Drei Prozent Umsatz nur für Bürokratie: Baubranche ächzt unter deutschen Vorschriften

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Die Bauwirtschaft wird von langen Genehmigungsverfahren und endlosen Bauvorschriften gebremst. Länder müssen nach Meinung von Experten dringend handeln, sonst drohen stetige Mietpreiserhöhungen.

München – Eine Prognose des ifo-Instituts zeichnet ein düsteres Bild für den Wohnungsmarkt in Deutschland. Demnach ließen sich im Jahr 2026 nur 175.000 Wohnungen neu bauen. Die Misere resultiert aus den einfach nicht gegebene Rahmenbedingung in der Baubranche, um in der Lage zu sein, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. 

Das Zinsgeschehen, die inflationsbedingten Baukosten, aber auch der Personalmangel bremsen die Baulust im Land erheblich aus. Doch über nichts stolpern Bauherrn mehr als über die immer länger werdenden Bauvorschriften. Und obwohl der Bürokratieabbau lauthals propagiert wird, geschah, wie die Branche bemängelt, bisher relativ wenig. 

Betriebe am Limit: Zu wenig Ressourcen für zu viele Vorschriften in der Baubranche

Besonders kleine und mittlere Betriebe leiden immens unter der bürokratischen Bürde. „Die Bürokratie würgt uns ab! Das Handwerk kämpft seit Jahren für weniger Bürokratie, doch es kommt immer noch mehr hinzu“, schimpfte Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). 

Bereits im Entwurfsstadium sollten daher neue Gesetze auf verursachende Kosten und Praxistauglichkeit geprüft werden, fordert der Nationale Normenkontrollrat (NKR): „Es gibt Studien, die zeigen, dass für den Bürokratieaufwand durchschnittlich bis zu drei Prozent des Umsatzes der Unternehmen draufgeht. Bei kleineren Betrieben ist der Aufwand sogar deutlich größer“, sagte David Braun, Pressesprecher des Nationalen Normenkontrollrates gegenüber dem MDR.

Komplizierte Vorschriften verlängern Bauzeit und Baukosten: Länder müssen handeln

Zwar würden viele Normen von Brüssel auferlegt, jedoch schnüre Deutschland diese im Nachhinein oft noch enger. Es gelten mittlerweile 3.900 Anforderungen für das Bauwesen hierzulande: Schallschutz-Vorgaben, erforderliche Parkplätze, Treppenhöhe, Dachschräge – viele dieser Vorschriften, kritisieren Verbände, seien unnötig und sinnlos. Allein Bauzeit und Baukosten würden sich dadurch erhöhen. Zudem stünden zahlreiche Normen in Konflikt miteinander.

Baustelle am Elbtower
Bauen ist zu teuer und mit zu hohem bürokratischen Aufwand verbunden. © Thomas Müller/dpa

In Niedersachsen habe man das Problem bereits vorbildlich angepackt. Bauminister Olaf Lies (SPD) reformierte die Bauordnung des Bundeslandes, indem hemmende Regelungen gestrichen wurden. Mit der Gesetzesentwurf könnten Vorschriften wie der Einbau eines Aufzugs bei bestimmten Umbauten oder verpflichtende Parkplätze bei Neubauten wegfallen. Weiterhin wurde eine Frist der Bearbeitungszeit von Anträgen für Ämter festgesetzt. Verstreicht diese, ohne dass das Bauamt reagiert, so wird dem Antrag stattgegeben.

Baumaterial wird knapp und teuer: Vorschriften verschärfen Kostenaufwand

Bauen unter 17 Euro pro Quadratmeter sei einfach nicht mehr möglich, da die Standards fürs Bauen mittlerweile immer höher werden, wie Bauunternehmer Dirk Salewski gegenüber der Tagesschau weiter kritisierte. Vorgaben zur Wanddicke und Wandfläche verdoppeln den Bedarf an Baumaterial und damit auch die Kosten.

Neben der hohen Nachfrage nach Wohnraum und einer Verknappung an Baumaterial bestimmen besonders auch die hohen energetischen Anforderungen den Kostenaufwand für Bauvorhaben. Diese lägen weit über dem Wert, die durchschnittliche Bestandsgebäude an Energieeffizienz aufweisen, wie es in der Wirtschaftswoche hieß.

Mietpreisexplosion: Staatliche Regulierung von Bürgern erwünscht

Auf Bundesebene hat man die Dringlichkeit der Lage offenbar schon erkannt. Durch das Gebäudetyp-E-Gesetz soll der neue Gebäudetyp E bis zu zehn Prozent der Baukosten. Und wieder muss hier vor allem das Bauvertragsrecht vereinfacht werden, die Wohnsicherheit soll dadurch aber unberührt bleiben. „Es geht bei unserem Gesetz um die Reduzierung verzichtbarer Komfortstandards“, kommentierte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) das Vorhaben.

Sollten weitere staatliche Initiativen ausbleiben, um die Baubranche wiederzubeleben, könnte dies die politische Stimmung im Land weiter aufheizen. Einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge, wünschten sich die Hälfte der befragten Bundesbürger sogar mehr staatliche Eingriffe zur Mietregulierung durch, beispielsweise eine gesetzliche Begrenzung von Mieterhöhungen oder das Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen.

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