Traditionsbetrieb meldet nach 129 Jahren Insolvenz an – „Drama für die Stadt“
Eine Welle von Insolvenzen rollt durch Deutschland. Jetzt hat es einen echten Traditionsbetrieb getroffen. Hunderte Angestellte bangen.
Hagen – Die deutsche Wirtschaft strauchelt, viele Firmen sind insolvent. Mit Hunderten Milliarden will die mögliche neue Regierung unter Friedrich Merz auch die Konjunktur ankurbeln. Doch für viele Betriebe könnte diese Hilfe zu spät kommen. Mit dem Hagener Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper (KPPP) muss ein weiterer Traditionsbetrieb Insolvenz anmelden.
Die Insolvenz wurde nach Angaben der Westfalenpost am Donnerstag, 6. März, offiziell beim Amtsgericht Hagen angemeldet. Eine lange Produktionstradition scheint damit vor dem Aus zu stehen - oder zumindest in Gefahr zu sein. Eine Stellungnahme der Geschäftsführung blieb bis jetzt (Stand Sonntag, 9. März) aus. Denn: Die Papierfabrik wurde bereits 1896 im Hagener Ortsteil Kabel gegründet. Nach zwei Übernahmen war Kabel dann ab 2016 wieder ein eigenständiges mittelständisches Unternehmen unter dem Namen Kabel Premium Pulp & Paper.
Insolvenz von Traditionsbetrieb: Hagener Papierhersteller nach 129 Jahren insolvent
Der Hagener Bürgermeister Erik O. Schulz sagte gegenüber der Westfalenpost zu der Insolvenz: „Wenn ein solcher Traditionsarbeitgeber vor dem Aus steht, ist dies ein Drama für die Stadt.“ Er hatte bei dem Betrieb bereits einen „kontinuierlichen Abbau“ beobachtet, jetzt sei der „Rückgang des Produktionsvolumens offenkundig nicht mehr aufzuhalten“ gewesen. Dabei hatte die Stadt dem Bericht nach noch versucht, zu helfen. So hatte man versucht, ein 9,2 Hektar großes KPPP-Grundstück an einen Investor zu verkaufen. Obwohl der Millionendeal quasi in trockenen Tüchern war, kam dem Abschluss nun der Insolvenzantrag in die Quere und verhindert den finalen Vollzug, heißt es weiter.

Insolvenz trifft Mitarbeiter von Traditionsbetrieb hart: „Geht ein Stück Geschichte kaputt“
Der Weg in die Insolvenz hatte sich nicht nur nach den Worten des Bürgermeisters bereits angebahnt. So hatte die Produktion wegen fehlender Aufträge de facto stillgestanden, schreibt das Lokalblatt. Die Mitarbeiter seien bereits in Kurzarbeit geschickt worden. Die 420 Angestellten der KPPP bangen jetzt im Insolvenz-Verfahren um ihre Jobs.
Der Betrieb ist durch seine Geschichte eng mit der Stadt Hagen und seinen Einwohnern verbunden. Ein Angestellter, dessen Vater und Schwiegervater schon bei der KPPP gearbeitet hatte, sagte der Westfalenpost: „Es geht ein Stück Geschichte kaputt“. Dabei drücken einige Mitarbeiter auch ihre Wut darüber aus, dass sie offenbar nicht von der Geschäftsführung über den Schritt in die Insolvenz informiert worden seien. „Da herrscht Totenstille“, wird der Mitarbeiter zitiert. Viele Mitarbeiter sind nach eigenen Angaben hochspezialisiert. Im Raum Hagen würden sie mit ihren Fachkenntnissen keinen neuen Job finden.
Dass auch große Betriebe nicht vor Insolvenzen gefeit sind, zeigt aktuell auch der Fall eines weltmarktführenden Autozulieferers. (rjs)