Selbstbestimmungsgesetz geht durch den Bundestag – Abstimmung über Ampel-Vorhaben in Kürze
„Wechsel vom Mann zur Frau durch Zuruf“, kritisiert die CDU, die Ampel sieht darin die „freie Entfaltung der Persönlichkeit“: Das Selbstbestimmungsgesetz kommt nun zur Abstimmung in den Bundestag.
Berlin – Es gilt als sehr umstritten und wird vor allem von der Opposition stark kritisiert: das Selbstbestimmungsgesetz. Am Freitag entscheidet der Bundestag über das von der Ampel-Regierung eingebrachte Gesetz. Das Plenum stimmt gemäß aktualisierter Tagesordnung namentlich über das Gesetz ab. Darauf hatten sich die Fraktionen am Dienstagabend geeinigt. Das Selbstbestimmungsgesetz sieht Erleichterungen zur Änderung von Geschlechtseinträgen vor. Künftig sollen Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen per Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern können.
Selbstbestimmungsgesetz im Bundestag – der aktuelle Stand
Die bisherige Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung dafür vorzulegen, soll wegfallen. Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz soll das bislang geltende Transsexuellengesetz abgelöst werden. Die Neuregelung soll auch für nichtbinäre Personen gelten – Menschen also, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
Bislang müssen sich Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen, einem langwierigen und kostspieligen Verfahren unterziehen. Verbände, die die Rechte von Transmenschen vertreten, kritisieren das Prozedere seit Jahren als demütigend und begrüßen die neue Gesetzesinitiative. Scharfe Kritik am geplanten Gesetz übten zuletzt dagegen AfD und Union. Sie befürchten, dass Geschlechtseinträge dadurch künftig willkürlich geändert werden könnten.
Kann man jährlich sein Geschlecht ändern? Selbstbestimmungsgesetz soll Lage reformieren
Nach heftigen Debatten sind einige Verschärfungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung eingeflossen. So soll eine Voraussetzung für die Änderung des Eintrags sein, dass diese drei Monate im Voraus beim zuständigen Standesamt angemeldet werden muss. Für Jugendliche unter 15 Jahren soll nur der gesetzliche Vertreter die Erklärung abgeben können. Eine jährliche Änderung ist möglich: Der Geschlechtseintrag kann nach einem Jahr Sperrfrist geändert werden. Eine Expertin sieht jedoch keine Gefahr von „inflationärer Nutzung“.
Sollte der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz am Freitag absegnen, gilt es als beschlossen. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich. Das Gesetz soll planmäßig am 1. November 2024 in Kraft treten.
„Blauäugig“: Kritik am Selbstbestimmungsgesetz aus den Reihen der CDU
Das Selbstbestimmungsgesetz steht seit jeher in der Kritik. Zuletzt hatte die brandenburgische Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) das von der Bundesregierung geplante Selbstbestimmungsgesetz als „blauäugig“ kritisiert. Der Gesetzentwurf enthalte keinen Schutz vor einem Missbrauch. Nach dem Entwurf der Ampel-Regierung soll jeder Mensch in Deutschland künftig sein Geschlecht und seinen Vornamen selbst festlegen und einfach beim Standesamt ändern können. Ob dieses Gesetz in Kraft tritt, wird in den kommenden Monaten vom Bundestag entschieden.
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„Was passiert, wenn eine Person, die ausweislich der Personalpapiere eine Frau ist, aber biologisch und äußerlich ein Mann, sich Zugang zu für Frauen besonders geschützten Bereichen verschaffen will?“, schrieb die Ministerin im Nordkurier. „Ich denke nur beispielhaft an Umkleidekabinen, Duschen und Saunen für Frauen.“ Für die Betreiber von Einrichtungen könnten sich damit bei der Einlasskontrolle kaum lösbare Fragen stellen, kritisierte Hoffmann.
Paus zu Selbstbestimmungsgesetz: „Garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit“
CDU-Rechtsexperte Günter Krings sagte zudem gegenüber Bild.de: „Ein Wechsel vom Mann zur Frau durch Zuruf auf dem Standesamt – und die Möglichkeit zur jährlichen Wiederholung des Wechsels – wird der Bedeutung des Geschlechts in unserer Rechtsordnung nicht gerecht.“
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) lobte den Gesetzentwurf: „Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Das gilt auch für die Geschlechter“, so Paus. Und weiter: „Darüber selbstbestimmt entscheiden zu können, dieses Menschenrecht zu verwirklichen, das entspricht einem freiheitlichen Rechtsstaat.“ (dpa/jako)