„Müssen überleben“: Gasthäuser geben Preissteigerungen an Gäste weiter

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Zwei Sätze: Sieben Prozent gibt’s nur für Essen to go. Für alles andere gelten wieder 19 Prozent. © Sina Schuldt/dpa

Die Gastwirtschaften im Landkreis München müssen ihre Preise anheben, um zu überleben. Aber nicht nur die erhöhte Mehrwertsteuer ist dafür verantwortlich. Es spielen noch andere Faktoren eine Rolle.

Landkreis – Mit Blick auf die Rechnung hat den ein oder anderen nach dem Sonntagsbraten im Lieblingsgasthaus im neuen Jahr der Schlag getroffen. Die Schonfrist ist vorbei. Die Regierung hatte die Mehrwertsteuer wegen der Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation auf sieben Prozent gesenkt. Jetzt liegt die Steuer bei den Speisen wieder bei 19 Prozent. Die Wirte im Landkreis haben keine Angst vor leeren Tischen. Aber was sie fürchten, ist eine unendliche Preissteigerung.

Brauereigasthof in Aying

Angela Inselkammer (65) gehört der Brauereigasthof in Aying. Gleichzeitig ist sie Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Im Ayinger Bräustüberl kostet der Schweinsbraten seit dem Neujahrstag 15,60 Euro. „Wir haben alle unsere Speisen um zwölf Prozent angehoben“, sagt Inselkammer. Die Getränke sind gleichgeblieben. Sie hätten nur das Plus der Mehrwertsteuer draufgeschlagen. „Wir wollen faire Preise anbieten“, sagt die Präsidentin. „Aber wir müssen auch überleben.“

15,60 Euro kostet der Schweinsbraten jetzt im Ayinger Bräustüberl. Der Teufelskreis der Preissteigerung bereitet Inhaberin und Dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer große Sorge.
15,60 Euro kostet der Schweinsbraten jetzt im Ayinger Bräustüberl. Der Teufelskreis der Preissteigerung bereitet Inhaberin und Dehoga-Präsidentin Angela Inselkammer große Sorge. © ot

Die letzte Erhöhung gab es im Sommer. Die nächste wird es vermutlich Mitte des Jahres geben. Die Lieferanten würden kontinuierlich die Lebensmittelpreise erhöhen. Wenn jetzt die doppelte Mautpauschale hinzukommt, werde das noch mehr werden. „Wir kalkulieren sehr knapp“, so Inselkammer. „Die Marge in der Gastro ist extrem gering.“ Das Teuerste sei die Dienstleistung. Personalkosten machen laut Inselkammer 50 Prozent aus, Energiekosten bis zu zehn Prozent.

Teufelskreis der Preissteigerung

Der Teufelskreis der Preissteigerung bereitet Inselkammer große Sorgen. Sie sagt: „Wir erhöhen die Kosten bei den Menschen, die viel arbeiten.“ Die Bundesregierung gebe die Haushaltsprobleme an die arbeitende Bevölkerung weiter. Statt 100 Millionen für den Klimafonds auszugeben oder falsche Anreize mit dem Bürgergeld zu setzen, müsse die Regierung die arbeitende Bevölkerung entlasten. Die Gastro-Präsidentin will entschlossen andere Wege aufzeigen. Die Wirtschaft sei ein Treffpunkt für die Gesellschaft, weswegen sich dort jeder eine Mahlzeit und ein Getränk leisten können müsse. „Es muss immer mindestens ein einfaches günstiges Gericht geben.“ Im Ayinger Bräustüberl sind das die Kässpatzen für 12,25 Euro.

Die bayerische Regierung stehe geschlossen hinter der Gastrobranche, aber nicht die Bundesregierung. „Wir demonstrieren mit den Landwirten gegen die Agrarpolitik“, sagt Inselkammer. Die Ampel-Regierung will im Rahmen der Haushaltsparmaßnamen die Agrar-Subventionen kürzen. Doch wenn die Lebensmittel aus unserer Landwirtschaft teurer würden, betreffe das auch die Gastronomie.

