Lenggrieser Bürgerversammlung: Flüchtlingsunterkünfte wichtiges Thema

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Gut gefüllt waren die Reihen am Freitagabend bei der Bürgerversammlung im Alpenfestsaal. Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (li.) blickte aufs Jahr 2023 zurück. © arp

Rund 130 Frauen und Männer kamen am Freitag zur Lenggrieser Bürgerversammlung. Ein Thema, das breiten Raum einnahm, waren die Flüchtlingsunterkünfte.

Lenggries – Es war eine ruhige Bürgerversammlung am Freitagabend im Lenggrieser Alpenfestsaal. Rund 130 Besucher füllten die Reihen. In seinem etwa einstündigen Rechenschaftsbericht blickte Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG) zurück (Bericht folgt). Dabei ging es auch um das Thema Asyl.

Es sei das Thema gewesen, „das uns am meisten beschäftigt hat“, bekannte er. Aktuell laufe der Bau der Unterkunft an der Scharfreiter Straße. Maximal 100 Flüchtlinge werden dort unterkommen. „In den nächsten zwei Wochen werden die Container geliefert, sodass wir davon ausgehen, dass die Unterkunft im Mai bezugsfertig ist.“ Wie an der Scharfreiter Straße so hat auch auf dem Kasernenareal ein privater Grundstücksbesitzer eine Liegenschaft als Standort angeboten. Rund 100 Plätze sind vorgesehen. Der Bauantrag liege zur Genehmigung im Kreisbauamt. „Die Entscheidung dürfte relativ eindeutig ausfallen“, so Klaffenbacher.

Klaffenbacher: „Kommen an Belastungsgrenze“

Mit derzeit 178 aufgenommenen Flüchtlingen erfüllt die Gemeinde ihre Quote nicht. 70 weitere Plätze wären vonnöten – Tendenz steigend, weil die Zuweisungen an den Landkreis nicht aufhören. „Die Herausforderungen für unsere Gesellschaft sind enorm“, sagte Klaffenbacher. „Wir kommen spürbar an die Belastungsgrenze.“ Die Kommunen seien „machtlos“. Ein Umdenken der Bundesregierung wäre notwendig.

Das forderte einmal mehr auch Landrat Josef Niedermaier (FW) ein, der für ein Grußwort nach Lenggries gekommen war. In einem mit den 21 Bürgermeistern abgestimmten Brief bittet er Bundesinnenministerin Nancy Faeser, „endlich tatsächlich wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration umzusetzen“. Die derzeitigen Zugangszahlen seien „schlicht nicht mehr zu bewältigen“. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für neue Unterkünfte schwinde oder sei nicht mehr vorhanden. Und dass das Landratsamt gesetzlich gezwungen sei, neune Unterkünfte gegen den Willen der Gemeinden zu genehmigen, „führt zu Unverständnis und zu massiver Verärgerung in den Stadt- und Gemeinderäten und bei den Bürgermeistern. Klagen gegen die entsprechenden Baugenehmigungen sind mittlerweile an der Tagesordnung“, schreibt Niedermaier.

Wird Containerunterkunft an der Geiersteinstraße aufgelöst?

„Es regt mich auf, dass es keine politische Lösung gibt“, bekannte der Landrat in seinem Grußwort. Dabei gehe es um eine Lösung, die den Nöten der Kommunen Rechnung trägt, mit der die Bundesregierung aber auch ihren Aufgaben gerecht wird. 3200 Flüchtlinge leben im Landkreis. Derzeit seien weitere 1000 Plätze in Planung. Die dafür nötigen Standorte befinden sich zumeist in den drei Städten, die bereits jetzt die Quote deutlich überfüllen. Das sorge für Unmut. „Hier sind Fronten entstanden“, berichtete Niedermaier aus den Bürgermeisterrunden. Der Landkreis habe versucht, eine gleichmäßigere Verteilung mit einigem Druck durchzusetzen, sei aber vor Gericht gescheitert.

Er wisse, so Niedermaier weiter, dass es auch in Lenggries Kritik an den neuen Standorten gebe. „Und die kann ich in manchen Bereichen auch nachvollziehen“, sagte er. Als Entgegenkommen signalisierte der Landrat, dass die Containerunterkunft an der Geiersteinstraße mittelfristig aufgelöst wird. Die vor fast zehn Jahren gebraucht gekauften Container sind am Ende ihrer Lebenszeit angekommen. Zudem braucht die Gemeinde die Fläche ab 2026 vermutlich für die Ganztagsbetreuung der Grundschulkinder.

Landrat: Busse zurückzuschicken, helfe nicht weiter

Er werde oft gefragt, warum er die Busse mit den Flüchtlingen nicht zurückschicke, sagte Niedermaier. Aus seiner Sicht ergebe das aber keinen Sinn. „Ich habe Kollegen, die haben das probiert“, sagte er. Das sorge für einen Moment der medialen Aufmerksamkeit – „und zwei Wochen später kommen dann zwei Busse zurück“.

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Die Spaltung der Gesellschaft könne man nicht wegdiskutieren, sagte der Landrat. „Dabei ist ein demokratischer Diskurs gewünscht, aber eben kein aufeinander Einhauen.“ Es sei essenziell, dass „uns der Zusammenhalt nicht noch mehr abhanden kommt“.

