Hohe Anspannung, niedrige Erwartungen – die Streitpunkte beim EU-China-Gipfel
Ursula von der Leyen und António Costa treffen heute beim EU-China-Gipfel auf Xi Jinping in Peking. Die Gespräche dürften anstrengend werden.
Peking – Beim eintägigen EU-China-Gipfel in Peking stehen die Zeichen heute auf Konflikt. Es ist das erste derartige Treffen seit gut eineinhalb Jahren. Die Regierung von Chinas Staatschef Xi Jinping versucht es seit der US-Wahl bei den Europäern mit einer Charmeoffensive. Doch die weiterhin bestehenden Probleme reichen von Handelsfragen bis hin zum Ukraine-Krieg.
Warnungen vor EU-China-Gipfel – von der Leyen bleibt diplomatisch
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach im Vorfeld von einem „besonderen“ Besuch. Mit der Vertiefung der Wirtschaftsbeziehung habe auch die Unausgewogenheit zugenommen, sagte sie. Deutlicher wurden die Grünen. Parteichefin Franziska Brantner meinte zur AFP: „Wir können uns keine Naivität erlauben, denn China nutzt seine ökonomische Kraft gezielt zum eigenen Machtausbau.“
Wir können uns keine Naivität erlauben
„Peking fühlt sich gerade sehr stark“, sagte eine Expertin der Wirtschaftswoche. , weil das Regime Europa als zerstritten und sich an US-Präsident Donald Trump abarbeitend wahrnimmt. Und der China-Experte Reinhard Bütikofer erwartete im Interview mit der taz schlicht einen „Tiefpunkt-Gipfel“ für den heutigen Donnerstag (24. Juli).
Im Nacken sitzen beiden Seiten die drohenden Zölle von Donald Trump. Während für die EU am 1. August die Frist abläuft, hat China die Aussicht auf eine Verlängerung der laufenden Zollpause.
EU-China-Gipfel heute: Streitpunkt Ukraine-Krieg
Chinas Rolle im Ukraine-Krieg beschäftigt die EU schon länger. EU-Ratspräsident António Costa forderte in Peking, dass China seinen Einfluss auf Russland nutze, um dem Krieg ein Ende zu machen. Kurz vor dem Gipfel bestrafte Brüssel auch chinesische Firmen im 18. Sanktionspaket gegen Russland. Peking steht fest an Moskaus Seite. Nach Angaben von EU-Beamten liefern die Chinesen etwa 80 Prozent jener Güter, die Russland zivil oder militärisch nutzen kann.
Nach außen gibt sich die Volksrepublik im Ukraine-Konflikt neutral und betont, sich für Friedensverhandlungen mit Russland und eine politische Lösung einzusetzen. Costa und von der Leyen wollen laut EU-Beamten auf eine bedingungslose Feuerpause und eine Unterbrechung direkter oder indirekter Hilfe für Russland pochen.
EU-China-Gipfel heute: Streitpunkt seltene Erden
Anfang April löste China mit Exportkontrollen auf sieben seltene Erden und daraus gefertigte Magnete Besorgnis in der Welt aus. Peking spielte im damals heiß gelaufenen Zoll-Poker mit den USA eine starke Karte. In vielen deutschen Industriebetrieben ging die Furcht vor Produktionsstopps um, da die Metalle für Elektromotoren und Sensoren unabdingbar sind. China ist zudem mit Abstand Weltmarktführer für diese Rohstoffe.
EU-China-Gipfel heute: Streitpunkt Handelsbeziehungen
China und die EU sind füreinander die zweitwichtigsten Handelspartner. Das immense Defizit von mehr als 300 Milliarden Euro im vergangenen Jahr schmerzt Brüssel jedoch. Denn China exportiert sehr viel nach Europa, importiert jedoch nur wenig von dort.
Untersuchungen Pekings und Brüssels gegen Produkte der jeweils anderen Seite sowie die EU-Zölle auf chinesische Elektroautos und Chinas Aufschläge auf Weinbrand aus Europa belasten das Verhältnis zusätzlich. Laut EU-Beamten besteht nun jedoch ein wenig Hoffnung auf eine Lösung dieser Fragen.
Die EU will vor allem den unfairen Wettbewerb ansprechen. Europäische Firmen erhalten in China oft keinen Marktzugang oder verlieren Ausschreibungen gegen chinesische Firmen. Die EU setzt deshalb weiter auf mehr Unabhängigkeit von China.
EU-China-Gipfel heute: Fortschritte beim Thema Klima?
Es könnte die gute Nachricht des EU-China-Gipfels werden: Bis zuletzt verhandelten beide Seiten über eine gemeinsame Klimaschutz-Erklärung. Ein Besuch von EU-Gesandten in Peking in der vergangenen Woche trübte die Hoffnung jedoch. Berichten zufolge verlangt Brüssel mehr Zugeständnisse von Peking, den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. China verursacht weltweit am meisten Kohlenstoffdioxid, baut aber auch am meisten erneuerbare Energie aus. (frs mit dpa und AFP)