Als der König den „Kaiser“ watschte
Womöglich wäre aus Franz Beckenbauer nie die Lichtgestalt des deutschen Fußballs geworden, wenn er nicht in jungen Jahren dem Füssener Gerhard König begegnet wärre.
Füssen - Er prägte den deutschen Fußball wie kein anderer: Am vergangenen Sonntag verstarb Franz Beckenbauer nach langer Krankheit im Alter von 78 Jahren. Doch womöglich wäre aus dem Jungen aus Giesing nie der „Kaiser“ geworden, wenn er nicht 1958 bei einem Schülerspiel auf den heute in Füssen lebenden Gerhard König getroffen wäre.
„Franz Beckenbauers Tod tut mir unheimlich leid und ich bin traurig. Ich hätte ihm gerne noch ein paar Jahre gegönnt“, sagt Gerhard König im Gespräch mit unserer Zeitung. Königs Trauer kommt nicht von ungefähr: Den gebürtigen Oberammergauer und Beckenbauer verbindet eine ganz besondere Geschichte, ohne die aus Beckenbauer womöglich nie die Lichtgestalt des deutschen Fußballs geworden wäre. So aber wollte es das Schicksal, dass König und der spätere „Kaiser“ 1958 bei einem Schülerspiel aufeinandertrafen.
Beckenbauer spielte damals für den SC 1906 München, König für die „Löwen“ vom TSV 1860. Als Aushilfsverteidiger hatte König, der damals normalerweise bei den „Löwen“ das Tor hütete, die heikle Aufgabe, den talentierten Mittelstürmer Beckenbauer auf Schritt und Tritt auf dem Spielfeld zu verfolgen.
Eine Watschn für den späteren „Kaiser“
So „behakelte“ der heute 79-Jährige seinen Gegenspieler immer wieder derart hartnäckig, dass Beckenbauer sich schließlich bei König beschwerte. Daraufhin gab dann „ein Wort das andere“, wie der Füssener sich erinnert. „Da schaute ich schnell zum Schiri und als ich bemerkte, dass der woanders hinsah, habe ich dem Franz eine Watschn gegeben.“
Und die hatte Folgen: Eigentlich wollten Beckenbauer und vier oder fünf seiner Teamkameraden nach diesem Turnier zum TSV 1860 München wechseln. Doch nach diesem Vorfall entschied Beckenbauer sich um und ging am Ende zum FC Bayern. Wie die Geschichte dort weiterging, ist bekannt.
In der Landeshauptstadt machten Anekdoten über das Aufeinandertreffen von König und dem späteren „Kaiser“ in der Fußballszene schon jahrzehntelang die Runde, bevor sich König 2010 anlässlich Beckenbauers 65. Geburtstag erstmals öffentlich dazu äußerte und den Schleier um seine Person lüftete.
Geheimnis wird erst spät gelüftet
Meine news
Als jahrelanger Betreiber des Gasthauses „Adler“ am Füssener Brotmarkt hatte er sich das bis dato nicht getraut, weil er Angst davor hatte, dass wütende Löwenfans das Lokal abfackeln würden. „Vielleicht verdankt Franz seine große Karriere ja sogar mir“, meint König nachdenklich. „Bei 1860 wäre er sicher ein guter Fußballer, aber nie so gefördert worden wie beim FC Bayern.“ Denn eines sei unstrittig: „Was Beckenbauer für den deutschen Fußball, den FC Bayern und auch das gesamte Land geleistet hat, kann man gar nicht hoch genug wertschätzen.“
Auch nach jener schicksalsträchtigen Begegnung verlor König seinen einstigen Gegenspieler nicht aus den Augen, die beiden trafen sich sogar im Allgäu wieder. Zum 65. Geburtstag des „Kaisers“ war König ebenfalls eingeladen. „Ich habe sein Leben viele, viele Jahre mitverfolgt, nachdem er immer bekannter und schließlich berühmt geworden war. Auch als 60er habe ich zudem seinen besonderen Spielstil bewundert, mit dem er alles immer ganz lässig hat aussehen lassen“, schwärmt König.
„Er hat fast alles leicht genommen“
Dass es abseits des Spielfeldes für Beckenbauer nicht immer so unbeschwert lief, stört den Füssener nicht. „Ich nehme Beckenbauer schließlich auch von den Dingen, mit denen er abseits des Fußballplatzes für Aufsehen gesorgt hat, nichts übel. Er hat aber eben, so scheint´s, fast alles leicht genommen. So hat er wohl vor dem Tod auch keine große Angst gehabt, wie ich gehört habe.“