Bürgerin appelliert zu mehr Offenheit

Für Zuhörerin Sabine Pfister kamen bei diesen Ausführungen „die Bürger zu kurz, die keine Angst haben, wenn der nächste Bus mit Asylbewerbern kommt“. Integration finde nicht statt, „wenn Sie so reden, wie Sie reden. Die Ängste der Bürger verdoppeln sich dadurch“, kritisierte sie Klaffenbacher und Niedermaier. Ihr Appell sei, „das nicht so negativ zu sehen“ und auf die Neubürger zuzugehen. Das Thema werde nicht wieder verschwinden. „Und wenn wir alle ein bisschen dazutun, kann es vielleicht auch ganz nett werden“, sagte Pfister. Klaffenbacher warb in diesem Zusammenhang für den Helferkreis. „Da sind wir noch ein wenig schwach aufgestellt.“ Wer sich beteiligen möchte, wendet sich an die Integrationsbeauftragte der Gemeinde, Maya Nazarova, via Mail an integration@lenggries.de

Bürger haben zahlreiche Fragen zu unterschiedlichen Themen

Bei den Bürgerfragen wollte Michaela Reiter wissen, ob für die Bushaltestelle in Anger eine Unterstellmöglichkeit geplant sei. 15 Kinder würden dort auf den Bus warten. Bürgermeister Stefan Klaffenbacher hatte gute Nachrichten. „Das Häuschen ist bereits geplant. Sobald der Bauhof das zeitlich unterbringt, wird das Vorhaben umgesetzt.“ Ob die Gemeinde schon ein Konzept für die kommunale Wärmeplanung habe, fragte Jürgen Baltes. Klaffenbacher erklärte erst einmal den Hintergrund. „Bei der Wärmeplanung untersucht die Gemeinde quartiersweise, wie eine klimafreundliche Versorgung aussehen könnte. Das heißt nicht, dass jedes Haus an ein Nahwärmenetz anschließen muss oder kann.“ Tatsächlich gebe es derzeit keine Fördermittel für die Wärmeplanung. Sobald es hier etwas Neues von Land und Bund gebe, nehme man das Thema auf. Der Bürger wollte zudem wissen, inwieweit das Lenggrieser Stromnetz Installationen von Wärmepumpen, PV-Anlagen und Wallboxen vertrage. Das sei das Zuständigkeitsgebiet der Bayernwerke, sagte Klaffenbacher. „Die bauen sukzessive das Netz aus.“ Allein die Geschäftsstelle Penzberg investiere hier gerade 40 Millionen Euro.

Anderl Meyr fragte, ob die Gemeinde eigene Notfallpläne für Katastrophenfälle habe. Nein, antwortete Klaffenbacher. Katastrophenschutz sei Aufgabe der Länder, umgesetzt werde er vom Landratsamt. Hier sei man gerüstet. „Eine zusätzliche gemeindliche Ausarbeitung sehe ich als schwierig an.“ Für die eigene kritische Infrastruktur wie die Wasserversorgung gebe es aber Notfallpläne.

Warum ist die Lenggrieser Steuerkraft so schlecht?

Werner Hüttl fragte, warum die Steuerkraft in Lenggries so schlecht sei. Auf die Einwohner umgerechnet, nehmen nur noch Bichl und Wackersberg weniger Steuern ein als Lenggries. „Wir waren hier schon immer im hinteren Viertel“, sagte Klaffenbacher. Auf Rang 1 steht Münsing. „Die haben viele einkommensstarke Bürger, bei uns ist die Einkommensstruktur geringer.“ Letztlich würde sich das nur durch Steuererhöhungen verbessern lassen. „Hier agieren wir aber sehr vorsichtig.“

Sibylle Reuter möchte sich nicht damit abfinden, dass das jetzige Kreispflegeheim abgerissen wird, sobald der Neubau fertiggestellt ist. Das früherer Lenggrieser Krankenhaus sei ortsbildprägend. Zudem könnte es nach einer Sanierung als günstiger Wohnraum zur Verfügung stehen. „Ich stelle den Antrag, es nicht abzureißen.“ Damit werde sich der Gemeinderat gerne noch einmal befassen, sagte Klaffenbacher. „Die Entscheidung ist aber vor zwei Jahren schon gefallen.“ Der hintere Teil des Gebäudes müsse aus Brandschutzgründen abgerissen werden, weil er zu nah am Neubau steht. Eine Sanierung des alten Krankenhauses rechne sich mit Blick auf die Substanz einfach nicht. Man sei aber bei der Entwicklung des Kasernenareals bemüht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Satzung für Bürgerversammlung abgelehnt

Werner Hüttl schließlich wollte die Versammlung noch dazu bewegen, eine eigene Satzung für die Bürgerversammlung auf den Weg zu bringen. Weniger Rechenschaftsbericht des Bürgermeisters, mehr Diskussionsmöglichkeiten für die Bürger seien Ziele. Hüttl verwies auf die Satzung der Stadt Starnberg. „Ich kann mich gerne kürzer halten“, sagte Klaffenbacher. „Ich weiß aber nicht, ob das jeder so sieht wie Sie.“ Der Antrag Hüttls wurde mit sehr großer Mehrheit abgelehnt.

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