Ampel sucht Geld für die Rüstungsindustrie – Wo es herkommen soll, ist unklar
Die westliche Welt rüstet auf. Deutschland will das 2-Prozent-Ziel erreichen, allerdings ist langfristig nicht klar, woher das nötige Geld kommen soll. Die FDP hat die Sozialausgaben ins Visier genommen.
Berlin – Das Sonderbudget für die Bundeswehr hält nicht ewig. Bis 2027 sollen die 100 Milliarden Euro aufgebraucht sein. Wie die Bundesrepublik das 2-Prozent-Ziel der NATO danach erreichen will, steht noch nicht fest. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) brachte kürzlich einen Rückschnitt der Sozialausgaben ins Spiel. Die Politik sucht Alternativen.
Rüstungsindustrie im Aufschwung
Die Zahlen liegen auf dem Tisch: Alle Mitgliedsstaaten der NATO hatten sich einst dazu verständigt, jedes Jahr zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Rüstungsindustrie zu stecken. Jahrelang hatte Deutschland diese Grenze nicht erreicht, 2024 soll es gelingen – dem Sonderbudget Bundeswehr sei Dank. Zusammen mit dem regulär für die Rüstung vorgesehenen Geld aus dem Haushalt reicht es.

Problematisch wird es ab 2027, denn dann ist das Sonderbudget aufgebraucht, trotzdem rechnet die Bundeswehr laut Rüstungsbericht mit einer ähnlichen Haushaltssumme wie jetzt, im Jahr 2024. Aktuell addieren sich 51,95 Milliarden Euro (Haushalt) und 19,8 Milliarden Euro (Sonderbudget) zu rund 72 Milliarden Euro.
Dahinter steht also die große Frage: Wer bezahlt für die Aufrüstung Deutschlands? Geht es nach Finanzminister Lindner, sind es die Sozialkassen. Seine Vorschläge stießen auf schnelle und heftige Kritik; Grüne und SPD warnten davor, das Militärische und das Soziale „gegeneinander auszuspielen“. Der Aufbau der Rüstungsindustrie ist allerdings nicht unbedingt eine Frage des Geldes, sondern eine der Arbeitskraft – und die ist bereits jetzt knapp.
„Panzer statt Porsche“ – Woher kommt das Geld für die Aufrüstung?
Anstatt Abstriche bei den Sozialausgaben zu machen, könne eine Umschichtung der Arbeitskräfte aus anderen Sektoren beim Ausbau der Rüstungsindustrie helfen. Die Zeit schlug vor, dass Arbeitskräfte, die beispielsweise für Autohersteller tätig sind, in Rüstungsunternehmen eben Panzer montieren könnten. Um mehr für die Rüstungsindustrie zu produzieren, müssten diese Unternehmen ihre Produktion in anderen Segmenten herunterfahren, zum Beispiel bei den Luxusgütern. Das würde zwar bedeuten, dass Deutschlands Exporte in diesen Bereichen nicht so hoch ausfallen wie sonst, aber dafür bedienen die betroffenen Konzerne die heimische Nachfrage. „Panzer statt Porsche,“ drückte es die Zeit aus.
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Ähnliche Maßnahmen hatte die Rüstungsindustrie bereits ins Spiel gebracht. Im Zuge der Schließungen bei Auto-Zulieferern wie ZF könnten Arbeitskräfte in den Rüstungssektor umsteigen. Solange das Ziel ist, mehr Arbeitskraft in die Rüstungsindustrie zu stecken, dann müssen diese Arbeitskräfte entweder aus anderen Sektoren kommen oder die Politik muss Hebel finden, um die Arbeitskraft zu stärken. Sei es beispielsweise durch eine 48-Stunden-Woche, wie es Großbritannien einst durchgesetzt hatte, oder durch eine zusätzliche Rekrutierung aus dem Ausland.
Deutschlands Abhängigkeit von US-Importen
Einen solchen Hebel hat die Ampel-Koalition allerdings noch nicht gefunden. Stattdessen bezieht Europa immer mehr Ressourcen aus den Beständen der Vereinigten Staaten. Wie eine Analyse des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri zeigt, stammten 55 Prozent aller zwischen 2019 und 2023 gelieferten Waffenimporte nach Europa aus den USA – ein deutlicher Anstieg seit 2014. Besonders beliebt ist dabei der Kampfflieger F-35, den auch das Verteidigungsministerium bestellt hatte. Die Welt sprach hier gar von einer Abhängigkeit.
„Im kommenden Jahr kann damit unter anderem die Fortsetzung der Beschaffung von Funkgeräteausstattungen, des Leichten Kampfhubschraubers, von Bodengebundener Luftverteidigung und des Waffensystems F-35A angegangen werden“, schrieb das Verteidigungsministerium unter Bezug auf das Sonderbudget in einer Meldung. „Die Trendwende Munition wird in diesem Jahr durch das Sondervermögen Bundeswehr erheblich gestärkt“, teilte es mit. „Allein hier konnten über drei Milliarden Euro für die Beschaffung von Munition berücksichtigt werden.“
Sicher scheint bisher nur eins: Eine Neuauflage des Sonderbudgets soll es nach 2026 nicht geben. Die Rüstungsindustrie hatte bereits gewarnt, dass die Aufträge fehlen. Gerade in einer Branche, die von langfristigen Planungen lebt, brauche es frühe und planbare Signale.