Erdogan-Regierung verurteilt Netanjahus Gaza-Plan – Sohn organisiert Großdemo

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Die israelischen Pläne zur Einnahme der Stadt Gaza führt erneut zu heftiger Kritik in Ankara. Auch Erdogans Sohn mischt mit.

Ankara – Die Ankündigung des israelischen Ministerpräsidenten, Benjamin Netanjahu, die Stadt Gaza vollständig einzunehmen, hat auch innerhalb der türkischen Regierung für große Verärgerung gesorgt. Das türkische Außenministerium verurteilt den Plan der „fundamentalistischen Regierung Netanjahus“, die eine Fortsetzung des „Völkermord an den Palästinensern“ sei. „Das Besatzungsregime Israel muss seine Kriegspläne unverzüglich einstellen, einen Waffenstillstand in Gaza akzeptieren und Verhandlungen im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung aufnehmen“, heißt es in dem Papier.

Das Vorhaben der israelischen Regierung ziele darauf ab, „Gaza unbewohnbar zu machen und die Palästinenser gewaltsam aus ihrem eigenen Land zu vertreiben“. Der UN-Sicherheitsrat müsse deswegen verbindliche Beschlüsse fassen, um Israels völkerrechts- und menschenrechtswidrige Handlungen zu unterbinden.

Erdogan über Israels Krieg im Gazastreifen: „Geopolitische Risiken“

Solche harten Worte gegen Israel sind nichts Ungewöhnliches in der Türkei. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich bei einer Rede zu den jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten und warnte vor einem Flächenbrand. „Wir sind uns auch der geopolitischen Risiken bewusst, die mit dem Völkermord im Gazastreifen begonnen haben und sich dann mit den Angriffen Israels auf den Libanon, den Jemen, den Iran und Syrien verschärften“.

Erdogan-Sohn ruft zu Großdemonstration gegen Israel auf

Für Samstag ist eine Großdemonstration für die Menschen im Gazastreifen geplant. Unter dem Motto „Sei das Licht der Hoffnung für Gaza“ werden die Teilnehmer am Abend ihren Marsch im Istanbuler Bezirk Beyazit starten. „Von dort aus wollen wir mit Laternen in den Händen zur Hagia Sophia marschieren. Wir erwarten unsere Bürgerinnen und Bürger dort. Wir erwarten sie, damit wir dieses kraftvolle Bild der Welt zeigen können. Es braucht mehr solcher Versammlungen und solcher Bilder“, sagte Bilal Erdogan, der Sohn des türkischen Präsidenten, bei einer Pressekonferenz der „Flistin´e Destek Platformu“ (Plattform zur Unterstützung Palästinas), in der sich 15 Organisationen zusammengefunden haben. Der Präsidentensohn gehört zum Organisationsteam der Demonstration.

Erdogan-Sohn: Aufruf zu Boykott von Israel und westlicher Produkte

Bei der Pressekonferenz wiederholte der Präsidentensohn seinen Boykottaufruf nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen westliche Produkte. „Denn das Ziel sollte nicht nur Israel sein – alle Entscheidungsträger des Westens müssen angesprochen werden. Sie haben die Macht, diesen Völkermord zu beenden. Wenn sie wollen, können sie das stoppen. Dass ein Volk, das selbst Opfer eines Völkermords war, nun selbst einen Völkermord begeht – das ist wohl eine besonders bittere Form von schwarzem Humor“. Der Präsidentensohn fügte hinzu: „Die Täter des Völkermordes an den Palästinensern sollen verflucht sein.“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilt den Plan des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu scharf. © GIL COHEN-MAGEN/AFP; YASIN AKGUL/AFP Montage: IPPEN.MEDIA

Israel bleibt wichtiger Handelspartner der Türkei – trotz Verbot

Seit dem 2. Mai 2024 hat die Türkei jeglichen Handel mit dem israelischen Staat verboten. Dennoch gibt es blühenden Handel zwischen der Türkei und Israel, wie eine Recherche von Al Jazeera unter Berufung auf Zahlen der UN zeigen. Demnach war die Türkei im Gesamtjahr 2024 die Nummer fünf unter den Staaten, die die meisten Produkte an Israel verkauft haben.

Der im deutschen Exil lebende Journalist Metin Cihan hatte in der Vergangenheit immer wieder offengelegt, dass türkische Handelsschiffe Waren zu israelische Häfen transportieren. In vielen Fällen würden die Waren umetikettiert werden, sodass diese statt nach Israel nach „Palästina“ geschickt würden. So soll das eigentliche Ziel verschleiert werden.

Am 3. November 2024 veröffentlichte Cihan einen Screenshot der staatlichen Statistikbehörde TÜIK auf X, die den Verkauf von „industriell verarbeiteten Rohstoffen“ zeigen soll. Wurden diese Stoffe 2023 für die palästinensischen Gebiete noch für 238.678 Dollar verkauft, lag der Verkauf 2024 bei 85.659.997 Dollar. Den Anstieg des Verkaufs von 35.000 Prozent kommentierte der Exiljournalist auf ironische Weise: „Unter den Bedingungen von Hunger, Besatzung und Massakern hat das palästinensische Volk den Drang, industrielle Rohstoffe zu kaufen.“ Die Palästinenser würden eine „industrielle Revolution“ erleben. (erpe)

Auch interessant

Kommentare