Iran steuert auf nächsten US-Konflikt zu – Urananreicherung als „Nationalstolz“
Irans Außenminister stellt klar: Urananreicherung bleibt eine rote Linie. Die USA antworten mit deutlichen Drohungen gegen Teheran.
Teheran/Washington, D.C. – Der Streit über das iranische Atomprogramm steht vor einer neuen Eskalation. Nach den verheerenden US- und israelischen Angriffen auf iranische Nuklearanlagen Mitte Juni im Rahmen des Israel-Iran-Konflikts hält Teheran unbeirrt an der Urananreicherung fest und stellt die Auseinandersetzung mit den USA damit auf eine neue Stufe – und das ganz offen als „Frage des Nationalstolzes“.
Iran steuert wegen Urananreicherung auf nächsten US-Konflikt zu
„Es ist klar, dass wir die Anreicherung nicht aufgeben können, da es sich um eine Errungenschaft unserer Wissenschaftler handelt. Und mehr noch, weil es eine Frage des Nationalstolzes ist“, erklärte Irans Außenminister Abbas Araghtschi in einem Interview mit Fox News.
Die Arbeiten an der Urananreicherung seien zwar derzeit gestoppt, die Schäden nach den US-Angriffen auf die Anlagen seien „schwerwiegend und ernst“, so Araghtschi weiter. Die nationale iranische Atomenergiebehörde prüfe aktuell das Ausmaß der Zerstörung. Doch ein genereller Verzicht auf das Nuklearprogramm komme für Teheran nicht infrage: „Wir können niemals darauf verzichten. Das ist unsere rote Linie.“
Iran offen für Gespräche – fordert aber Aufhebung der Sanktionen
Gleichzeitig betonte Araghtschi, dass der Iran grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sei. „Wir sind bereit, jede vertrauensbildende Maßnahme zu ergreifen, die nötig ist, um zu beweisen, dass das iranische Atomprogramm friedlich ist und für immer friedlich bleiben wird“, so Araghtschi. Im Gegenzug erwarte der Iran die Aufhebung der US-Sanktionen.
Die Gespräche mit den sogenannten E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) sind für Freitag in Istanbul geplant. Dabei werden jedoch Fachleuten zufolge keine Durchbrüche erwartet, da das Misstrauen nach den jüngsten Angriffen groß ist.
Trump droht mit erneuten Angriffen auf Irans Atomanlagen
US-Präsident Donald Trump verschärfte den Ton nach dem Interview deutlich. Er schrieb auf Truth Social: „Irans Außenminister, Abbas Araghtschi, über die iranischen Nuklearanlagen: ‚Die Schäden sind sehr schwerwiegend, sie sind zerstört.‘ Natürlich sind sie das, genau wie ich gesagt habe, und wir werden es wieder tun, falls nötig!“
Trump wertete die Aussagen als Beleg für die Zerstörungskraft der US-Militärschläge und kündigte bei einer Wiederaufnahme der Urananreicherung weitere Angriffe an: „Wir werden wieder zuschlagen, falls nötig!“
Atomkonflikt Iran–USA: Die aktuellen Positionen im Überblick
Thema | Iran | USA/Trump |
---|---|---|
Urananreicherung | Wird trotz schwerer Schäden nicht aufgegeben („Nationalstolz“) | Fordert vollständigen Stopp, droht mit weiteren Angriffen |
Status Atomprogramm | Momentan gestoppt, Wiederaufbau angekündigt | Sieht Ziel der Angriffe erreicht, beharrt auf Kontrolle |
Position zu Gesprächen | Offen für Verhandlungen, erwartet Aufhebung der Sanktionen | Verlangt harte Bedingungen, lehnt Zugeständnisse ab |
Aktuelle Entwicklung | Gespräche mit E3-Staaten in Istanbul geplant | Trump droht bei Wiederaufnahme mit neuen Luftschlägen |
Quellen: Reuters, dpa, New York Post, Newsweek.
Irans Atompolitik: Zwischen Verhandlungen und Drohkulisse
Der Iran betont, sein Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. „Wenn das Ziel ist, sicherzustellen, dass Iran niemals Atomwaffen besitzt, ist das erreichbar. Aber wenn das Ziel ist, Iran das Recht auf Anreicherung zu nehmen, wird es Schwierigkeiten geben“, so Araghtschi weiter gegenüber Fox News.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat laut eigenen Angaben aktuell „keinen glaubwürdigen Hinweis auf ein aktives, koordiniertes Waffenprogramm im Iran“, schreibt Reuters. Dennoch drohen die E3-Staaten und die USA weiter mit der Wiedereinführung internationaler Sanktionen, sollte Teheran nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Iran will schnell reparieren – neue Fronten mit Europa
Iran hat angekündigt, die beschädigten Atomanlagen schnell zu reparieren. Zudem laufen parallel trilaterale Gespräche mit Russland und China, um sich gegen den westlichen Druck zu wappnen. Die Zeit drängt: Mitte Oktober läuft das Atomabkommen von Wien – wenn auch praktisch tot – formal aus. Die E3-Staaten könnten dann beim UN-Sicherheitsrat die Rückkehr zu alten Sanktionen beantragen.
Der iranische Außenminister bleibt bei seiner Linie: Urananreicherung ist und bleibt für Teheran ein Symbol der Unabhängigkeit und „des nationalen Stolzes“. Die USA und Präsident Trump setzen dagegen auf maximale Abschreckung – notfalls mit weiteren Militärschlägen. Die kommenden Verhandlungen in Istanbul sind damit bereits vor dem Start mit einer schweren Hypothek belastet. (chnnn/dpa/AFP)