Stromausfall an Ostern: Sorge vor Überlastung der Stromnetze durch Solarstrom wächst
Zu viel Solarstrom bei geringem Verbrauch kann die Stromnetze überlasten. Doch die Netzbetreiber tun sich schwer, eine langfristige Lösung zu finden.
Berlin - Es ist ein Schreckensszenario. Im Februar waren weite Teile Chiles stundenlang ohne Strom. Die Gefahr, dass so etwas auch in Deutschland passiert, ist sehr gering. Doch der Boom der Solarenergie im Zuge der Energiewende macht die Steuerung der Stromnetze immer schwieriger. Das zeigt unter anderem eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Demnach konzentriert sich die Solarstromproduktion stark auf die Mittagsstunden an sonnigen Tagen. So könne es in den Sommermonaten dazu kommen, dass die Photovoltaik (PV)-Speicher in den Stunden der höchsten PV-Erzeugung bereits voll geladen sind und die Anlagen dann mit voller Leistung ins Netz einspeisen.
Brownout-Gefahr an Ostern durch Solarstrom: Stromerzeugung könnte an Ostern Verbrauch übertreffen
Im ungünstigsten Fall fällt ein sonniger Tag auf einen Feiertag. Die Solarstromproduktion steigt, die Produktion der Wirtschaft steht weitgehend still, der Stromverbrauch sinkt drastisch. Nach einer Analyse von CFP Flexpower könnte die Stromerzeugung an Ostern 2025 den Verbrauch um bis zu drei Gigawatt übersteigen. Während die Nachfrage bei rund 40 Gigawatt liegen dürfte, könnten allein Solaranlagen mehr als 34 Gigawatt liefern. Hinzu kommen Kapazitäten aus Windkraft und konventionellen Kraftwerken.
Ein Szenario, das den Netzbetreibern Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Denn die lokalen Stromnetze könnten überlastet werden, im schlimmsten Fall droht ein Stromausfall. Von einem Blackout, also einem flächendeckenden, unvorhergesehenen und unkontrollierten Stromausfall wie in Chile, kann allerdings keine Rede sein.

Wahrscheinlicher ist ein Brownout, also eine gezielte und regionale Stromabschaltung durch einen Netzbetreiber. Dadurch kann ein Blackout verhindert und das Stromnetz stabilisiert werden. Das sei „ein reelles Risiko“, sagt etwa Lion Hirth, Energieökonom an der Hertie School in Berlin, der WirtschaftsWoche.
Dem widerspricht allerdings die Bundesnetzagentur, sie hält ein Brownout für sehr unwahrscheinlich. Die Netzbetreiber hätten sich auf viele mögliche Situationen gut vorbereitet, heißt es auf der Internetseite der Behörde. Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) sieht wegen regulatorischer Vorgaben und Normen auf der Ebene der EU und der Nationalstaaten keine erhöhte Gefahr eines Blackouts durch eine hohe Solarstromproduktion.
Brownout-Gefahr an Ostern durch Solarstrom: Anlagen lassen sich nicht einfach abschalten
Die vier großen Übertragungsnetzbetreiber Amprion, 50Hertz, Tennet und Transnet BW sowie die rund 900 lokalen Verteilnetzbetreiber haben die Aufgabe, ihre Netze im Gleichgewicht zu halten und Brownouts oder gar Blackouts zu verhindern. Sie bauen ihre Netze aus, um sie an stärkere Schwankungen anzupassen. Doch mit dem rasanten Wachstum der Solaranlagen können sie kaum Schritt halten.
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Eine große Herausforderung ist auch, dass die Netzbetreiber im Bedarfsfall nicht einfach einen großen Teil der Solarleistung ab- und wieder zuschalten können. Zwar dürfen sie Anlagen mit einer Leistung von mehr als 25 Kilowatt im Notfall per Fernabschaltung stilllegen. Doch das ist bei vielen Anlagen technisch gar nicht möglich. Bei kleinen Dachanlagen ist das auch erlaubt, aber hier gibt es das gleiche Problem. Gesteuert werden können nur Anlagen mit sogenannten Smart Metern, die aber noch selten installiert sind.
Brownout-Gefahr an Ostern durch Solarstrom: Batteriespeicher können für Netzstabilität sorgen
Zum anderen fehlt vielen Solarbetreibern der Anreiz, auf die Stromeinspeisung zu verzichten. Sie erhalten nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine feste Vergütung, auch wenn die Strompreise an der Börse ins Minus drehen. Dies wurde jedoch mit dem Solarspitzengesetz geändert, sodass die Vergütung für Strom aus neuen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als zwei Kilowatt bei negativen Strompreisen entfällt.
Batteriespeicher können einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Systeme, die nach Mai 2019 installiert werden, sind darauf ausgelegt, sowohl bei Über- als auch bei Unterfrequenz stabilisierend zu wirken. Laut VDI stehen in Deutschland mehr als zehn Gigawatt Speicherkapazität zur Verfügung, die flexibel einsetzbar sind und Schwankungen im Netz ausgleichen können.