Die Ausbildung zur Hauswirtschafterin, früher als „Winterschule“ bekannt, hat sich zu einem modernen Studiengang gemausert. Drei Frauen von der Landwirtschaftsschule Ebersberg über die Faszination.
Ebersberg - Auf dem Tisch steht eine Hinterberger-Torte, erkennbar aufwendig produziert, mit dünnen Biskuitschichten, Sahnefüllung und Schokoüberzug. „Eine regionale Besonderheit aus dem Erdinger Land“, erklärt Petra Kneißl. Sie ist eine der 21 Studierenden an der Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft, in Ebersberg. Ihr berufliches Ziel: Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung.
Kochen, Haus- und Textilpraxis, Garten und Natur, Verwertung und Vorratshaltung sind die traditionellen Kernkompetenzen, die man hier lernt. Aber es gibt auch Lehrinhalte, die man nicht vermuten würde: Finanz- und Projektmanagement, Erwerbskombination, Digitales und Kommunikation. Am Ende bietet die externe Abschlussprüfung in der Hauswirtschaft die Möglichkeit, einen staatlich anerkannten Berufsabschluss zu erlangen.
Die Ausbildung, früher als „Winterschule“ für junge Frauen aus der Landwirtschaft bekannt, hat sich zu einem modernen Studiengang gemausert. In ihrem Umfeld wachse dafür das Interesse, erzählen Petra Kneißl, Claudia Irl und Elena Eberl.
Was motiviert die drei jungen Frauen, hier eine Ausbildung zu machen? Die Kinderpflegerin, Petra Kneißl, will sich mit dem Studiengang ein zweites Standbein schaffen und sieht durch ihren sozialen Hintergrund Möglichkeiten zur Alltagsbegleitung von Senioren oder kranken Menschen, „denn unsere Gesellschaft ist zunehmend auf Angebote zur Unterstützung im Alltag angewiesen“. Ihre Studienkollegin, Claudia Irl, arbeitet aktuell als Kauffrau im Groß- und Einzelhandel und will in die Direktvermarktung der eigenen landwirtschaftlichen Produkte einsteigen. Sie ist überrascht, wie viel man hier ausprobieren könne, „alles Dinge, die ich zum Leben brauche“.
Landwirte bekommen wieder mehr Lob und Zuspruch.
Elena Eberl ist Bilanzbuchhalterin, Betriebswirtin, Imkerin und zudem als Honigkönigin Bayerns Repräsentantin für das „süße Endprodukt“ der Bienen. Sie sagt: „Ich will meinen Haushalt perfekt organisieren können, um mehr Raum für meine Karriere zu haben.“ Sie erhofft sich durch die Ausbildung aber auch neue Perspektiven zur Selbstständigkeit. So sind für sie die Fragen bedeutsam: „Welche Voraussetzungen braucht man, um einen Hofladen aufzubauen? Wie schaut ein Businessplan aus? Wie kann ich durch eine erfolgreiche Erwerbskombination in der Landwirtschaft neue Einkommensquellen erschließen?“
Wie erklären die drei jungen Frauen den Zuspruch zum Studiengang für Ernährung und Haushaltsführung? Seit Corona würden sich die Leute vielleicht noch mehr auf Regionalität und das selbst angebaute Gemüse im Garten besinnen, vermutet Elena Eberl, beides hier wichtige Lerninhalte. Auf jeden Fall sei das Interesse an Qualität, gesunder Ernährung sowie Nachhaltigkeit gewachsen und „Landwirte bekommen wieder mehr Lob und Zuspruch“, so schildern Claudia Irl und Petra Kneißl ihre Beobachtungen.
„Man muss hier die Initiativen des Staatsministeriums erwähnen, um den Dialog und die Nähe zwischen der Gesellschaft und der Landwirtschaft zu fördern“, sagt Eva Stolze. Der Studiengang zeige Perspektiven der Diversifizierung in der Landwirtschaft auf, um bäuerlichen Familienbetrieben neben der Produktion neue Einnahmequellen zu ermöglichen. Vieles sei denkbar: die Direktvermarktung, der Urlaub auf dem Bauernhof, erlebnisorientierte Angebote für Schulklassen, hauswirtschaftliche Dienstleistungen, die Bauernhofgastronomie sowie die „soziale Landwirtschaft“, wo Menschen mit besonderen Bedürfnissen auf dem Bauernhof betreut und integriert werden.
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Petra Kneißl, Claudia Irl und Elena Eberl jedenfalls sprühen erkennbar vor Leidenschaft für ihren künftigen Berufsweg im Umfeld der Haus- und Landwirtschaft. Ist das Motto „Bauer sucht Frau“ also überholt und werden Frauen heute gerne wieder Bäuerinnen? „Auf jeden Fall“, so ist die einhellige Meinung der drei jungen Frauen. Man könne auf dem Bauernhof verschiedene Berufe verknüpfen und sei durch neue Technologien moderner geworden. Die Familie sei sich auf dem Bauernhof näher, sagt Petra Kneißl. „Man isst mittags zusammen, geht gemeinsam raus. Und die Kinder sehen: Die Arbeit macht Freude.“