Locanda Bisignano in Feldkirchen

Mario Belsito (62) führt seit 19 Jahren die Pizzeria Locanda Bisignano in Feldkirchen. Seine Preise hat er zum 1. Januar nicht erhöht. Die letzte Anpassung war im Mai 2023. Die neue Speisekarte kostete 3000 Euro. Jetzt wieder eine neue, „das ist einfach zu teuer“. Heute kostet eine Salamipizza in der Locanda 8,50 Euro, vor einem Jahr waren es 50 Cent weniger. Das Helle hat Belsito um 20 Cent auf vier Euro angehoben. Der Italiener bereut die geringe Erhöhung. „Das war viel zu wenig“, sagt er. „Ich komme nicht drum herum, in ein paar Monaten wieder eine neue Speisekarte anfertigen zu lassen.“ Dann aber gleich um einen und zwei Euro. Mindestens die Gerichte mit Fleisch und Fisch. Nudeln mit Meeresfrüchten werden statt 13,50 Euro mindestens 15 Euro kosten. Einen Gästeschwund fürchtet Belsito nicht. Als er im letzten Jahr, die Preise anhob, blieb das Lokal voll. „Ich habe keine andere Wahl“, sagt er. Alles werde teurer. Jeden Monat erhöhe der Lieferant seine Preise. Der Blick auf die extra Nebenkostenrechnung in Höhe von 20 000 Euro hat ihn getroffen. Die Mehrwertsteuer sei nicht das größte Problem. Wenn er weiter überleben wolle, müsse auch er immer wieder die Preise angleichen.

Waldwirtschaft in Großhesselohe

Luciano La Rocca (32) und seine Frau leiten seit März 2022 die Waldwirtschaft Großhesselohe. Noch haben sie die Preise nicht angehoben. Nach dem Betriebsurlaub im Februar wird es eine neue Speisekarte geben. „Wir heben nicht pauschal alle Gerichte an“, sagt La Rocca. Bei Kinderkarte und Mittagsmenü werde sich nichts ändern. „Bei den Topsellern Fleischpflanzerl, Schnitzel und Schweinebraten halten wir den Preis.“ Doch das Rinderfilet heben sie um zwei Euro auf 36 Euro an. Genauso auch die Fischgerichte. Die La Roccas wollen nur das an die Kunden weitergeben, was die Lieferanten anheben. Wie seine Gastro-Kollegen fragt sich Luciano La Rocca, wo die Preisreise noch hingehen wird. Doch er sagt auch: „Irgendwie ist es noch immer weitergegangen.“

Hachinger Wirtshaus im Sportpark

Das von der SpVgg Unterhaching betriebene Hachinger Wirtshaus im Sportpark in Unterhaching hat die Preise nur bei wirklich kostenintensiven Speisen moderat erhöht. „Es ist uns wichtig, dass sich bei uns jeder ein Essen leisten kann“, sagt SpVgg-Präsident Manni Schwabl. „Wir wollen ein Ort der Begegnung sein.“ So sind die Klassiker auf der Speisekarte nach wie vor für hiesige Verhältnisse günstig. Der Schweinsbraten mit zwei Kartoffelknödeln kostet 10,90 Euro, das Wiener Schnitzel vom Schwein 12,90 Euro, der Leberkäse mit Ei und Bratkartoffeln sowie die Schinkennudeln jeweils 9,90 Euro. Die SpVgg beweist also, dass es auch anders geht. Die Getränkepreise bleiben unverändert. Die Halbe Bier kostet 3,80 Euro.

Schäffler Wirt in Aschheim

Mit zwei Partnern leitet Emmeran Haller (40) den Schäffler Wirt in Aschheim. Er sagt: „Die sieben Prozent Mehrwertsteuer hat uns Luft zum Atmen gegeben.“ Nur damit sei es gelungen, die enorme Kostensteigerung nicht eins zu eins an die Gäste weiterzugeben. Trotzdem hat er sich dagegen entschieden, jetzt die Preise zu erhöhen. Die Käsespätzle bleiben bei 11,90 Euro. Auch der Schweinebraten kostet weiter 14,50 Euro.

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