„Ich war verliebt in den letzten Mohikaner“: Diese Beststeller-Autorin verkaufte Millionen Bücher
Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen leben zahlreiche erfolgreiche Persönlichkeiten – Politiker, Unternehmer, Sportler, Kunst- und Kulturschaffende. Eine davon ist die Autorin Hanni Münzer (61).
Dietramszell – Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen leben zahlreiche erfolgreiche Persönlichkeiten – Politiker, Unternehmer, Sportler, Kunst- und Kulturschaffende. Was macht die Menschen aus, die hinter diesem Erfolg stehen? Was bewegt sie, wie leben sie, worauf sind sie stolz? Für unsere neue Serie „30 Minuten mit...“ haben uns bekannte und in der Öffentlichkeit weniger bekannte Frauen und Männer einen ganz persönlichen Einblick in ihr Leben erlaubt. Heute: Autorin Hanni Münzer.
Immer Leseratte, nie Stubenhockerin: Diese Beststeller-Autorin verkaufte Millionen Bücher
Wenn Hanni Münzer in ihrem Garten sitzt, schweift ihr Blick über grüne Wiesen bis zu ein paar Pferden, die in der Ferne grasen. Oder er wandert in die Kronen der Apfelbäume, die vor vielen Jahrzehnten ihr Großvater gepflanzt hat. Es zwitschert und tschilpt, ab und zu hört man den nahen Bach leise plätschern. „Mein Garten ist mein Rückzugsort“, sagt die Erfolgsautorin. Hier können die Gedanken fliegen.
Am liebsten Indianergeschichten, so hieß es halt damals. Ich war verliebt in den letzten Mohikaner.
Zum Schreiben geht die 61-Jährige jedoch lieber in den Keller – in ihr altes Kinderzimmer. „Hier bin ich weniger abgelenkt.“ sie. Vor 17 Jahren zog sie mit ihrem Mann zurück nach Ascholding in ihr Elternhaus. Hinter ihrem Schreibtisch hängen Werbeplakate ihrer Bücher, zwei Regale sind voll mit Belegexemplaren. Stolz zieht Münzer die chinesische Ausgabe ihres Bestsellers „Honigtot“ hervor. Die meisten ihrer bisher erschienenen 15 Romane spielen in der Zeit des Dritten Reichs. Sie handeln von Liebe und Verrat, von starken Frauen und moralischen Irrwegen. Was sie als bekennende Pazifistin immer wieder „umtreibt, ist die Frage: Wo kommt das Böse her und wie kann man es verhindern?“ Schon als Kind habe sie sich sehr für Geschichtliches interessiert. Und Bücher verschlungen: „Am liebsten Indianergeschichten, so hieß es halt damals. Ich war verliebt in den letzten Mohikaner.“
Eine Bücherratte war sie immer schon, aber keine Stubenhockerin. Im Winter fuhr sie Skirennen, im Sommer trainierte sie in einer Leichtathletikmannschaft. „Wenn meine Eltern keine Zeit hatten, mich zum Training zu fahren, bin ich mit den Spikes über dem Kopf durch die Isar nach Geretsried gewatet. Oder ich bin getrampt“, erinnert sie sich lachend. Sie erzählt von den gefühlt endlosen heißen Sommermonaten ihrer Kindheit am Mooshamer Weiher, von der ersten Klasse in der Ascholdinger Dorfschule, dem Gasthaus ihrer Eltern früher in Wolfratshausen. „Meine Mutter ist mein großes Vorbild. Sie war Unternehmerin, hat mir vorgelebt, dass man etwas erreichen kann, wenn man es anpackt.“
Die Liebe führte sie erst nach Stuttgart, dann in die ewige Stadt
Nach dem Realschulabschluss wollte sie unbedingt in die USA, wo sie ein Jahr eine Highschool in Seattle besuchte. Fürs Studium oder eine Ausbildung fehlte ihr danach irgendwie die Zeit, sagt sie. „Meine Abenteuerlust kam immer dazwischen. Ich wollte raus, die Welt entdecken und frei sein.“ Die Liebe führte sie erst nach Stuttgart, später nach Rom. Zuletzt arbeitete Münzer als Vorstandssekretärin im Sixt-Konzern in Pullach. „Am Wochenende habe mich oft hingesetzt und geschrieben. Das ist für mich Entspannung und auch ein bisschen Therapie.“
Ihr erster Roman, „Seelenfischer“, lag allerdings sechs Jahre in der Schublade. Bis Münzer 2013 ihren Job kündigte, weil sie sich um ihren kranken Mann kümmern wollte. „Da dachte ich, ich könnte jetzt mal mein Buch bei Amazon hochladen.“ Prompt wurde es zum Verkaufsschlager der E-Book-Charts.
Die Erfolgsgeschichte
Hanni Münzer gilt als eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen der Gegenwart. 2013 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Die Seelenfischer“ zunächst als E-Book im Eigenverlag. Die ungewöhnlich hohen Verkaufszahlen machten renommierte Verlage auf sie aufmerksam. Ihr Roman „Honigtot“ war 2014 das meistverkaufte Buch bei Amazon in Deutschland und schaffte es in die Top Ten der Spiegel-Bestsellerliste. Inzwischen erscheinen ihre Bücher – meist mehrteilige Familiensagas – in 18 Ländern und verkaufen sich millionenfach.
Die 61-Jährige ist in Wolfratshausen geboren und lebt nach Stationen in Seattle, Rom und Stuttgart mit ihrem Mann in der Gemeinde Dietramszell.
Seither veröffentlicht sie im Schnitt mindestens ein Buch pro Jahr – längst nicht mehr als sogenannte Indie-Autorin in Eigenregie, sondern bei namhaften Verlagen. An drei neuen Romanen arbeitet sie aktuell in ihrem Schreibkeller. Obwohl sie, wie sie sagt, Angst vor elektromagnetischer Strahlung hat und wenig von der zunehmenden Digitalisierung hält, macht sie das am Computer – ohne Internet allerdings: „Das interessiert mich nicht. Oft stimmt das ja auch gar nicht, was da drinsteht.“
Großes Interesse an Geschichte
Zur Recherche nutzt sie am liebsten zeitgenössische Biografien. Ihr Arbeitszimmer ist voll davon. Beim nachmittäglichen Treffen in ihrem Garten erzählt sie mit ansteckender Begeisterung von historischen Zusammenhängen und ihren Auswirkungen auf unser heutiges Leben. Gestikulierend fliegen ihre Hände durch die Luft; die selbstgebackene Beerentorte vor ihr auf dem Tisch muss warten. Fürchtet sie angesichts der aktuellen Bedrohungen, dass sich Geschichte wiederholt? „Ich versuche immer positiv zu bleiben. Der Mensch ist derselbe wie vor 2000 Jahren, aber gesamtgesellschaftlich sind wir heute ein ganzes Stück weiter. Hoffe ich.“
Hanni Münzer hat ihr Hobby zum Beruf gemacht
In Dietramszell leben zu dürfen, mache sie glücklich, sagt sie. „Ich liebe es, im Garten zu wühlen, mit meinem Hund in der Natur spazieren zu gehen, ohne Handy, und jeden Tag joggen zu gehen.“ Sie sei dankbar, dass sie ihr Hobby zum Beruf machen konnte. „Ich freue mich jeden Morgen darauf, in den Keller zu gehen und meine Gedanken niederzuschreiben.“ (Clara Wildenrath)