Kriege lassen Kassen klingeln: Rüstungsexporte 2024 wieder auf Rekordhoch

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In diesem Jahr erreichen Deutschlands Rüstungsausfuhren wieder einen neuen Höchststand. Die Kriege spielen zahlreichen Profiteuren in die Hände.

Berlin – Angespannte Geopolitik und tobende Kriege lassen die Rüstungsexporte weiter steigen. Für das laufende Jahr beziffert die Bundesregierung einen Rekordwert an Ausfuhren aus dem Rüstungsbereich. So wurden 2024 Rüstungsgüter im Wert von 13,2 Milliarden Euro verkauft, wie das Bundeswirtschaftsministerium auf Basis vorläufiger Zahlen bekanntgab. Der bisherige Höchstwert vom vergangenen Jahr (12,2 Milliarden Euro) wurde 2024 übertroffen. 

62 Prozent der genehmigten Rüstungsexporte fallen demnach auf die Ukraine und bilden somit einen Anteil von 8,1 Milliarden Euro ab. 11,3 Milliarden Euro (86 Prozent) des Gesamtwertes der erteilten Genehmigungen gingen an Ausfuhren in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder sowie nach Korea, Singapur und in die Ukraine. Neben der Ukraine nimmt auch Singapur mit einem Exportwert von rund 1,2 Milliarden Euro einen hohen Anteil an den deutschen Ausfuhren ein. Auf dem dritten Platz folgt Algerien (559 Millionen Euro), die USA (298,5 Millionen Euro) reiht sich auf Platz vier ein, Israel belegt den achten Rang mit 161 Millionen Euro.

Industrieländer: Ausgaben für Verteidigung stärken Wirtschaft

Die deutsche Rüstungsindustrie bildet einen signifikanten Anteil am weltweiten Exportmarkt. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI betrug der deutsche Weltmarktanteil im Jahr 2023 5,6 Prozent. Die Exporte umfassen Kampfjets, Panzer, Raketen oder Kriegsschiffe. Im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sowie dem Nahost- und Taiwan-Konflikt haben sich die Militärausgaben von Regierungen weltweit erhöht.

Laut einer Studie des International Security and Development Center (ISDC) spüren die verursachten Kosten von gewaltsamen Konflikten zumeist Entwicklungsländer – dagegen profitieren Länder mit hohem Einkommen enorm von Kriegen aufgrund der erhöhten inländischen Militärausgaben. Vor allem gilt dies für Staaten, die weit von Kriegsgebieten entfernt sind. Nachbarstaaten von Kriegsgebieten werden destabilisiert, besonders der Handel leidet unter der Nähe zum Konfliktgebiet. Die Verlierer von gewaltsamen Konflikten sind der Studie zufolge Länder, in denen die Auseinandersetzungen stattfinden – diese erholen sich noch bis zu vier Jahren nach Ende des Konflikts von den Folgen.

Rüstungsunternehmen und Zulieferer profitieren vom Kriegsgeschäft

72 Milliarden Euro werden von der Bundesregierung für den Verteidigungshaushalt 2024 investiert. Davon profitieren nicht nur Deutschlands Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, KMW, Thyssenkrupp oder Airbus – an der Rüstungsproduktion hängen auch zahlreiche Komponentenhersteller und Lieferanten. 

Medientag bei Rheinmetall in Unterlüß
Rüstungsausfuhren brechen alle Rekorde - und unterstützen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen. (Symbolbild) © Philipp Schulze/dpa

Neben Zulieferern, die direkt in Verbindung mit der Verteidigungsindustrie stehen, gehören auch jene von zivilen Gütern und Dienstleistungen dazu. Für etliche mittelständische Unternehmen im Bereich Elektronik, Software oder Antriebstechnologie erhöht sich die Nachfrage, sodass mehr Geld in Forschung und Entwicklung fließen kann. Wird im technologisch-militärischen Komplex mehr entwickelt, ergeben sich positive Spillover-Effekte für zivile Bereiche, beispielsweise für Sensorik, Flugzeuge, Fahrzeuge, Navigationstechnik oder bestimmte Chemikalien und Werkstoffe.

Kritiker erachten Genehmigungsverfahren für Rüstungsausfuhren als unzureichend

Die gestiegenen Rüstungsexporte in Deutschland beunruhigen Beobachter. So seien Genehmigungsprozesse für Waffenexporte unübersichtlich und intransparent. Das Parlament werde dabei unzureichend eingebunden, da es lediglich über getätigte Exporte unterrichtet werde, kritisiert die Friedrich-Ebert-Stiftung. EU-weit mangle es zudem an einem einheitlichen Ausfuhrverfahren. 

Besonders problematisch sei dabei der Drittstaaten-Export, also außerhalb der NATO, NATO-gleichgestellten Ländern und der EU, da mitunter auch Waffen an Länder geliefert werden, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wurden die Prozesse weiter entbürokratisiert und beschleunigt. In diesem Jahr fielen rund 1,8 Milliarden Euro (14 Prozent) auf sonstige Drittländer.

Bundesregierung liefert weiter an Israel und Saudi-Arabien

Ende 2023 bestätigte laut Spiegel-Bericht der Bundessicherheitsrat Exporte von 150 Luft-Luft-Lenkflugkörpern des Typs Iris-T nach Saudi-Arabien. Gegen den Konzern Rheinmetall wurde bereits mehrfach Strafanzeige für Beihilfe an Kriegsverbrechen gestellt. „Dass die Bundesregierung diese Rüstungsexporte entgegen nationalen und europäischen Gesetzen und Selbstverpflichtungen scheinbar genehmigt hat, entbindet den Konzern nicht von seiner Verantwortung“, sagte Holger Rothbauer, Anwalt des klagenden Organisationsbündnisses.

Vor dem Hintergrund des erlassenen Haftbefehls durch den Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Ministerpräsident Israels Benjamin Netanjahu ist fragwürdig, ob Waffenlieferungen nach Israel noch vertretbar sind. Mehrfach wurde bereits gegen die Bundesregierung geklagt - meist erfolglos. Erst kürzlich scheiterte ein eingereichter Eilantrag eines Palästinensers aus Gaza zusammen mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) beim Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main. Im September lehnte das VG Frankfurt am Main bereits einen weiteren Eilantrag ab, wie das Magazin LTO berichtet.

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