Kontroverse: Oberallgäuer Landrätin kandidiert für die Bundestagswahl 2025
Die Freien Wähler präsentierten ihre ersten vier Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025. Darunter ist auch die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller, sie möchte regionale Themen und Anliegen in Berlin stärker vertreten. Politiker aus der Region werfen ihr Amtsmüdigkeit und Flucht aus der Verantwortung vor. Indra Baier-Müller widerspricht entschieden.
Oberallgäu/München – Vergangenen Freitag stellten die Freien Wähler in einer Pressekonferenz in München die ersten vier Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025 vor. Neben dem bayerischen Wirtschaftsminister und Spitzenkandidaten Hubert Aiwanger will auch die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller in den Bundestag ziehen.
Das Ziel der Freien Wähler ist es, mit mindestens drei Direktmandaten in den Bundestag einzuziehen. Dies dürfte nach Aiwangers Einschätzungen auch gelingen. Er geht zudem davon aus, dass die Freien Wähler die Fünfprozenthürde überspringen. Aiwanger rechnet mit zwanzig plus X an Abgeordneten der Freien Wähler, die in den neuen Bundestag einziehen werden. Aiwanger appellierte an die CDU/CSU, die Freien Wähler nicht als Gegner zu sehen, „sondern als Partner für eine vernünftiger bürgerliche Koalition der Mitte“. Aiwanger wünscht sich einen politischen Neuanfang und eine Regierungsbeteiligung der Freien Wähler in einer Koalition aus CDU/CSU und FDP.
Bundestagswahl 2025: Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller will in den Bundestag
Auf der Pressekonferenz gab Landrätin Indra Baier-Müller ihren Beweggrund an, in die Bundespolitik zu gehen. Als Landrätin falle ihr auf, dass „wir immer wieder Konsequenzen tragen müssen, die aus der Bundespolitik heraus entschieden werden“ und betont die Wichtigkeit einer regionalen Stimme im Bundestag.
Als ein Beispiel nannte sie den Rechtskreiswechsel für die aus der Ukraine Geflüchteten. „Wir merken, dass die Gesundheitsversorgung dieser Bürger, die aus der Ukraine zu uns kommen, überhaupt nicht abgesichert war und wir als Kommunen hier hohe Summen zahlen müssen.“ Dies sei vorher alles nicht durchdacht gewesen. Auch das Thema Bildung beschäftigt Baier-Müller. Deutschland sei ein Bildungsland, aber im Moment sei da „vieles im Argen“. Schulen und Kindertagestätten, viele gebaut in den 1950er bis 1970er Jahren, würden hohe Investitionen benötigen, aber angesichts der wirtschaftlichen Lage und den wachsenden Schülerzahlen, „rollt ein großes Problem auf uns zu“. Dies könne man nur gemeinsam sowohl auf bundespolitischer als auch auf Landesebene lösen.
Grüne und CSU kritisieren Baier-Müller
Der Kreisvorstand der Oberallgäuer Grünen zeigt sich irritiert von der Kandidatur der Oberallgäuer Landrätin für den Bundestag. Frau Indra Baier-Müller müsse sich genau überlegen, ob und wie sie parallel ihre Pflichten in der Kommunalpolitik wahrnehmen und gleichzeitig Bundestagswahlkampf machen könne. „Der Landkreis befindet sich aktuell in einer prekären finanziellen Situation“, verweist Kreissprecher Thomas Gehring auf „enorme Kraftanstrengungen, die auf Kreistag und Verwaltung zukommen“. „Wir haben vor gut viereinhalb Jahren eine Vollzeit-Landrätin gewählt“, fordert die Fraktionsvorsitzende der Grünen-Kreistagsfraktion Christina Mader „volle Konzentration auf die Landkreisarbeit“.
In einer Pressemitteilung kritisierte der Vorsitzende der Oberallgäuer CSU-Kreistagsfraktion Joachim Konrad die Kandidatur Baier-Müllers. Dieser Schritt nach einer Amtszeit von gerade mal viereinhalb Jahren zeige überdeutlich, wie wenig sich Frau Baier-Müller mit der Aufgabe als Landrätin identifiziere. „Gerade in dieser Lage, in der wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen einen soliden Haushalt aufstellen müssen, ist es nur schwer erträglich, wenn die Landrätin wochenlang auf Marktplätzen im Landkreis Lindau Wahlkampf macht“, meint Konrad. Auch auf einem anderen Feld werde Führung benötigt, heißt es in der Mitteilung: „Nämlich für die Koordination der nach langen Diskussionen beschlossenen Organisationsentwicklung der Landkreisverwaltung. Immerhin 500.000 Euro kostet diese Maßnahme.“
Und nicht zuletzt das Megathema ÖPNV erfordere die volle Kraft der Landkreisführung. Hierfür brauche das Oberallgäu Entscheidungen und keine Flucht aus der Verantwortung. Wie wenig Rückhalt Indra Baier-Müller in den kommunalen Gremien genieße, hätte man vor Kurzem bei der Wahl der neuen Aufsichtsratsorgane beim Zweckverband für Abfallwirtschaft Kempten (ZAK) beobachten können. Zur Stellvertreterin wurde nicht Indra Baier-Müller, sondern recht deutlich die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christina Mader, gewählt. Vielleicht habe auch dieser Nackenschlag zur Amtsmüdigkeit nach dieser kurzen Zeit auf dem Landratssessel beigetragen.
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Baier-Müller kontert Kritik
Auf Nachfrage was sie von den Vorwürfen von „Amtsmüdigkeit“ und „Flucht aus der Verantwortung“ halte, antwortete die Landrätin gegenüber unserer Zeitung. Es sei spürbar, dass der Wahlkampf begonnen habe, daher überrasche das Statement von Joachim Konrad nicht: „Wenn ich amtsmüde wäre, würde ich in den vorzeitigen Ruhestand gehen und nicht in Berlin Verantwortung übernehmen wollen“. Auch während des Wahlkampfes werde Baier-Müller ihre Aufgaben als Landrätin unverändert wahrnehmen. „Das werden sicherlich andere Amtsträger (jeglicher Parteizugehörigkeit), die sich jetzt oder in ca. einem Jahr im Wahlkampf befinden, auch tun“, unterstreicht die Landrätin.
Falls sie kein Bundestagsmandat erhält, will Indra Baier-Müller Landrätin bleiben, versicherte sie unserer Zeitung. Und zwar deshalb, weil ihr das Oberallgäu wichtig sei: „Zudem wurde ich ja vor viereinhalb Jahren von den Oberallgäuerinnen und Oberallgäuern gewählt. Ich bringe gerade meine ganze Kraft in diese Arbeit ein, die mir viel Freude bereitet.“ Ihre Entscheidung zur Kandidatur sei jedoch der Wunsch, Oberallgäuer Themen und Anliegen in Berlin stärker zu vertreten. Deshalb sehe sie es als Chance, die Verantwortung an anderer Stelle zu übernehmen. „Ich werde, egal wo, meine ganze Kraft für meine Heimat einbringen. Darauf können sich die Oberallgäuerinnen und Oberallgäuer verlassen“, verspricht Baier-Müller.
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