Kempten: Der Bewegte Donnerstag sucht nach präventiven Antworten auf Starkregenereignisse

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Mit gutem Beispiel vorangehen: 2008 begannen die Wagners aus Kempten ihr Garagendach zu begrünen. Heute sind die rund 40 Quadratmeter nicht nur Lebensraum für viele Insektenarten, sondern tragen auch zur Wasserrückhaltung bei. Der Freundeskreis Lebenswertes Kempten hat deshalb ihr Engagement im Rahmen des Wettbewerbs „Schwammintelligenz – Kempten wird klimafit“ beim Bewegten Donnerstag ausgezeichnet. © Andreas Wagner

Wie man mit städtebaulichen Maßnahmen nach dem Schwammstadt-Prinzip den zunehmenden Starkregenereignissen begegnen kann, war zuletzt Thema im Kempten-Museum. Die Überschwemmungen im vergangenen Sommer haben wieder deutlich vor Augen geführt, dass der Klimawandel auch hier im Allgäu angekommen ist.

Kempten – Durch den Abend führte Franz G. Schröck vom Architekturforum Allgäu. Er erinnerte daran, dass der Klimawandel auch in Kempten immer häufiger zu Trockenperioden und Starkregenereignissen führen wird. Letztere seien laut Deutschem Wetterdienst durch Niederschlagsmengen von mehr als 40 Litern pro Quadratmeter und Stunde gekennzeichnet.

Bewegter Donnerstag in Kempten: So funktioniert das Prinzip der Schwammstadt

Prof. Dr. Markus Keck, Lehrstuhlinhaber für Urbane Klimaresilienz an der Universität Augsburg, erläuterte das Prinzip der Schwammstadt. 70 Prozent aller Städte in Deutschland seien zu 50 bis 70 Prozent versiegelt: „Kempten ist mit 51 Prozent noch am unteren Rand.“ Auf diesen Flächen fließe Regenwasser sehr schnell ab, was dazu führt, dass die Kanalisation bei großen Wassermengen an ihre Grenzen stößt. Die Folge sind Überschwemmungen.

Eine Schwammstadt hält Regenwasser in Grün- und Retentionsflächen zurück und nutzt es zur Kühlung und Bewässerung. „Mit Schwammstädten können wir Hochwasserschutz betreiben“, fasste Keck zusammen, aber auch alte und chronisch kranke Menschen, die verstärkt unter den Hitzewellen leiden, würden davon profitieren.

Florian Eggert, Leiter des Stadtplanungsamtes Kempten, berichtete über aktuelle Projekte zur Klimawandelanpassung. Er verwies auf die Starkregengefahrenkarte (abrufbar unter www.kempten.de/starkregenkarte-22273.html), die kritische Zonen im Stadtgebiet ausweist und bei jeder Änderung im Flächennutzungsplan berücksichtigt wird. Außerdem nannte er Dachbegrünung, Retentionsbecken und Staudenbeete in der Parkstadt Engelhalde oder im Baugebiet Halde Nord. Diese leisteten einen Beitrag zur Wasserrückhaltung und Kühlung.

Eggert: Jeder ist gefragt

Eggert betonte, dass Klimawandelanpassung im urbanen Raum eine Gemeinschaftsaufgabe sei und appellierte an Grundstückseigentümer, ebenfalls Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung zu ergreifen. Er räumte aber auch ein, dass Mieter in Wohnsiedlungen wenig Einflussmöglichkeiten hätten. Auch der Hochwasserschutz am Kollerbach stehe vorrangig im Fokus, die durchgeführten Maßnahmen am Bachtelbach hätten gezeigt, dass sich der Einsatz langfristig lohne.

Angela Isop, Referentin für Nachhaltigkeit in der Jugendbildungsstätte des Deutschen Alpenvereins in Hindelang und Gründungsmitglied des Freundeskreises Lebenswertes Kempten, sprach über die Bedeutung von Bürgerengagement. Sie berichtete von eigenen Erfahrungen mit der Entsiegelung und Begrünung ihres Grundstücks in Kempten-Ost und ermutigte die Anwesenden, selbst aktiv zu werden.

Oft verhindere der Parkplatzbedarf die Entsiegelung. Der von ihr angelegte offene Schotterrasen sei aber ein guter Kompromiss und bereite auch im Winter keinerlei Probleme. Mit Verweis auf die Stellplatzsatzung sagte sie, dass sich auch mit Verordnungen das Stadtbild beeinflussen lasse.

Unterstützung durch die Kommune: Möglichkeiten und Herausforderungen

Schröck bemerkte dazu, dass die öffentliche Hand auch unterstützend tätig sein könne: Wenn Bürgerinnen und Bürger in Zürich ihr privates Grundstück entsiegeln wollen, wird anfallender Bauschutt kostenlos von der Stadt abgeholt und entsorgt. „Gibt es solche Überlegungen auch für Kempten“, fragte er an Eggert gerichtet.

Tatsächlich habe es solche Erwägungen gegeben, aber mit Verweis auf die Haushaltslage erklärte er, dass dies nicht umsetzbar sei. Dieter Schade, ehemaliger Baudirektor des Wasserwirtschaftsamtes Kempten, entgegnete aus dem Publikum, dass es sich um Sachleistungen handele, die keine Gelder erfordern. Zudem regte er an, könne die Stadt Eigentümer mit versiegelten Flächen gezielt anschreiben, da diese bereits erfasst seien.

Heiße Diskussion über fehlende Schatten spendende Bäume am Hildegardplatz

Heiß diskutiert wurden auch die fehlenden Schatten spendenden Bäume am Hildegardplatz. Eggert wandte ein, dass es 2011 für die Umgestaltung eine Bürgerbeteiligung gegeben habe. Zudem schränkten Stromleitungen und Telefonkabel die Standortauswahl ein, auch Wassermangel und Streusalz machten den Bäumen zu schaffen. Keck hielt dem entgegen, das man die ursprünglichen Baumstandorte nutzen könne, eine andere Zuhörerin verwies auf klimaresiliente Baumarten.

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