Fasching vor 60 Jahren: „Das war eine besondere Zeit“ – Heuer wird der legendäre Sportlerball reanimiert

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Gleich geht‘s los: Zur Faschingszeit fand in Egling früher immer wieder ein Umzug der Narren statt, organisiert von den örtlichen Vereinen. © kof

Das Ehepaar Leitner blickt zurück auf zahlreiche Faschings-Veranstaltungen in Egling. Heuer kommt der legendäre Sportlerball nach langer Pause zurück.

Egling – Diverse Haus- und Faschingsbälle, Kaffekranzl, Umzüge durch den Ort, Bettelhochzeiten: Regelmäßig verwandelte sich die heutige Großgemeinde Egling in eine wahre Faschingshochburg. Bei den Veranstaltungen kam stets das ganze Dorf zusammen. Doch im Laufe der Zeit ging ein Großteil davon verloren. Eine Spurensuche.

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Martina und Michael Leitner sitzen zusammen am Tisch und blättern alte Fotoalben durch. „Mei Michi, das war lustig, weißt das noch?“, ruft die 78-Jährige laut auf und zeigt auf ein Bild. Ihr Gatte grinst und nickt. Die beiden zählen sozusagen zu den Eglinger Fasching-Urgesteinen. Martina Leitner war 1965 Faschingsprinzessin, ihr Mann engagierte sich viele Jahre als Vorsitzender im „Club der Verheirateten“, der im Fasching zahlreiche Veranstaltungen auf die Beine stellte. „Früher war zum Fasching hier immer richtig was los, das war eine besondere Zeit“, schwärmt die Eglingerin.

 Das Ehepaar Michael und Martina Leitner blättert in alten Fotoalben.
Schwelgen in Erinnerungen: Das Ehepaar Michael und Martina Leitner blättert in alten Fotoalben. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Es wurde geratscht, getanzt, gegessen und wieder getanzt

Nicht selten feierten um die 100 Leute etwa in den damaligen Wirtshäusern. Organisiert wurden die Bälle von den Wirten oder von Vereinen. Der Club der Verheirateten etwa richtete immer einen Ball in der Sebaldusklause aus. „Das war unser Stammlokal, hat sich deshalb angeboten“, erklärt der gebürtige Münchner. Eine Musi aus dem Ort spielte zum Tanz auf. „Man saß mit Freunden am Tisch, es wurde geratscht, getanzt, zwischendurch gegessen, dann wieder getanzt“, blickt seine Gattin zurück.

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Als ein ganz besonderer Moment ist der gelernten Friseurmeisterin ihr Auftritt als Eglinger Faschingsprinzessin 1965 in Erinnerung geblieben. In die Wege geleitet hatte das der damalige Oberhauser-Wirt. „Er fragte einen Burschen aus dem Ort, ob er nicht Faschingsprinz machen würde.“ Der wiederum erwählte die damals 18-Jährige zu seiner Prinzessin.

„Ich selbst habe immer so gerne getanzt. Und ich wusste, der Prinz kann das ziemlich gut. Da musste ich nicht lange überlegen“, verrät sie mit einem Augenzwinkern. Ausgestattet mit einem Krönchen, hielt sie auf der Bühne im Saal des Gasthauses eine Ansprache und überreichte dem damaligen Bürgemeister Balthasar Thalhammer einen Ordner. „Für mich war das eine große Ehre.“

Fasching Egling früher
Royaler Auftritt im Gasthaus Oberhauser: 1965 schlüpfte Martina Leitner (li.) in die Rolle der Eglinger Faschingsprinzessin. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Damit solche Ereignisse gelingen konnte, halfen alle Vereine stets zusammen. Gerade der Faschingsumzug war eine solche Gemeinschaftsaktion. „Zuerst zog man mit Wagen durch den Ort, hinterher kehrte man im Wirtshaus ein – und feierte bis in den nächsten Tag hinein“, erzählt der 83-Jährige. Ein Lächeln umspielt seine Lippen.

Kaffekranzl in Neufahrn bis heute beliebt

Doch Zeiten ändern sich. „Irgendwann sind diese Veranstaltungen immer weniger geworden“, sagt die 78-Jährige bedauernd. „Früher war Egling kleiner, irgendwie familiärer.“ Zum Fasching kam automatisch das ganze Dorf zusammen.

Doch im Laufe der Jahre wurden die Leute mobiler, ihr Freizeit-Radius erweiterte sich. Musikanten wurden immer teurer. „Genauso brachen mehr und mehr Organisatoren weg“, ergänzt ihr Mann. „Da kam zu wenig nach.“ Der Club der Verheirateten löste sich 2011 auf. „Bis auf Bettelhochzeiten war zuletzt zum Fasching bei uns nicht mehr viel los.“

Tot ist der Fasching in der Großgemeinde allerdings nicht. In Neufahrn etwa existiert bis heute das traditionelle Kaffekranzl. Der Trachtenverein Veiglbergler organisiert die Veranstaltung, die ausschließlich für Frauen ist. Zum Kranzl im Januar kamen gut 100 Damen – allesamt im Dirndl – ins Vereinsheim, um zusammen zu feiern, erzählt Vorsitzender Sepp Müller. „Die Jüngste war 16 Jahre alt, die älteste über 80.“ Bewirtet wurden die Frauen von männlichen Wirten, verkleidet als Damen.

Fasching früher in Egling.
Hoch das Bein: Beim Faschingsball im Saal des Gasthofs Oberhauser präsentierte die Eglinger Garde ihr Können. © Sabine Hermsdorf-Hiss

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Sportlerball nach 30 Jahren Pause wiederbelebt

„Unser Vorteil ist, dass wir als Lokalität unser Vereinsheim haben“, so Müller. Müsste man extra einen Wirt samt Saal anmieten, ginge das „gut ins Geld“. Auch den Dorffasching belebten die Trachtler vor ein paar Jahren wieder. Heuer fällt er wegen der Bettelhochzeit aus. Die Nachfrage? Groß. „Das Vereinsheim war gut gefüllt“, verrät Müller stolz.

Im Ortsteil Thanning wurde 2024 – nach fast 30 Jahren Pause – der legendäre Sportlerball vom EC Thanning reanimiert. „Früher war das eine gesetzte Veranstaltung im damaligen Gasthaus Neuhauser“, berichtet Georg Meyr, stellvertretender EC-Vorsitzender auf Nachfrage unserer Zeitung. Als das Wirtshaus neu verpachtet wurde, fiel der Veranstaltungsort weg.

Seit 2018 existiere im Ort mit dem neuen Vereinsheim wieder eine Lokalität. Meyr: „Für uns war klar, dass wir den Ball zurückbringen möchten.“ Mit Erfolg. „Es war wie früher, Alte und Junge haben zusammen gefeiert.“ Meyr ist sich sehr sicher: Aus Thanning werde diese neu belebte Tradition so schnell nicht wieder verschwinden.

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