Füssener SPD kritisiert Stadtpolitik: Gibt es ein „massives Führungsproblem“?

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Die Füssener Sozialdemokraten fordern, dass der Fokus der Stadtpolitik auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gelegt wird. Allerdings nicht im ohnehin schon dicht besiedelten Füssener Westen. © Gschwend

Massive Kritik an der aktuellen Stadtpolitik und insbesondere an Bürgermeister Maximilian Eichstetter äußert die Füssener SPD bei ihrem Jahresgespräch mit der Redaktion des Kreisboten.

Füssen - Massive Kritik an der aktuellen Stadtpolitik und insbesondere an Bürgermeister Maximilian Eichstetter äußert die Füssener SPD bei ihrem Jahresgespräch mit der Redaktion des Kreisboten. Mangelhafte Kommunikation durch den Rathauschef, miese Debattenkultur im Stadtrat und Aktionismus statt nachhaltiger Konzepte – das sind einige der Kritikpunkte der Sozialdemokraten.

Mit der aktuellen Stadtpolitik ist die Füssener SPD alles andere als zufrieden. „Wir sorgen uns um die Entwicklung der Stadt“, sagt die Vorsitzende des Ortsvereins und Direktkandidatin für die Bundestagswahl Dr. Regina Renner. „Es muss sich was ändern“. Dabei haben sie und ihre Parteikollegen vor allem Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU) im Visier. Stadträtin Ilona Deckwerth formuliert es drastisch: „Mit dieser Person sehen wir das Wohl der Stadt gefährdet.“

Im Hinblick auf die Kommunalwahl 2026 wird das bedeuten: „Wir werden alle Kraft darauf verwenden, um eine Änderung herbeizuführen und dafür sorgen, dass es einen Wahlkampf gibt.“ Wer als potenzieller Bürgermeisterkandidat der SPD ins Rennen gehen könnte, darüber wollen die Sozialdemokraten zum jetzigen Zeitpunkt noch keine offizielle Aussage machen.

Füssener SPD kritisiert mangelhafte Debattenkultur im Stadtrat

Doch was genau liegt nach Ansicht der SPD denn nun im Argen? Da wäre zum einen die ihrer Meinung nach mangelhafte Debattenkultur im Stadtrat. Die Umgangsweise mit anderen Meinungen sei nicht in Ordnung, sagt Deckwerth, die „keine Chance, in eine Debatte einzusteigen“ sieht. Dabei gehöre zur Demokratie das „Ringen um einen Weg.“ Themen würden in den Sitzungen nur kurz angerissen und knapp vorgetragen, eine echte Diskussion sei meist nicht möglich. Zudem sei es schier unmöglich, die Vielzahl an Informationen und Unterlagen durchzuarbeiten. Das habe mit Transparenz nichts zu tun: „Die Transparenz ist vorgeschoben“, kritisiert Deckwerth und spricht von „Informationsbergen“ und einer Flut an Unterlagen.

Sie moniert eine lückenhafte Protokollierung der Sitzungen und kurzfristige Änderungen. Auch wie zur Bürgerversammlung eingeladen wurde, sieht die SPD kritisch: Sie selbst habe als Stadträtin gar keine Einladung erhalten, sagt Deckwerth, die Termininfo sei sehr kurzfristig öffentlich gemacht worden und sie findet es befremdlich, dass in der Einladung betont werde, was die Bürger alles nicht fragen dürfen. „Was wird da für ein Bild von Demokratie vermittelt?“, fragt Regina Renner. Und: „Es ist eine schwierige Zeit, da muss man eine Bürgerversammlung ernst nehmen.“

Sorge um personelle Situation im Rathaus

Große Sorgen bereitet den Sozialdemokraten die personelle Situation im Rathaus. „Ich kenne keine andere Kommune, in der drei Schlüsselstellen nicht besetzt sind“, sagt Renner in Hinblick auf die vakanten Stellen des Hauptamtsleiters, des Kämmerers und des Personalleiters. Dabei habe das grundsätzliche Problem des Fachkräftemangels natürlich jede Kommune, doch handle es sich bei den freien Stellen in Füssen „um attraktivste Stellen“, die eigentlich mühelos besetzt werden sollten. Für die SPD ist klar: „Das ist ein massives Führungsproblem, das wir haben“. Der Umgang mit Mitarbeitenden sei im Rathaus nicht wertschätzend, „wer kann, der geht.“

Dass die Stadt Füssen sparen muss und finanziell mit dem Rücken zur Wand steht, ist allen Beteiligten klar. Doch wofür Geld ausgegeben wird, muss nach Ansicht der SPD anderen Prioritäten folgen. „Es ist finanziell eng, doch Geld muss auch prioritär in den Bildungsbereich fließen“, sagt Regina Renner.

Bezahlbarer Wohnraum nötig

Problematisch seien die hohen Gebühren für die Kinderbetreuung. Auch wünsche man sich jetzt ein entschlossenes Handeln, um künftig die Personalfrage für die neuen Kindertagesstätten zu klären. „Wir müssen eine Trägerschaft finden und als Kommune attraktiv sein“, mahnt Ilona Deckwerth. Damit künftiges Kindergartenpersonal gefunden und gehalten werden kann, sei in erster Linie bezahlbarer Wohnraum nötig. Und hier sehen die Sozialdemokraten Handlungsbedarf. Sie wollen das genossenschaftliche Wohnen fördern. Der Bedarf an Sozialwohnungen sei in Füssen jetzt schon bei weitem nicht gedeckt. Zwar habe die Stadt bereits begonnen, bei der Entwicklung von Wohngebieten auch in Richtung Mehrparteienhäuser zu denken, doch hier ist der klare Appell der SPD, das Gemeinwohl in den Blick zu nehmen und in Richtung genossenschaftliches Wohnen zu gehen.

„Kein Gesamtkonzept“

Tobias Merz, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, sieht in Füssen als „Hauptproblem, dass in Episoden gedacht wird“ und es von Seiten der Stadt kein Gesamtkonzept bei der städtebaulichen Entwicklung gebe. Als Beispiel nennt er das Areal Achmühle/Füssen-Nord, wo ein großes Entwicklungspotenzial da sei, aber nichts passiert sei. „Hier darf man nicht in Einzelmaßnahmen denken“, sagt Merz. Um ein Quartier zu entwickeln, brauche es eine Gesamtschau – und auch das genossenschaftliche Wohnen sollte hier eine Rolle spielen. Auch das geplante Arbeitnehmerwohnheim in Füssen-West – die SPD spricht von einem „Boarding-House“ – sei der falsche Ansatz. Hier werde in einem ohnehin schon dicht besiedelten Stadtteil eine zu große Verdichtung vorangetrieben.

Umgang mit Bürgerentscheid stößt auf Unverständnis

Schließlich stößt auch der Umgang mit dem Bürgerentscheid zum Dreitannenbichl auf Unverständnis bei den Sozialdemokraten. „Der Umgang der Stadt mit dem direkten Bürgerwillen ist schwer nachvollziehbar“, sagt Tobias Merz. „Da komme ich mir als Bürger veräppelt vor.“ Dass der Dreitannenbichl erst dann als Grünfläche festgeschrieben werden soll, wenn in ein bis zwei Jahren der gesamte Flächennutzungsplan überarbeitet wird, lässt bei Ilona Deckwerth die Alarmglocken klingeln: „Wenn ich die Möglichkeit habe, das heute zu tun, warum mache ich das dann nicht? Das macht mich misstrauisch.“

Das Fazit der Füssener SPD lautet: „Wir wollen eine gute Politik für diese Stadt. Und die haben wir in den letzten Jahren nicht.“

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