DB Cargo-Chefin sieht nach hartem Sparkurs Licht: 2026 kommt „schwarze Null“
Sigrid Nikutta, seit 2020 Chefin der Güterbahn DB Cargo, muss die Konzernsparte aus einem dreistelligen Defizit führen - eine Auflage der EU. Sie sieht Licht am Ende des Tunnels. 2026 könnte eine schwarze Null stehen. Ein Interview über Verluste und Stellenstreichungen.
Frau Nikutta, DB Cargo will 5000 der rund 30 000 Stellen bis 2029 abbauen, Das klingt dramatisch, noch dazu, weil so die Verkehrswende nicht gerade gefördert wird.
Mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, ist enorm wichtig. DB Cargo ist immer noch der größte Anbieter in Deutschland, ja sogar in Europa. Aber DB Cargo muss profitabel sein. Es ist höchste Eisenbahn, dies bis 2026 sicherzustellen. Das ist die Vorgabe, die uns im EU-Beihilfeverfahren gemacht wurde. Der Zeitraum ist sehr kurz, die Aufgabe anspruchsvoll. Und die Hebel zur Herstellung der Profitabilität sind natürlich Kostensenkungen, dazu gehören auch die Personalkosten.
Wo stehen Sie jetzt beim Personalabbau?
Wir sind in sehr kurzer Zeit die Hälfte dieses Weges gegangen. Und zwar sehr sozialverträglich, das ist uns bei der Deutschen Bahn sehr wichtig. So gut wie allen Mitarbeitenden konnte ein anderer Arbeitsplatz angeboten werden.
DB Cargo hat einen Marktanteil von circa 45 Prozent am Schienengüterverkehr. Werden Sie diese Position halten können?
Wir werden immer der Größte sein. Marktanteil an sich ist aber kein Ziel, Profitabilität ist das Ziel. Es ist aber wichtig, dass endlich der Modal-Split-Anteil sind endlich in Richtung Schiene bewegt. Zurzeit werden 75 Prozent der Güter per Lkw bewegt, nur 19 Prozent auf der Schiene.
Ziel sind 25 Prozent bis 2030.
Das stand im Koalitionsvertrag der Ampel, ja.
Gesund schrumpfen oder tot sparen?
Werden Sie sich gesund schrumpfen oder tot sparen?
Wir sanieren uns gesund. Und dann werden wir auch wieder wachsen.
Profitabilität first, Verkehrswende second – wie geht es Ihnen damit?
Wir sind die letzte Generation, die an der Erderwärmung etwas ändern kann. Aber ich bin nicht naiv. Jedes Unternehmen muss wirtschaftlich sein. Dennoch wünsche ich mir manchmal schon, dass auch für die Bahn stärker die gesamtgesellschaftliche Bedeutung gesehen wird – Stichwort Daseinsvorsorge.
2024 hatte DB Cargo ein Defizit von 357 Millionen Euro. Wo stehen Sie heute?
2025 gehen wir davon aus, dass das Defizit zweistellig negativ sein wird. Für 2026 streben wir eine schwarze Null an. Das ist ein harter Weg, er erklärt auch die Konsequenz mit der wir sanieren. Aber es ist machbar. Die einzige Unsicherheit ist der Einzelwagenverkehr.
Warum?
Der Einzelwagenverkehr war schon in den vergangenen Jahren der größte Verlustbringer. Er hat aber eine hohe umweltpolitische Bedeutung, er ersetzt 40 000 Lkw täglich. Aber ist Stand heute immer noch nicht wirtschaftlich. Das liegt an Anlagenkosten, Trassenkosten, hohem Personaleinsatz – und nicht ausreichender Förderung. Wir müssen jetzt untersuchen, wie wir da vorankommen.
Was heißt das konkret?
Das untersuchen derzeit Experten aus unserem Haus und zwei auf das Thema spezialisierte Unternehmensberatungen, Oliver Wyman und SCI – letztere haben sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der DB Cargo gewünscht. Im August/September erwarten wir das Ergebnis. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir den Einzelwagenverkehr komplett einstellen. Aber wir können uns auch auf Dauer keine Verlustbringer leisten.
Deutschland rüstet auf. Wird das Militär für Sie ein aufstrebender Wirtschaftszweig sein?
Eisenbahn und Militär sind historisch eng miteinander verbunden. DB Cargo arbeitet eng mit der Bundeswehr und den Armeen anderer Nato-Staaten zusammen. Militärisch wichtige Strecken müssen ausgebaut werden, wir brauchen zum Beispiel mehr elektrifizierte Grenzübergänge nach Polen, derzeit sind es gerade einmal drei. Aber ich gehe nicht davon, dass Militärverkehre so eine Dimension einnehmen werden, dass wir hier von einem eigenen Wirtschaftszweig sprechen können.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD wird der Umbau des gesamten DB-Konzerns angekündigt. Machen Sie sich Sorge um Ihren Job?
Nein.