Trump-Bluff oder Israel-Angriff? Für den US-Abzug gibt es zwei mögliche Gründe

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Der Abzug von US-Personal aus dem Nahen Osten wird von vielen als ein Zeichen dafür gewertet, dass Israel in den kommenden Tagen einen Großangriff auf die tief eingegrabenen und zusätzlich verbunkerten Anlagen zur Anreicherung von Uran in den iranischen Orten Natanz und Fordo plant. 

Einem Bericht der New York Times zufolge, soll der Nachrichtendienst CIA entsprechende Vorbereitungen auf israelischer Seite beobachtet haben. Angeblich sei laut israelischen MIlitärs die Zeit günstig, weil die Angriffe, die Israel Ende Oktober 2024 gegen den Iran durchgeführt hatte, zu einer Schwächung der dortigen Luftabwehr geführt hätten.

Israel plant Angriff auf iranische Atomzentren - zwei Gründe hielten sie bislang davon ab

Bekannt ist, dass Israel schon länger Angriffe auf die wichtigsten Zentren des iranischen Kernwaffenprogramms plant. Bislang wurden diese Pläne aus zwei Gründen zurückgestellt. 

Zum einen würde es sich dabei um eine komplexe und riskante Operation handeln, bei der Kampfflugzeuge und Tankflugzeuge im arabischen Raum über Syrien und den Irak manövrieren und zudem die iranische Luftabwehr überwinden müssten. 

Der zweite Grund bestand darin, dass Israel zwar über bunkerbrechende Bomben der Typen BLU-109/B, GBU-28/B und GBU-31 JDAM verfügt, diese jedoch voraussichtlich nicht die nötige Durchschlagskraft hätten, um die tief verbunkerten Anlagen wirklich zerstören zu können. 

Über Joachim Krause

Prof. Dr. Joachim Krause war bis 2016 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kiel und ist Direktor emeritus des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Er hat die Zeitschrift für strategische Analysen „Sirius“ gegründet und war dessen Chefredakteur. Er war früher stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und Leiter des Forschungssekretariats der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er hat über 40 Bücher verfasst oder herausgegeben und über 300 wissenschaftliche Aufsätze verfasst. Neben seiner akademischen Laufbahn hat er an internationalen diplomatischen Missionen teilgenommen und auch an den Universitäten Potsdam, Bonn, München, Bamberg und an der Johns Hopkins Universität (Bologna) unterrichtet.

Einzig US-Bombe kann iranische Bunkeranlage durchdringen

Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass nur der GBU-5 Massive Ordnance Penetrator in der Lage wäre, diese Anlagen vollständig zu zerstören. Dabei handelt es sich um eine 13,6 Tonnen schwere Bombe, die bis zu 60 Meter Beton durchbrechen kann. 

Allerdings besitzen nur die USA diese Waffe und aufgrund ihres hohen Gewichtes können sie nur von strategischen Bombern der US-Air Force transportiert und eingesetzt werden. Sowohl die Biden-Administration wie die derzeitige Trump-Administration waren und sind nicht bereit, diese Waffen (und entsprechende Trägersysteme) an Israel zu liefern.

Luftabwehr von Syrien und Irak ist für Israel kein Hindernis mehr

Angesichts der militärischen Schwäche Syriens, dessen Luftabwehr von Israel in den ersten Monaten dieses Jahres komplett ausgeschaltet worden ist, dürfte der erstgenannte Grund für die Zurückhaltung nicht mehr Gültigkeit haben. 

Auch die Luftabwehr des Irak stellt kein unüberwindbares Hindernis dar. Und die Luftabwehr des Iran hat sich im Oktober vergangenen Jahres als lückenhaft erwiesen. Nur was den zweiten Grund betrifft, so hat sich nichts geändert.

Israel verfügt weiterhin nur über bunkerbrechende Waffen, die zwar Schaden anrichten werden, aber diese werden die Anreicherungsanlagen nicht nachhaltig zerstören können.

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Haben die Israelis verwundbaren Punkt in Irans Atombunker entdeckt?

Was folgt daraus? Entweder haben die Israelis Verwundbarkeiten in den Schutzmaßnahmen für die Anlagen in Natanz, Fordo oder anderswo entdeckt, die es den Streitkräften erlauben würden, das iranische Nuklearwaffenprogramm (insbesondere die Anreicherung von Iran) doch um sehr viele Jahre zurückzuwerfen.

US-Abzug könnte auch Trump-Bluff sein

Oder: das Ganze war nur ein Schachzug von Trump, um die Iraner zu Zugeständnissen bei den derzeit laufenden bilateralen Verhandlungen über die Beendigung des iranischen Urananreicherungsprogramm zu bewegen. 

Immerhin führt Trumps persönlicher Beauftragter Steven Witkoff seit mehreren Monaten Verhandlungen mit der Regierung des Irans über die Beendigung eines Anreicherungsprogramm für Uran 235, welches trotz anderslautender Aussagen der Iran eindeutig als Kernelement eines Kernwaffenprogramms angesehen werden muss. 

Diese Verhandlungen sind derzeit an einem Stillstand angelangt. Wie hieß das Buch von Trump noch mal? The Art of the Deal.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.