Ukrainische Flüsse verseucht: Verfolgt Putin eine perfide Kriegstaktik?

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Russland wird beschuldigt, vorsätzlich Chemieabfälle in Flüsse in der Ukraine zu leiten, um die Wasserversorgung anzugreifen.

Kiew – Es ist so etwas wie das vergessene Opfer des Ukraine-Kriegs: Die Natur. Denn während täglich über die Zahl der Todesopfer, die eingesetzten Waffen und die eroberten Gebiete berichtet wird, stehen die Schäden an der Flora und Fauna weniger im Fokus. Doch auch die sind erheblich. Und Russland könnte diese nutzen, um sich einen weiteren Vorteil im Krieg zu verschaffen.

Denn wie mehrere Medien berichteten, soll Moskau bereits die zwei Flüsse Seim und Desna absichtlich kontaminiert haben, um die ukrainische Wasserversorgung zu stören. Mehr als 30 Tonnen tote Fische wurden bisher aus den Gewässern geborgen.

„Alles ist tot, vom kleinsten Elritzen bis zum größten Wels“, berichtet der Anwohner Erhiy Kraskov gegenüber dem Guardian. Kraskov ist Bürgermeister des Dorfes Slabyn in der nördlichen ukrainischen Region Tschernihiw am Fluss Desna. Und es ist nicht der erste Vorfall.

Wegen giftigem Ölteppich aus russischer Zuckerfabrik: Ökosystem des Fluss Desna zerstört

Bereits Mitte August wurde ein giftiger Ölteppich auf dem Fluss Seim kurz vor der ukrainischen Grenze entdeckt. Nach Angaben Kiews wurden große Mengen chemischer Abfälle aus einer russischen Zuckerfabrik in den Seim gekippt. Darin enthalten: Ammoniak, Magnesium und andere schädliche Nitrate.

Da die ukrainische Grenze nur weniger als zwei Kilometer entfernt ist, gelangte der Ölteppich in die Region Sumy und floss in die Desna. Das natürliche Ökosystem des Flusses brach zusammen. Fische, Weichtiere und Flusskrebse erstickten, der Sauerstoffgehalt sank auf fast null.

Vorteil im Ukraine-Krieg: Russland soll gezielt die Trinkwasserversorgung angreifen

Im Raum steht der Verdacht, Russland habe die Flüsse mit Absicht vergiftet, um die Trinkwasserversorgung anzugreifen. Denn die Desna fließt in einen Stausee in der Region Kiew, aus dem Millionen Menschen ihr Trinkwasser beziehen. „Es gibt einen Unterschied zwischen einer Naturkatastrophe und einer von Menschen verursachten Katastrophe. Dies war ein Ablenkungsmanöver. Russlands ökologischer Genozid wird nicht enden, bis der Krieg endet“, sagt Serhiy Zhuk Leiter der Umweltinspektion von Tschernihiw gegenüber dem Guardian.

Auch die ukrainische Ministerin für Umweltschutz Switlana Hrynchuk sieht einen absichtlichen Angriff Russland hinter der Verschmutzung: Diese sei Teil eines düsteren Musters, zitiert sie das Magazin.

Umweltministerium gibt Entwarnung: Wasserversorgung in Kiew weiterhin sicher

Hrynchuk gab aber Entwarnung: Die Wasserversorgung in Kiew sei weiterhin sicher. Es seien verschiedene Sondermaßnahmen ergriffen worden, um die Nitrate zu beseitigen. So seien 120 Tonnen Reinigungsmittel importiert und Netze über die Desna gespannt worden, um tote Fische zu fangen. In der Region Kiew sei jedoch keiner aufgetaucht. Außerdem werde das Wasser routinemäßig gereinigt, bevor es für den Hausgebrauch entnommen werde, sagte sie.

Wasserknappheit
Die Wasserversorgung in Kiew ist laut dem Umweltministerium nicht gefährdet. © Emilio Morenatti/AP/dpa

Laut Hrynchuk sei dieser jüngste Vorfall Teil eines düsteren Musters. Russische Truppen hätten Nationalparks in besetzten Gebieten zerstört, Tiere getötet und Tausende Hektar Wald vermint. Explosionen haben Waldbrände verursacht, ein Problem, das durch das jüngste heiße Wetter noch verschärft wurde.

Greenpeace schlägt Alarm: Nicht nur Flüsse sind gefährdet

Auch die Umweltorganisation Greenpeace machte in der Vergangenheit immer wieder auf die Umweltschäden durch den russischen Angriffskrieg aufmerksam. Unter anderem beobachtet die Organisation die Situation am russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja. Die Organisation hatte in den 1990er Jahren ein Büro in Kiew unterhalten. Mit Beginn des Krieges 2022 sei die Arbeit wieder verstärkt worden, hieß es nun. (bg).

Auch interessant

Kommentare