Wehrpflicht vor Comeback? Union und SPD bringen Lösung ins Spiel – Details aus dem Koalitionsvertrag
Ohne deutlich mehr Soldaten wird es nichts mit der Verteidigungsfähigkeit. Im Koalitionsvertrag gibt es nach hartem Ringen eine Einigung auf einen neuen Wehrdienst.
Berlin – Nach wochenlangen Debatten konnten sich Vertreter der CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag einigen. Zahlreiche Inhalte aus den Koalitionsgesprächen sind inzwischen bekannt. Nun gibt es auch neue Details zur Diskussion um die Wehrpflicht. Das Thema war in den vergangenen Monaten mit Blick auf die internationale Lage höchst emotional besprochen worden. Derweil werden auch erste Namen für Ministerposten nach den Koalitionsgesprächen gehandelt.
Wehrpflicht im Koalitionsvertrag: Union und SPD einigen sich auf Lösung
Wird die Wehrpflicht wieder eingeführt? Diese Frage hatte in den vergangenen Wochen immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt, weil die USA ihre Außenpolitik radikal ändern und es offen ist, ob die EU für eine mögliche Bedrohung aus Russland ausreichend gerüstet ist. Nun haben sich Union und SPD im Ergebnis des Koalitionsvertrags zur Wiedereinführung der Wehrpflicht positioniert.
In der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht hat sich die Spitze der bayerischen Grünen-Landtagsfraktion Ende März mit einem eigenen Vorschlag zu Wort gemeldet: Fraktionschefin Katharina Schulze und der innenpolitische Sprecher Florian Siekmann sprechen sich für einen verpflichtenden „Freiheitsdienst“ für alle aus. Alle Frauen und Männer sollen irgendwann zwischen 18 und 67 Jahren sechs Monate Dienst tun – entweder Wehrdienst, Dienst im Bevölkerungsschutz, bei Feuerwehr oder Hilfsorganisationen oder sechs Monate Gesellschaftsdienst. In der Folge war die Debatte mit unterschiedlichen Standpunkten geführt worden.
Wehrpflicht in Deutschland: Das steht im Koalitionsvertrag von Union und SPD
Laut den Inhalten des Koalitionsvertrags wollen Union und SPD ein neues und zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell einführen. Noch in diesem Jahr sollten dazu die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden, heißt es von den Spitzenvertretern. Die Parteien müssen dem Vertrag nun noch zustimmen, bevor er dann unterzeichnet und CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum Kanzler gewählt werden kann.
In der Verteidigungspolitik ist damit zwischen Union und SPD ein wesentlicher Streitpunkt entschärft, der nach den Verhandlungen in den Arbeitsgruppen verblieben war. „Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. Für die neue Ausgestaltung dieses Dienstes sind die Kriterien Attraktivität, Sinnhaftigkeit und Beitrag zur Aufwuchsfähigkeit leitend“, heißt es im Text.
Schwedisches Wehrpflichtmodell: Union und SPD einigen sich auf Inhalte im Koalitionsvertrag
„Wertschätzung durch anspruchsvollen Dienst, verbunden mit Qualifikationsmöglichkeiten, werden die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft steigern“, schreiben die Union und die SPD im Koalitionsvertrag zur Wehrpflicht. „Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell. Wir werden noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen.“
Meine News
Im Zusammenhang mit der Wehrpflicht hatten SPD-Unterhändler in früheren Runden auf Freiwilligkeit und eine breite gesamtgesellschaftliche Diskussion über einen neuen Wehrdienst gepocht. Die Union hatte dagegen gefordert, die Aussetzung der Wehrpflicht zu beenden – wegen der massiven Bedrohungslage und um einen raschen Ausbau der Bundeswehr zu ermöglichen. Nun scheint im Koalitionsvertrag eine Einigung zu geben.
Koalitionsvertrag nennt schwedisches Modell als Lösung für Wehrpflicht – Bundeswehr unter Zugzwang
Aktuell steht die Bundeswehr vor personellen Herausforderungen. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Soldaten trotz mehr Einstellungen erneut leicht gesunken. Zum Jahresende habe es rund 181.150 Soldatinnen und Soldaten gegeben, hatte das Verteidigungsministerium erklärt. Ein Jahr zuvor, am Stichtag 31. Dezember 2023, waren es noch rund 181.500 Männer und Frauen in Uniform gewesen. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, bescheinigte der Bundeswehr im März in ihrem Jahresbericht einen massiven Personalmangel und forderte entschlossene Schritte. Seit Jahren macht auch ein zunehmender Altersdurchschnitt Sorgen.
Im Juli 2011 war die Wehrpflicht unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Zuletzt hatte der nun geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ein Gesetz für ein Wehrdienstmodell auf den Weg gebracht. Das Vorhaben konnte allerdings nicht mehr umgesetzt werden. Nun hat sich die wohl künftige Regierung aus Union und SPD unter Friedrich Merz (CDU) die Wehrpflicht erneut als Thema angenommen. Wie konkret die Umsetzung aus den Inhalten des Koalitionsvertrags erfolgen soll, wird sich in den künftigen Wochen zeigen müssen. (fbu/dpa)