Zerstörte Messgeräte, demolierte Schilder und gestohlene Mülltonne
Zoff im Eurasburger Ortsteil Berg: Eigentlich gilt dort Tempo 30. Nicht wenige Autofahrer rauschen dort aber viel zu schnell durch, findet Tobias Vetter.
Eurasburg – Tobias Vetter blickt aus seinem geräumigen Wohnzimmer auf grüne Wiesen und bewaldete Hügel, manchmal grasen hier auch Kühe. Idylle, so weit das Auge reicht. Trotzdem ist der 47-Jährige genervt. Denn vor seinem Haus an der Happerger Straße im Eurasburger Ortsteil Berg gilt eigentlich Tempo 30. Eigentlich heißt: Nicht wenige Autofahrer rauschen hier viel zu schnell durch, hat Vetter festgestellt. „Teilweise wird mit über 90 Kilometern pro Stunde gefahren.“ Egal ob Pkw oder Lieferverkehr: Vetter hat das mit einer App namens „SpeedClock“ gemessen. 60 bis 80 Fahrzeuge fahren hier täglich durch, schätzt er.
Vetter fühlt sich nicht ernst genommen
Er ist deshalb in der Eurasburger Gemeindeverwaltung vorstellig geworden, fühlt sich dort aber nicht ernst genommen. „Man will die Bürger hier wohl für dumm verkaufen“, mutmaßt er. Von einem „Schildbürgerstreich“ ist unter anderem die Rede. Dabei geht es um eine durchgeführte Verkehrsmessung, die ergeben hat, dass auf der Happberger Straße durchschnittlich mit Tempo 25 gefahren wird. „Bei dieser Messung wurden sämtliche Fußgänger und Radfahrer mit gemessen“, wundert sich Vetter. Bürgermeister Moritz Sappl widerspricht: „Es werden nur Fahrzeugbewegungen über einer Geschwindigkeit von fünf km/h erfasst. Die Auswertung erfolgt dann über Fahrzeuge pro Geschwindigkeit, somit haben Fußgänger keine Relevanz, zur Bewertung werden nur Fahrzeuge ab 30 km/h bewertet und relevant.“
Der Konflikt hat mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt. Am 27. Februar des vergangenen Jahres hatte sich Tobias Vetter in einem Schreiben an das Rathaus gewendet, seit anderthalb Jahren wohnt er zu diesem Zeitpunkt schon hier. Es erfolgte daraufhin die Installation einer mobilen Geschwindigkeitsanzeige, die laut Vetter aber eine Weile überhaupt nicht funktionstüchtig gewesen sei.
Nachbarn bestätigen Beobachtungen
Der 47-Jährige steht mit seinem Unmut nicht alleine. In der Nachbarschaft bestätigen Anwohner gegenüber unserer Zeitung dessen Beobachtungen. „Von zehn Autos fährt ein halbes 30“, hat einer, der namentlich nicht genannt werden will, beobachtet. Anonym will er bleiben, „weil ich nicht will, dass die mir hier auch die Mülltonnen klauen“. Die – das sind Mitbürger, die recht aggressiv gegen Vetters Tempo-30-Ansinnen vorgehen. So wurden bereits ein entsprechendes Verkehrsschild demoliert, ein Messgerät umgerissen und in die angrenzende Weide geworfen. Mittlerweile scheint in Berg eine Art Kulturkampf in Sachen Geschwindigkeitsbegrenzung entbrannt zu sein. So hat Vetter 2024 auf seine Papiermülltonne einen Aufkleber („Hier gilt 30 – Danke“) angebracht. „Offensichtlich schien dies die Berger so zu provozieren, dass sie in der Nacht auf den 27. Juli die Tonne stahlen und auf einer Kreuzung abstellten. Daraufhin habe ich die Mülltonne zurückgeholt, mit einer Stahlkette gesichert und an ein Alarmsystem angeschlossen. Heute Nacht um 1.57 Uhr haben zwei junge Männer mit Bolzenschneider die Kette durchtrennt und die Mülltonne abermals gestohlen“, schilderte Vetter in einer Mail vom 23. August 2024 an Bürgermeister Sappl. Es sollte nicht die letzte Mail sein.
Der Rathauschef erklärt auf Nachfrage, dass er ein Gespräch mit Vetter im Sommer 2024 geführt habe. Denn „er hatte Mülltonnen dauerhaft auf die Straße gestellt, um diese zu verengen und die Geschwindigkeit zu reduzieren. Hier waren wir uns schnell einig, dass dies nicht geht.“
Nachbar wundert sich über Aggression
Andreas Dämmig, ein Nachbar Vetters, sagt. „Viele Leute sehen die Durchsetzung einer Tempo-30-Zone hier wohl als persönlichen Angriff.“ Er wundere sich über die Aggression, die vorherrsche: „Ich habe einen zweijährigen Sohn, wenn der hier auf die Straße läuft. Das macht mir Sorge.“
Die macht sich auch Moritz Sappl: „Mit der zuständigen Verkehrspolizei wurde die Situation erörtert“, erklärt der Rathauschef. Messungen dürften frühestens 150 bis 200 Meter nach Beginn der Geschwindigkeitsreduzierung durchgeführt werden, somit seien die Kontrollmöglichkeiten beschränkt. Die Happerger Straße ist knapp 400 Meter lang. Ein Vorschlag Vetters, dass die Zufahrt nach Happerg nur noch über Rohr oder Degerndorf erfolgt, sei so nicht möglich. Sappl: „Die umliegenden Flächen sind landwirtschaftlich genutzter Bereich, Zufahrten und überörtliche Verbindung. Das Verkehrsaufkommen ist an dieser Stelle als gering einzustufen.“
Jüngst fand dann doch eine Verkehrskontrolle statt. Am 28. Juli schreibt Tobias Vetter: „Heute wurde von 11 bis 14 Uhr geblitzt.“ Der Erfolg, so der 47-Jährige zwei Tage später: Es seien gleich mehrere Verkehrsteilnehmer erwischt worden – darunter ein Pkw, ein Paketbote und ein landwirtschaftliches Fahrzeug.
vc
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