Mega-Umbau des 5G-Netzes: Sicherheitsrisiko durch China-Komponenten im deutschen Telekomnetz
In den deutschen Mobilfunknetzen steckt viel chinesische Technik. Das hatte Kritik verursacht. Jetzt trifft die Bundesregierung eine Entscheidung.
Berlin – Seit Jahren steht im Raum, dass chinesische Technik im 5G-Netz ausgetauscht werden müsse. Während andere europäische Länder wie Dänemark, Schweden, Estland und Großbritannien bereits ein Verbot durchgesetzt haben, gab es von Deutschland bisher keine klare Linie dazu. Telekommunikationsunternehmen in Europa bauen seit mehreren Jahren an flächendeckenden 5G-Netzen, die in Hinblick auf eine vernetzte Zukunft große Datenmengen managen sollen. Dabei kommt auch chinesische Technologie von Huawei und ZTE zum Einsatz.
Chinesische Spionagemöglichkeit über das gebaute 5G-Netz in Deutschland?
Huawei ist in Europa wohl eines der umstrittensten Unternehmen im Rahmen des 5G-Ausbaus. Der Telekommunikationskonzern ist einerseits bekannt für kostengünstige, fortschrittliche Technik und Smartphones, andererseits gibt es große Sicherheitsbedenken aus Europa. Kritiker befürchten, dass die 5G-Technologie von China für Spionagezwecke missbraucht oder die gesamte Mobilfunkkommunikation unterbrochen werden könnte.
Vor einem Jahr ließ das Veto der EU-Kommission aufhorchen, die auf ein europaweites Huawei und ZTE-Verbot drängte – sie stufte die beiden Unternehmen als EU-Sicherheitsrisiko ein. Im folgenden Herbst forderte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf der Cyberverteidigungs-Konferenz in Berlin laut dem Handelsblatt dazu auf, ganz auf die China-Komponente zu verzichten. Er betonte, dass es vermieden werden müsse, sich auf „die Technologie autoritärer Regime zu verlassen, um unser digitales Rückgrat der Zukunft aufzubauen.“ Zur ungefähr gleichen Zeit stand ein mögliches Teilverbot im Raum, das bei den deutschen Mobilfunkanbietern auf Widerstand stieß – die Bundesregierung war sich immer noch nicht ganz einig. Der Merkur berichtete schon im Jahr 2021 von Zweifeln an der Beteiligung von Huaweis am Aufbau der neuen 5G-Telekomnetze.
„Abhängigkeiten reduzieren“: Kurswechsel in Deutschland bei China-Ware im 5G-Netz
Spät, aber doch Kurswechsel auch in Deutschland: Der chinesischen Netztechnologie rund um Huawei und ZTE soll auch hierzulande der Riegel vorgeschoben werden. Ende Mai hatte auch die Deutsche Presseagentur von einer Entscheidung der Ampel-Regierung erfahren. „Die Bundesregierung handelt auf der Grundlage der Nationalen Sicherheitsstrategie und der China-Strategie, um mögliche Sicherheitsrisiken und Abhängigkeiten zu reduzieren“, heißt es aus Regierungskreisen. Worauf man sich geeinigt hatte, blieb zunächst unklar – nun soll die Bundesregierung laut Insiderinformationen von Bild.de den Austausch von Telekom und Co. plötzlich schon ab Juli verlangen. Mehrere 100 Millionen Euro soll das Projekt kosten. Die Mobilfunk-Anbieter sollen laut Bild Selbstverpflichtungen unterschreiben, die sie zum Austausch der Huawei und ZTE-Komponenten verpflichten. Jedoch auf nicht ganz freiwilliger Basis. Innen-Staatssekretär Markus Richter plane bei Nichtumsetzung förmliche Verbote auszusprechen.
Aktuell sind in Deutschland laut Bundesnetzagentur bereits 92 Prozent durch mindestens einen Netzbetreiber mit 5G versorgt. Dies bedeutet einen Anstieg um fast 40 Prozent seit Beginn der Datenerhebung im Oktober 2021 – droht nun der Komplettumbau?
Deutsche Telekommunikationsunternehmen erwägen Klage und Schadensersatzansprüche
Erst kürzlich wurde in den Medien bekannt, dass deutsche Mobilfunkanbieter eine Klage erwägen, sollte es tatsächlich zum 5G-Netzumbau kommen. Man würde in so einem Fall „Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen“, meinte ein Sprecher von Telefónica zur Deutschen Presse-Agentur. Außerdem würde man eine potenzielle Entscheidung zur Untersagung von Komponenten oder Lieferanten auch gerichtlich überprüfen lassen. Dies bestätigte auch die Deutsche Telekom, die „Entschädigungsforderungen im Sinne unserer Aktionärinnen und Aktionäre prüfen“ würde. Auch der Magenta-Konzern habe dies in den vergangenen Monaten bereits mehrfach angekündigt. Vodafone warnte bereits letztes Jahr davor, dass sich ein schneller Verzicht auf die Mobilfunktechnik von chinesischen Anbietern überdies auf die Stabilität und Übertragungsqualität in den deutschen Handynetzen auswirken könnte.
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Die Frage bleibt, wieso sich Deutschland überhaupt erst so spät für diesen Schritt entschlossen hat und teuer eingebaute Technik nun wieder teuer entfernt werden muss. Bundesminister Habeck ist gestern zu einer fünftägigen Reise nach Südkorea und auch nach China aufgebrochen - ob das 5G-Netz ein Thema sein wird? (tsb mit dpa)