Ein Tourismus-Hotspot in Italien schreibt Rekordzahlen. Mit neuen Einschränkungen soll der Besucheransturm nun aber reduziert werden – auch aus Sicherheitsgründen.
Pompeji – Bis zu 45.000 Menschen sollen in der antiken Stadt Pompeji gelebt haben – ehe eine der berühmtesten Naturkatastrophen der Weltgeschichte die Bevölkerung auf null reduzierte. Tausende Jahre später schlenderten in einem Sommer über vier Millionen Besucher durch die Überreste der Stadt im Schatten des Vesuv-Vulkans. Ein nicht ganz gewünschter Bevölkerungsboom. Die Leitung des Archäologieparks will deshalb schon bald nicht mehr uneingeschränkten Zutritt zum italienischen Weltkulturerbe erlauben – auch zum Schutze der Besucher selbst.
Massentourismus in Italien: Nächste beliebte Touristenattraktion schränkt Zugang ein
In der Spitze 36.000 Besucher an einem Tag, über den ganzen Sommer waren es vier Millionen – ein Rekord für den Touristen-Hotspot in Italien. Doch die Besuchermassen lassen nicht nur die Kassen klingeln, sondern jetzt auch die Alarmglocken läuten. Der deutsche Direktor des Archäologieparks, Gabriel Zuchtriegel, sieht darin eine Situation, die „eine Gefahr sowohl für die Menschen – etwa im Falle eines Erdbebens – als auch für das einzigartige und zerbrechliche Kulturerbe darstellen kann“, wie er der italienischen Zeitung La Repubblica erklärte.
Erste und wichtigste Maßnahme, die bereits ab dem 15. November in Kraft tritt: Täglich dürfen maximal nur noch 20.000 Menschen durch die Ruinen der antiken Stadt laufen, die im Jahr 79 vom feurigen Ausbruch des Vesuvs begraben wurde. Zur besseren Kontrolle werden die Tickets zudem personalisiert und fest einzelnen Touristen zugeordnet. In der Hochsaison 2025 (April bis November) soll der Zugang zudem auf verschiedene Zeitfenster aufgeteilt werden.
Touristen im Schatten des Supervulkans: Erdbeben bedroht Besucher und Bewohner in Neapel
Die Sorge vor starken Erdbeben in der Region ist nicht unbegründet: Nicht nur wird die Region Neapel und der heutige Ort Pompei mit seiner historischen Ausgrabungsstätte vom Supervulkan Vesuv bedroht. Weiter nordwestlich in der Küstenstadt befindet sich mit den Phlegräischen Feldern ein hochaktives Vulkanfeld, das ebenfalls als Supervulkan eingestuft wird. Noch im Juli zeigte das Gebiet sein furchteinflößendes Potenzial: Durch das Erdbeben der Stärke 4,0 brach sogar eine Steilküste ab – direkt vor den Badegästen.
Zuletzt ließ daher auch ein kühner Vorstoß von Wissenschaftlern nicht nur vulkanfürchtige Neapolitaner aufhorchen, sondern auch Experten. Die Pläne, dem Vulkanfeld durch gezielte Bohrungen Abhilfe zu verschaffen, könnten laut Vulkanologe und Vesuv-Experte Giuseppe Mastrolorenzo ein „potenziell verheerendes Erdbeben“ auslösen und „alle Ebenen der Phlegräischen Felder könnten zur Todeszone werden.“
Nach Pompeji und dem Zweiten Weltkrieg: Supervulkan Vesuv seit Jahrzehnten still
Während die geologischen Begebenheiten unter des benachbarten Vesuvs sicher zur unruhigen Lage beitragen, ist der Lava spuckende Mund des Supervulkans seit 80 Jahren still. Im Zweiten Weltkrieg wurden beim letzten Ausbruch 80 B-25-Bomber der US-Armee auf der Nahe gelegenen Flugbase zerstört. 26 Menschen starben aufgrund von Verletzungen oder durch Erstickung während der Evakuierung. Die rund 24.000 Einwohner des modernen Pompeji werden sicherlich hoffen, dass der Gigant noch lange ruhig bleibt – und es zu keiner Wiederholung des historischen Ausbruchs im Jahr 79 kommt, der die römische Vorgängerstadt begrub.
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Leitung der Unesco-Stätte will angenehmen Tourismus und keinen Overtourism in Pompeji – wie Venedig
Das ganz aktuelle Problem heißt also eher: Massentourismus. Den will man im Archäologischen Park Pompeji nicht völlig einstampfen, mit den geplanten Maßnahmen aber zumindest etwas regulieren. „Wir streben einen langsamen, nachhaltigen, angenehmen und nicht massenhaften Tourismus an, der sich auf das gesamte Gebiet um die UNESCO-Stätte erstreckt“, betonte Zuchtriegel.
Viele italienische Städte kämpfen mit dem Phänomen des Massentourismus. Insbesondere die Lagunenstadt Venedig im Norden Italiens gilt als Musterbeispiel für „Overtourism“. Sie hat sich eine Strategie einfallen lassen: Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig seit diesem Jahr an manchen Tagen Eintritt von Kurzbesuchern: bislang fünf Euro. Künftig wird es bis zu doppelt so teuer.
In Pompeji will man den Besucherandrang nicht ausschließlich beschränken, sondern zudem besser verteilen. Man plant, die Ausgrabungsstätten rund um den Vesuv auszubauen, attraktiver zu gestalten und so in die Führungen einzubinden. Die Orte mit den wohlklingenden Namen Boscoreale, Torre Annunziata, Villa dei Misteri, Civita Giuliana und Stabiae bezeichnet Zuchtriegel als „kulturelle Juwelen“, die nur darauf warteten, erforscht zu werden. (stma mit Material der dpa)