Ab 2027 steigt der CO₂-Preis deutlich – Europa ist dann Weltmeister bei den Energiepreisen

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Ab 2027 steigt Deutschland in den Bereichen Verkehr und Gebäude in den europäischen Emissionshandel ein. Damit wird der CO₂-Preis sehr deutlich steigen.

Berlin – In den kommenden zwei Jahren wird der CO₂-Preis die Bundespolitik beschäftigen. Das zeichnet sich schon jetzt ab, denn Deutschland hat zu Jahresbeginn den Einstieg in den europäischen Emissionshandel (genannt ETS II) bestätigt – und damit das langfristige Ende der fossilen Energien in der EU. Ab 2027 wird der Preis für CO₂ in den Bereichen Verkehr und Gebäude anhand von Angebot und Nachfrage bestimmt. Das heißt: Alle, die mit Gas und Öl heizen und Benzin zum Tanken verwenden, werden kräftig draufzahlen müssen.

CO₂-Preis steigt deutlich ab 2027: Der Heiz-Schock kommt bestimmt

Es ist sehr schwer abzuschätzen, wie viel eine Tonne CO₂ ab 2027 in der EU kosten wird – schließlich kommt es ganz darauf an, wie weit wir bis dahin mit dem Klimaschutz gekommen sind. Wenn die Nachfrage nach den CO₂-Zertifikaten gering ist, dann ist auch der Preis eher niedrig. Doch aktuell fahren in Deutschland wenige Menschen mit Elektroautos und die meisten heizen noch mit Öl und Gas, sodass die Nachfrage aller Voraussicht nach hoch sein wird. Das wird den Preis in die Höhe treiben. Die EU-Kommission kann zwar nachsteuern, um den Preis zu stabilisieren; aber diese Maßnahme hat nur eine begrenzte Wirkung.

Die Schätzungen für den CO₂-Preis ab 2027 variieren daher auch stark. Bis 2030 könnte der Preis aber auf 300 Euro pro Tonne CO₂ ansteigen, wie Studien immer wieder feststellen. Sollte so ein Preis von einem Tag auf den anderen kommen, wird das für viele ein Schock sein.

Aktuell liegt der CO₂-Preis an der EU-Börse bei 80 Euro pro Tonne CO₂. Im Februar 2024 erreichte er seinen bisherigen Tiefstand von 55 Euro pro Tonne, 2023 sprang er zeitweise auf den Höhepunkt von über 100 Euro pro Tonne. In Deutschland zahlen Verbraucher und Verbraucherinnen seit Jahresbeginn 55 Euro pro Tonne CO₂.

Prognosen für den neuen CO₂-Preis: Bis 2030 wird Europa Energiepreis-Weltmeister

Im Februar 2025 hat der ADAC vor den Preissprüngen nochmal gewarnt: „Ab 2027 müssen wir davon ausgehen, dass sich der CO₂-Preis im Kraftstoffpreis perspektivisch mindestens verdoppelt – das wären dann insgesamt 35 bis 38 Cent pro Liter“, sagte der Leiter des Bereichs Verkehr beim ADAC, Stefan Gerwens, zur Bild-Zeitung. Diese Prognose teilt nun auch das Beratungsinstitut Bloomberg NEF, der von 149 Euro pro Tonne bis 2030 ausgeht. 2027 gehen die Forschenden von einem Preis um die 80 Euro pro Tonne aus, 2028 könnte er schon die 100-Euro-Marke knacken. Damit wird Europa die weltweit höchsten Preise für fossile Energien haben.

Wenig überraschend ist es daher auch, dass innerhalb der EU schon die Stimmen für eine Verschiebung laut werden. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk plädierte zum Beispiel im Januar dafür, alle Gesetze des EU Green Deals zu überprüfen. „Wenn die Energiepreise weiter steigen, wird das katastrophale politische Auswirkungen haben“, warnte er.

Höherer CO₂-Preis bringt Milliarden in die Staatskassen – was passiert dann mit dem Geld?

Bloomberg NEF schreibt in ihrer Analyse zum CO₂-Preis aber auch, dass die Vorteile des Emissionshandels enorm sein könnten. Zwischen 2027 und 2035 würde die EU-Kommission damit 705 Milliarden Euro generieren – Geld, das in die grüne Transformation investiert werden soll. Die Co-Autorin der Untersuchung, Emma Corker, spricht von einem „kurzfristigen Schmerz“, der durch sinkende Preise für klimaneutrale Technologien wie E-Autos und Wärmepumpen schnell gelindert werden kann.

Das Kohlekraftwerk Boxberg in Neuliebel sich vor der untergehenden Sonne ab.
Deutschland hat derzeit ein großes Problem in Sachen Luftqualität. (Symbolbild) © Florian Gaertner/photothek/IMAGO

Wie dieses Geld aus der CO₂-Steuer dann verwendet wird, wird auch Gegenstand intensiver Debatten in der Politik sein. Häufig ist von der Einführung eines Klimageldes die Rede, aber es gibt auch Forderungen nach Investitionen in den ÖPNV oder eine Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Das Forum Ökologische Marktwirtschaft (FÖS) hat ganz aktuell untersucht, welche Maßnahmen in der Gesellschaft am meisten Akzeptanz finden. „Umfragen zeigen, dass bei moderaten CO₂-Preisen von der Breite der Bevölkerung eher Investitionen in Infrastrukturen gewünscht sind, während bei steigenden CO₂-Preisen zunächst einkommensschwache Haushalte und bei hohen auch wohlhabendere Haushalte eine Entlastung wünschen“, heißt es im Fazit der Untersuchung. Ob das Klimageld als geeignet empfunden wird, hängt also maßgeblich davon ab, wie hoch der CO₂-Preis gerade ist.

Die Politik wird also hier eine Entscheidung treffen müssen – und zwar schnellstmöglich. Denn in zwei Jahren wird der ETS II losgehen.

Auch interessant

Kommentare