Europa bleibt auf der Ersatzbank: Gravierende Auswirkungen durch Trumps Alaska-Treffen befürchtet

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Trump und Putin könnten in Alaska über die Zukunft der Ukraine entscheiden. Europa ist bei dem wegweisenden Treffen wieder einmal außen vor.

Brüssel – Am Freitag trifft sich US-Präsident Donald Trump erstmals in seiner zweiten Amtszeit mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Gipfel im US-Bundesstaat Alaska. Das Treffen soll ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer Friedenslösung im Ukraine-Krieg werden. Doch bereits der Austragungsort kann als symbolische Entscheidung gewertet werden. Statt in der Türkei, wo die bisherigen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine stattgefunden haben, treffen Trump und Putin sich in Alaska – weit weg von Europa und der Ukraine. Diverser Diplomaten befürchten bereits, dass sich diese Symbolik auch auf den Inhalt der Gespräche übertragen könnte. Bleiben die europäischen und ukrainischen Interessen auf der Strecke?

Alaska-Gipfel von Trump und Putin: Vance stellt Treffen mit Selenskyj in Aussicht

„Sowohl die Russen als auch die Ukrainer werden am Ende des Tages wahrscheinlich unzufrieden damit sein“, sagte Trumps Vizepräsident JD Vance am Sonntag in einem Interview mit dem US-Sender Fox News über eine mögliche Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg. Für diese solle es in Zukunft auch zu einem trilateralen Treffen zwischen Trump, Putin und Selenskyj kommen, stellte Vance in Aussicht. Eine Begegnung von Putin und Selenskyj sei aber seiner Ansicht nach nicht zielführend, bevor Putin und Trump miteinander gesprochen hätten.

Gebietstausch oder Waffenstillstand? Gravierende Auswirkungen durch Alaska-Gipfel befürchtet

Der ukrainische Staatschef, dessen Land sich seit über drei Jahren gegen die russische Invasion zur Wehr setzt, muss also aus mehreren tausend Kilometern Entfernung dabei zusehen, wie Putin und Trump die Vorbedingungen für eine Lösung im Ukraine-Krieg besprechen. Das Gleiche gilt für die europäischen Verbündeten. Wie eine mögliche Lösung aussehen könnte, skizzierte Trumps Sonderbeauftragter Steve Witkoff in der vergangenen Woche nach seinem Besuch in Moskau. Wie der Spiegel berichtet, soll es dabei jedoch nicht um den von Trump proklamierten „Gebietstausch“ zwischen Moskau und Kiew gehen, denn Russland wolle keine eroberten Gebiete aufgeben. Stattdessen soll die Frontlinie im Süden der Ukraine eingefroren werden und im Gegenzug Russland die volle Kontrolle über die Oblaste Donezk und Luhansk erhalten.

Ein Szenario, das nicht danach klingt, als wären – wie von Vance vermutet – beide Parteien mit ihm gleichermaßen unzufrieden. Die Ukraine müsste gerade in der Region Donezk unzählige Quadratkilometer aufgeben, die derzeit noch unter ihrer Kontrolle stehen. Im Gegenzug würde Kiew jedoch lediglich eine Waffenruhe erhalten, deren Durchsetzung und Kontrolle zumindest fragwürdig scheint. Darüber hinaus gibt es in der Gleichung aktuell keinen Platz für die europäischen Unterstützer der Ukraine.

Europa bei Alaska-Gipfel außen vor – Merz pocht auf Teilnahme von Selenskyj

Während Trump und Putin über die Zukunft der Machtverhältnisse auf dem Kontinent beraten, sitzt das restliche Europa am Katzentisch. Verzweifelt versuchten diverse europäische Staats- und Regierungschef in den vergangenen Tagen mit Blick auf die Verhandlungen einen Fuß in die Tür zu bekommen. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk fordert eine Beteiligung der Kiewer Regierung an jedweden Gesprächen über eine Beendigung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Entscheidungen, die Gebietsabtretungen von Kiew fordern, werde der Westen nicht akzeptieren, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Tusk weiter.

„Aktive Diplomatie, Unterstützung für die Ukraine und Druck auf die Russische Föderation zur Beendigung ihres illegalen Krieges“ müssten kombiniert werden, hieß es bereits am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien, Finnland sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir können jedenfalls nicht akzeptieren, dass über die Köpfe der Europäer und die Köpfe der Ukrainer hinweg über Territorialfragen zwischen Russland und Amerika gesprochen oder gar entschieden wird“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Sonntag in einem Interview mit den „Tagesthemen“. Deswegen müsse Selenskyj an den Gesprächen beteiligt werden, forderte Merz weiter. Der Kanzler wolle mit Trump zu diesem Thema auch noch einmal telefonieren.

Alle Augen auf Alaska: Beim Gipfel von Donald Trump und Wladimir Putin steht auch für Europa viel auf dem Spiel. © Montage: Alexander Shcherbak/Mark Schiefelbein/dpa

USA will sich aus Ukraine-Krieg zurückziehen – Europa bald auf sich allein gestellt?

Die Trump-Regierung scheinen die Forderungen bislang jedoch eher kaltzulassen. Vance stellte bereits am Sonntag in Aussicht, dass die USA ihre Unterstützung für die Ukraine weiter zurückschrauben könnten. US-Präsident Donald Trump und er seien der Auffassung, „dass die USA mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts durch sind“, sagte Vance im Interview mit Fox News. Die Amerikaner seien es leid, weiter ihre Steuergelder für diesen konkreten Konflikt auszugeben, so Trumps Vize. Zwischen Zeilen der Ankündigung kann man auch eine Drohung an die Ukraine mit Blick auf in Kürze vorgestellte Verhandlungslösungen herauslesen: friss oder stirb.

Im Falle eines weiteren Rückzugs der USA würde die Verantwortung für die Ukraine noch mehr als ohnehin schon bei den europäischen Partnern liegen. Vance wiederholte die Haltung der Trump-Regierung, wonach die Europäer selbst für den Konflikt „direkt vor ihrer Haustür“ verantwortlich seien. Trotz der möglichen Konsequenzen bleibt Europa bei den Verhandlungen zwischen Russland und den USA aber auf der Ersatzbank.

Gipfel von Trump und Putin: Sorge vor „Desaster“ für die Ukraine – „Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel“

Am Montag treffen sich die EU-Außenminister auch deshalb zu einer Sondersitzung. „Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel“, teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor dem Treffen mit. Sie betonte, dass jede Vereinbarung zwischen den USA und Russland die Ukraine und die EU einschließen müsse, „denn es geht um die Sicherheit der Ukraine und ganz Europas“. Russlands Aggression dürfe nicht belohnt werden – die vorübergehend russisch besetzten Gebiete gehörten zur Ukraine.

„Putin bekommt seinen idealen Gipfel“, titelte die New York Times am Wochenende über das geplante Treffen unter vier Augen in Alaska. Denn während es für Trump vor allem um ein Ende des Ukraine-Kriegs geht, auch um seine Chancen auf den Friedensnobelpreis weiter zu erhöhen, steht für Putin mehr auf dem Spiel. „Es geht um sein Vermächtnis. Es geht darum, wo Russland nach diesem Krieg stehen wird. Es ist viel grundlegender. Das schafft eine andere Bereitschaft, Kosten zu tragen“, sagte Stefan Meister vom German Council on Foreign Relations im Gespräch mit der Times. Das klare Fazit des Experten: „Für die Ukraine ist es ein Desaster.“ Doch auch für das restliche Europa könnte der Alaska-Gipfel schwere Folgen haben. (fdu/dpa/afp)

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