Deutsche Wirtschaft im Krisenmodus: Vier Gründe, warum sich daran vorerst nichts ändert

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Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal leicht geschrumpft (Archivfoto) © Sven Hoppe/dpa

Die Ampel-Koalition hofft mit ihrer Wachstumsinitiative auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch eine Analyse des Instituts für deutsche Wirtschaft nennt vier Gründe dagegen.

Köln - Die deutsche Wirtschaft ist weiter geschrumpft. Die neuesten Quartalszahlen bestätigen den Krisenmodus. Immer mehr Investitionen werden im Ausland, statt in Deutschland getätigt. Auch die Pandemie und der Krieg in der Ukraine hinterlassen ein Finanzloch von 545 Milliarden Euro, so die Ergebnisse einer Studie. Sinkende Nachfrage und Konsumausgaben verstärken das Problem. Die Ampel-Koalition plant, die Krise mit ihrer Wachstumsinitiative bis zur nächsten Parlamentswahl zu bändigen. Für das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist jedoch kein kurzfristiges Ende in Sicht und nennt vier klare Gründe dagegen.

Vier Gründe, die gegen eine baldige Steigung der deutschen Wirtschaft sprechen

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Deutschland sank im zweiten Quartal um 0,1 Prozent zum Vorquartal. Auch im Vergleich zum Vorjahr schrumpfte die Wirtschaft um den gleichen Wert. Diese Zahlen wurden am Dienstag vom Statistischen Bundesamt nach Bereinigung der Preise und Kalender veröffentlicht. Vergleicht man diese Zahlen mit den Quartalszahlen anderer Länder in Europa zum Vorjahr, ist das BIP nur in Irland und Lettland ebenfalls gesunken. In allen anderen Ländern stieg es teilweise stark. Frankreich verzeichnete eine Steigerung von 1,1 Prozent zum Vorjahr, in Spanien waren es sogar 2,9 Prozent.

Dass die deutsche Wirtschaft mehr als einen halben Prozentpunkt im Quartal gestiegen ist, das liegt bereits knapp zwei Jahre zurück. Auch künftig sieht das Institut für deutsche Wirtschaft (IW) keine Veränderung bevor. Eine Analyse des IW geht davon aus, dass Deutschland erstmal in der Krise bleiben wird und nennt dafür vier Gründe:

  1. Immer mehr Unternehmen investieren im Ausland. Hohe Kosten für Energie, Arbeit und Kapital machen Investitionen in Deutschland unsicher.
  2. Die Deutschen sparen und geben kaum Geld aus; die Ausgaben der Haushalte liegen über zwei Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
  3. Die Nachfrage bei deutschen Firmen sinkt. Inlandsaufträge sind auf einem Tiefstand, und auch die Auslandsaufträge sind stark zurückgegangen.
  4. Seit 2022 sind die Exportzahlen in Deutschland nicht mehr gestiegen, was auf geopolitische Auseinandersetzungen und die Deglobalisierung zurückzuführen ist.

Teuer, marode und lähmend: IW sieht Ampel-Wachstumsinitiative skeptisch

Das Institut für deutsche Wirtschaft sieht keine kurzfristige Besserung der vier Faktoren voraus. „Der Standort ist zu teuer, die Infrastruktur marode und die Bürokratie lähmend“, lautet das Urteil im Bericht. Nach eigenen und externen Berechnungen beträgt der Investitionsbedarf für die nächsten zehn Jahre 600 Milliarden Euro.

Mit der Wachstumsinitiative will die Regierung die Wirtschaft ankurbeln. Bei einer Pressekonferenz vor der Sommerpause äußerte sich Kanzler Olaf Scholz optimistisch, dass die Reformen positive Resonanz bei der deutschen Wirtschaft und den Gewerkschaften gefunden hätten. Das IW hingegen zeigt sich skeptisch gegenüber der Initiative. Die Uneinigkeit innerhalb der Ampel-Koalition könnte darüber hinaus Unternehmen dazu veranlassen, ins Ausland abzuwandern.

In den letzten vier Jahren belaufen sich die Investitionsausfälle auf 155 Milliarden Euro. IW-Ökonom Michael Grömling warnt: „Die mangelnden Investitionen reduzieren langfristig unsere Fähigkeit, Herausforderungen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel oder Klimawandel zu bewältigen.“

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