzler Merz verteidigte am Sonntag seine Entscheidung eines Exportstopps von Rüstungsgütern nach Israel, die das Land im Zuge des Konflikts mit Palästina einsetzen könnte. „Ich habe diese Entscheidung nicht allein getroffen“, betonte der CDU-Politiker in den ARD-Tagesthemen. Damit stellte sich der Kanzler Stimmen aus den Reihen der CSU entgegen, die behaupteten, die Partei sei bei der Entschlussfindung des Rüstungsexportstopps übergangen worden. Gleichwohl fügte Merz an: „Aber es ist dann am Ende des Tages eine Entscheidung, die ich allein verantworten muss. Und ich verantworte sie auch allein.“
Infrage gestellt wurde die Entscheidung der Bundesregierung unmittelbar nach Bekanntwerden mitunter von CSU-Politiker Stephan Mayer, der betonte, betreffend der Waffenversorgung Israels müsse zwischen offensiven und defensiven Systemen unterschieden werden. Gegenüber dem Tagesspiegel untermauerte Mayer seine Kritik nun erneut: Zwar gingen seine Analyse und die des Bundeskanzlers hinsichtlich der Situation in Gaza „nicht auseinander“, aber dennoch gelte: Die Frage ist, ob die Entscheidung eines partiellen Waffenlieferungsstopps die richtige Antwort darauf ist.
„Da habe ich und viele andere Kollegen eine andere Auffassung“, betonte Mayer und fuhr fort: „Da haben wir einen Dissens.“ Er verwies zugleich darauf, dass die Entscheidung der Regierung vorläufig sei. „Ich hoffe, dass er sich schon in einigen Wochen in der Lage sieht, eine Revision der Entscheidung vorzunehmen“, sagte Mayer.
CSU erhöht den Druck auf Merz und hofft auf eine Israel-Kehrtwende des Kanzlers
Offenbar hofft die CSU aktuell auf eine „Exit-Strategie“, also eine Umkehr des vorläufigen Rüstungsexportstopps gen Israel, wie die Bild-Zeitung aus Kreisen der Partei erfahren haben will. Auch warf die bayerische CDU-Schwesterpartei Merz vor, die fehlende Absprache mit CSU-Abgeordneten und allen voran CSU-Chef Markus Söder in der Frage des Rüstungsexportstopps käme einem Schritt Angela Merkels gleich, den die ehemalige Kanzlerin 2015 auf dem Höhepunkt der damaligen Flüchtlingskrise gegangen war. Damals hatte Merkel das bis dahin geltende Asylrecht an den deutschen Außengrenzen außer Kraft gesetzt, und die Entscheidung ohne den damaligen CSU-Chef Seehofer getroffen.
Resultat von Merkels damaligem Schritt war ein historisches Zerwürfnis zwischen CDU und CSU. Dass die CSU jene Erinnerungen nun wach rüttelte, ist ein deutlicher Fingerzeig in Merz’ Richtung. Der Bild-Zeitung zufolge hegen CSU-Vertreter aktuell also Hoffnung, der Druck auf den Kanzler könnte ihn zu einer Kehrtwende bewegen und ihn dazu bringen, die Lage um Israel und Gaza neu einzuschätzen.
CSU hofft auf mildere Reaktionen Netanjahus hinsichtlich Merz’ Rüstungsexportstopps
Weiter will die Bild-Zeitung aus CSU-Kreisen erfahren haben, dass nicht wenige Parteivertreter auf eine Neueinschätzung der Lage im Bundessicherheitsrat hoffen. Auch werde gehofft, Israels Ministerpräsident Netanjahu könnte seine anfänglich herbe Reaktion auf den Rüstungsexportstopp aus Deutschland überdenken und mildere Schlüsse daraus ziehen. Netanjahu hatte sich nach der Ankündigung vom Freitag verärgert gezeigt und betonte, die Entscheidung der Bundesregierung spiele der Terrororganisation Hamas in die Karten.
Nach anfänglich scharfer Kritik an Merz besann sich Israels Ministerpräsident am Sonntagabend zu einem gemäßigteren Resümee: Merz sei „ein guter Freund Israels“, der „unter dem Druck falscher Fernsehberichte“ eingeknickt sei, wurde Netanjahu von der Times of Israel zitiert. „Wir werden tun, was wir tun müssen, und ich hoffe, dass Bundeskanzler Merz seine Politik ändert. Und wissen Sie, wann er seine Politik mit Sicherheit ändern wird? Wenn wir gewinnen“, führte Netanjahu aus. (fh)